Wer in die eigene Tasche wirtschaftet, kann gekündigt werden

11.07.2013

Leitsatz

Arbeitnehmer, die ihrem eigenen Arbeitgeber unerlaubt Konkurrenz machen, können fristlos gekündigt werden (LAG Hessen, Urteil vom 28.01.2013 - 16 Sa 593/12).

Sachverhalt

Der klagende Rohrleitungsmonteur war bei einem Unternehmen, welche Abflussrohrsanierungen durchführt, beschäftigt. Nachdem er im Auftrag seines Arbeitgebers die Abflussrohre in Küche und Keller eines Kunden mittels Spezialkamera untersucht hatte, wies er den Kunden darauf hin, dass zur Behebung des Schadens die Verlegung neuer Abflussrohre erforderlich sei. Einige Tage später führte er diese Arbeiten selbst durch und verlangte von dem Kunden hierfür eine Barzahlung in Höhe von € 900,00. Eine Rechnung stellte der Monteur nicht aus. Das Geld behielt er für sich, ohne seinen Arbeitgeber hierüber zu informieren. Als der Arbeitgeber vier Jahre nach dem Vorfall anlässlich eines weiteren Servicetermins bei demselben Kunden zufällig von dem Vorfall erfuhr, kündigte er das Arbeitsverhältnis zu dem Rohrleitungsmonteur außerordentlich fristlos.

Entscheidung

Nachdem die Kündigungsschutzklage in der ersten Instanz vor dem Arbeitsgericht Wiesbaden Erfolg hatte, wies das Hessische Landesarbeitsgericht diese in 2. Instanz ab. Das Landesarbeitsgericht bewertete die Tätigkeit des Klägers (wenig überraschend) als Konkurrenztätigkeit gegenüber dem Arbeitgeber. Einem Arbeitnehmer sei es aber verwehrt, Dienste und Leistungen selbst anzubieten, die unmittelbar mit dem Angebot des Arbeitgebers konkurrieren. Der Marktbereich des Arbeitgebers solle diesem vielmehr uneingeschränkt und ohne die Gefahr nachteiliger Beeinflussung durch die eigenen Arbeitnehmer offenstehen. Durch die zum eigenen Vorteil erfolgende Erbringung konkurrierender Dienstleistungen habe der Kläger seine arbeitsvertraglichen Pflichten daher massiv verletzt. Dem Arbeitgeber sei eine weitere Fortführung des Arbeitsverhältnisses aus diesem Grund unzumutbar, weshalb der Ausspruch der außerordentlichen Kündigung eine angemessene Reaktion darstelle.

Anmerkung

Die bislang nur als Pressemitteilung veröffentlichte Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts ist zu begrüßen. In der Sache überrascht es nicht, dass das Landesarbeitsgericht das Verhalten des Klägers als wichtigen Grund angesehen hat, der eine außerordentliche Kündigung begründen kann. Der klagende Arbeitnehmer hatte schließlich seinem Arbeitgeber unmittelbar eine Geschäftschance entzogen, um diese für sich selbst – und zudem auch noch „schwarz“ – auszunutzen. Überraschend ist vielmehr, dass das Arbeitsgericht Wiesbaden in seinem – leider nicht veröffentlichten – erstinstanzlichen Urteil der Kündigungsschutzklage stattgegeben hatte. Neben dieser abweichenden Würdigung in den Instanzen weist der Fall die weitere Besonderheit auf, dass der Arbeitgeber erst vier Jahre nach dem Vorfall von diesem Kenntnis erlangt hatte. Eine außerordentliche Kündigung ist innerhalb von 2 Wochen auszusprechen, nachdem die zur Kündigung berechtigte Person von dem kündigungsrelevanten Sachverhalt Kenntnis erlangt hat. Bleibt ein derartiger Pflichtverstoß für lange Zeit vom Arbeitgeber unentdeckt, kann – wie in vorliegendem Fall – eine außerordentliche Kündigung ggf. auch Jahre später noch ausgesprochen werden. Dabei dürfte allerdings im Rahmen der Abwägung, ob dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnis noch zumutbar ist, einzelfallabhängig der eingetretene Zeitablauf zu Gunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen sein.

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