10 Jahre Bundes-Bodenschutzgesetz

01.04.2010

[] Am 1. März 1999 ist das Bundes-Bodenschutzgesetz in Kraft getreten. Zweck dieses Gesetzes ist der Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und die Sanierung von Altlasten. 10 Jahre nach dem Inkrafttreten ist es an der Zeit, eine Zwischenbilanz zu ziehen und einige Rechtsfragen zu betrachten. Insbesondere soll hierbei die Normierung der Sanierungsverantwortlichkeiten durch § 4 BBodSchG im Blickpunkt stehen.

Sanierungsverantwortlichkeit des Gesamtrechtsnachfolgers

Nach Ansicht des BVerwG verstößt die Sanierungspflicht des Gesamtrechtsnachfolgers eines Verursachers nicht gegen das grundsätzliche Verbot der Rückwirkung. § 4 Abs. 3 S. 1 BBodSchG sei normativer Ausdruck eines schon vor dem 1. März 1999 anerkannten allgemeinen Grundsatzes des Verwaltungsrechts, wonach öffentlich-rechtliche Pflichten auf den Gesamtrechtsnachfolger übergehen. Erweise sich wie hier – „zum Schutz des Grundwassers“ – eine Pflicht zur Gefahrenabwehr als vertretbare Handlung, könne sie nicht höchstpersönlich sein und sei daher gesamtrechtsnachfolgefähig. Die Sanierungspflicht des Gesamtrechtsnachfolgers des Verursachers einer schädlichen Bodenveränderung resultiert damit auch vor dessen Inkrafttreten aus § 4 Abs. 3 S. 1 BBodSchG (BVerwG, Urteil vom 16.3.2006 – 7 C 3/05).

Heranziehung des Insolvenzverwalters

Der Insolvenzverwalter ist nicht Gesamtrechtsnachfolger des Verursachers einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast und ist daher nicht nach § 4 Abs. 3 S. 1 BBodSchG verantwortlich. Er kann aber als Inhaber der tatsächlichen Gewalt (§ 80 Abs. 1 InsO) in der Sanierungspflicht stehen. Durch die Möglichkeit der Freigabe kontaminierter Grundstücke erfährt diese sehr weitgehende Haftung für Altverbindlichkeiten eine Linderung.

Sanierungsverantwortlichkeit aus § 4 Abs. 3 S. 4

Nach § 4 Abs. 3 S. 4 BBodSchG ist zur Sanierung auch verpflichtet, wer aus handelsrechtlichem oder gesellschaftsrechtlichem Rechtsgrund für eine juristische Person einzustehen hat, der ein Grundstück, das mit einer schädlichen Bodenveränderung oder einer Altlast belastet ist, gehört, und wer das Eigentum an einem solchen Grundstück aufgibt. Abgesehen von dieser Durchgriffshaftung kann die Sanierungsverantwortlichkeit nicht beliebig aus gesellschaftsrechtlichen Tatbeständen abgeleitet werden. Der Gesetzgeber hat hier mit § 4 Abs. 3 BBodSchG für die Heranziehung zu einer Sanierung oder zu Maßnahmen der Gefährdungsabschätzung nach § 9 BBodSchG eine abschließende Regelung getroffen.

Anordnung zu Detailuntersuchungen nach § 9 Abs. 2 S. 1

Für eine Anordnung nach § 9 Abs. 2 S. 1 BBodSchG müssen konkrete Anhaltspunkte für einen hinreichenden Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast vorliegen. Aussagen wie „starker Ölgeruch“ erfüllen diese Voraussetzungen nicht. Vielmehr braucht es detaillierte, spezifisch bodenbezogene Informationen, die ein prognostisches Urteil über eine schädliche Bodenveränderung ermöglichen.

Sorgfalt verlangt die Unterscheidung des hinreichenden Verdachts zur „qualifizierten Altlast“, die nach § 13 Abs. 1 S. 1 BBodSchG Sanierungsuntersuchungen und die Vorlage eines Sanierungsplans erforderlich machen. Soweit die Voraussetzungen aus § 13 Abs. 1 BBodSchG nicht vorliegen, können dem Pflichtigen Untersuchungen nur nach § 9 Abs. 2 BBodSchG auferlegt werden.

Bestimmtheit der Untersuchungsanordnung

Angesichts des weiten Gesetzeswortlauts von § 9 Abs. 2 S. 1 BBodSchG ist für die inhaltliche Ausgestaltung einer Untersuchungsanordnung das Bestimmtheitsgebot umso mehr zu beachten. Die Behörde kann sich nicht darauf beschränken, in allgemeiner Form die Untersuchung eines Kontaminationsherds zu fordern. Vielmehr muss sie das Untersuchungsprogramm in seinen wesentlichen Zügen zum Bestandteil der Anordnung machen. Der Verpflichtete muss aus der Anordnung erkennen, was genau Inhalt des von ihm erwarteten Handelns sein soll.

Kostenfrage

Der Gesetzgeber hat sich mit § 24 Abs. 1 S. 1 BBodSchG für einen dezidierten Katalog von Maßnahmen entschieden, der zur Kostentragung verpflichtet. In allen übrigen Fällen bleiben die Kosten bei der Behörde. So können die Kosten für behördliche Untersuchungsmaßnahmen im Anwendungsbereich des § 9 Abs. 1 BBodSchG – im Gegensatz zu Untersuchungsanordnungen nach § 9 Abs. 2 BBodSchG – nicht dem später festgestellten Störer auferlegt werden. Bei Fällen des § 9 Abs. 1 BBodSchG fehlt es dafür regelmäßig schon an einer Anordnung.

Störerauswahl

Strittig ist die Frage, ob aus der Reihenfolge der Aufzählung der möglichen Verantwortlichen in § 4 Abs. 3 S. 1 BBodSchG auch eine Rangfolge der Verantwortlichen abgeleitet werden kann. Nach (noch) ganz herrschender Meinung besteht hier kein Rangverhältnis, wonach ein Verursacher vor einem Zustandsstörer heranzuziehen ist. Vorzugswürdig erscheint aber der Grundsatz der gerechten Lastenverteilung. Gerade mit Blick auf die Entwicklung der Rechtsprechung zur begrenzten Haftung des Zustandsverantwortlichen und den hierzu erforderlichen Ermittlungen wird die Behörde den Verhaltensstörer heranziehen, wenn er „greifbarer“ ist.

Sanierungsverantwortung des Zustandstörers

Die Sanierungsverantwortung des Zustandsstörers ist in räumlicher und rechtlicher Hinsicht begrenzt.

Räumliche Grenze

Die Sanierungspflicht ist in räumlicher Hinsicht auf die Haftung für das eigene Grundstück begrenzt. Der Zustandsstörer, au dessen Grundstück sich eine sanierungsbedürftige schädliche Bodenveränderung befindet, kann nur zur Sanierung auf diesem Grundstück herangezogen werden, nicht aber auch zur Sanierung eines Grundwasserschadens auf einem fremden Grundstück, selbst wenn die dortigen schädlichen Bodenveränderungen vom Grundstück des Zustandsstörers herrühren.

Rechtliche Grenze

Darüber hinaus beschränkt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz die Sanierungspflicht des Zustandsstörers: In seiner Grundsatzentscheidung sah das BVerfG die Belastung mit Sanierungskosten als nicht gerechtfertigt an, „soweit sie dem Eigentümer nicht zumutbar ist“ (BVerfG NJW 2000, 2573). Dies ist der Fall, wenn die Kosten für die Sanierungsmaßnahmen den Verkehrswert des Grundstücks überschreiten. In diesem Fall könne der Eigentümer nicht einmal damit rechnen, die entstehenden Kosten durch den Verkauf des Grundstücks zu decken.

Fazit

Die Normierung der Sanierungsverantwortlichkeiten durch § 4 BBodSchG wird als Erfolg angesehen. Gerichtliche Entscheidungen wie die des Bundesverfassungsgerichts zur Reichweite der Sanierungsverantwortung des Zustandsstörers sowie die des Bundesverwaltungsgerichts zur Sanierungsverantwortung des Gesamtrechtsnachfolgers haben hier zur weiteren Klärung beigetragen. Kritisch ist hierbei anzumerken, dass der Gesetzgeber noch immer nicht auf die Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2000 reagiert hat. In dieser appellierte das Gericht an den Gesetzgeber, selber für eine klarere Haftungsbegrenzung des Zustandsverantwortlichen zu sorgen.

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