Die Frage nach der Schutzfähigkeit von KI-generierter Kunst ist seit Beginn des Jahres omnipräsent. Das bekannteste Beispiel in diesem Bereich ist die Anwendung „Midjourney“, die in der Lage ist, aus Beschreibungen Bilder zu erstellen. Angesichts der rasanten Entwicklung von KI und der hierauf basierenden Anwendungen wurde zuletzt auch der Entwurf der KI-Verordnung erheblich überarbeitet (ausführlich hierzu bereits im Legal Update vom 28. Juni 2023: KI-Verordnung: Das Europäische Parlament stimmt dem neuen Rechtsrahmen für Künstliche Intelligenz zu.
Doch nicht nur in Fachkreisen wird dieses Thema intensiv debattiert; mittlerweile beschäftigt es auch die Gerichte. Dies kann besonders vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Entfaltungsmöglichkeiten, die sich aus der minutenschnellen Herstellung professioneller Bilderzeugnisse jeglichen Inhalts und Stils ergeben, kaum verwundern. KI-generierte Bilder sind im Vergleich zu sog. Stock Fotos zudem individualisierbar. Die Bilder können im geschäftlichen Kontext damit zur Illustrierung von Texten oder auch im werblichen Kontext verwendet werden. Der wirtschaftliche Nutzen ist daher groß.
Technischer Hintergrund
Bevor allerdings auf die rechtlichen Implikationen der Nutzung von KI-Anwendungen eingegangen werden kann, muss zunächst deren Funktionsweise erörtert werden.
Funktionsweise von KI-Anwendungen
Im Grundsatz funktioniert etwa das eingangs herausgestellte Programm über die Eingabe sog. Prompts bzw. „Inputs“, also schlagwortwortartiger Befehle, welche das Programm dann eigenständig ausführt und danach einen sog. Output liefert. Diese „Prompts“ oder „Inputs“ können bei der Nutzung des Tools in beliebiger Komplexität und in unterschiedlichem Umfang genutzt und kombiniert werden. Vergleichbare KI-Bildgeneratoren funktionieren ganz ähnlich.
Um mehr Kontrolle über die Endergebnisse zu gewinnen, kann der Anwender diese Eingaben zwar fortlaufend an bestimmten Stellen nach seinen Vorstellungen anpassen. Das konkrete Ergebnis (auch „Asset“ genannt), also die finale Ausgestaltung und genaue Komposition des Bildes, ist jedoch weiterhin Sache des Programms und durch den Nutzer nicht spezifisch beeinflussbar.
Jüngste Implikationen im Fall „Midjourney“
Vor kurzer Zeit wurde im Fall von „Midjourney“ die Möglichkeit des sog. „Inpainting“ implementiert. Danach ist es dem Anwender nunmehr sogar möglich, einzelne Bildteile – ebenfalls mithilfe von Prompts – umzugestalten.
Das von dem Programm bereitgestellte Ergebnis speist sich vereinfacht ausgedrückt aus der Zusammensetzung zahlreicher einzelner, bereits vorhandener Datenbankeinträge, die nach den Vorgaben des Programmcodes nach bestimmten Regeln in unterschiedlichem Umfang zu einem einzigen Bild zusammengesetzt werden. Die Einzelheiten dieser Regeln sind komplex und im Fall von „Midjourney“ nicht öffentlich einsehbar.
Genau diese Funktionsweise ist es, die neben der möglichen Beeinträchtigung von (Bild-) Rechten Dritter auch die Frage nach der Urheberschaft an den entstandenen „Assets“ bzw. „Outputs“ selbst aufwirft.
Gerichtliche Streitigkeiten in den USA
Schutzfähigkeit von KI-generierter Kunst nach US-Recht
In den USA sind bereits mehrere gerichtliche Streitigkeiten um die Verarbeitung geschützter Werke angesichts der Funktionsweise eines KI-Bildgenerators geführt und nunmehr auch teilweise entschieden worden. Rechteinhaber machen massive Rechtsverletzungen geltend, die sich aus der Funktionsweise der Programme selbst ergeben. Zudem wird – wie erwartet – auch immer häufiger die Schutzfähigkeit von KI-generierter Kunst diskutiert.
Die Entscheidung Thaler v. Register of Copyrights
Das Bundesgericht in Washington D.C. prüfte kürzlich die Frage, ob ein von einem KI-System erstelltes Bild urheberrechtlichen Schutz erhält.
Der Computerwissenschaftler S. Thaler klagte, nachdem sein Antrag auf Urheberrechtsschutz für ein von seiner KI kreiertes Kunstwerk vom US-Urheberrechtamt abgelehnt wurde. Das Amt begründete die Ablehnung damit, dass urheberrechtlich geschützte Werke von Menschen erschaffen oder zumindest mit ihrer Beteiligung erstellt werden müssen.
Thalers Klage in Bezug auf die Erteilung von Urheberrechtsschutz wurde ebenfalls zurückgewiesen. Das US-Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass das Werk ohne menschlichen Beitrag entstanden sei. Selbst wenn moderne Werkzeuge genutzt werden, müsse der zentrale Aspekt für urheberrechtlichen Schutz in menschlicher Kreativität liegen. Das sei jedoch dann nicht der Fall, wenn ein selbstlernender Algorithmus ohne menschliche Beteiligung ein Bild oder anderes Werk kreiere.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Eine höchstrichterliche Entscheidung zu dieser Frage steht noch aus.
Betrachtung im deutschen Kontext: Urheberrechtlicher Schutz an KI-generierten Inhalten
Entsprechend dem US-Urheberrecht stellt sich auch nach dem deutschen Recht die Frage, ob das von einer KI-generierte Werk urheberrechtlichen Schutz genießt.
Grundsätzlich: Persönliche geistige Schöpfung eines Menschen erforderlich
Grundsätzlich sind gemäß § 2 Abs. 2 UrhG nur Werke persönlicher geistiger Schöpfung urheberrechtlich geschützt. Da das moderne Verständnis des Urheberrechts einen direkten Bezug zwischen Persönlichkeit und menschlicher Schöpfung vorsieht, fallen maschinell erzeugte Werke nicht unter den Schutzbereich des Urheberrechts. Somit beruht das geltende Recht auf der Annahme, dass ein Mensch eine persönlich-geistige Schöpfung kreiert. Entsprechend diesem Verständnis ist ein Werk, das von einer künstlichen Intelligenz erstellt wurde, nicht schutzfähig, da ihm die Verbindung zu einem menschlichen Urheber fehlt.
Die Entscheidung eines deutschen Gerichts könnte damit auf den ersten Blick von den gleichen Erwägungen getragen werden, wie sie bereits vom Washingtoner Bundesgericht vorgebracht wurden.
Ausnahme: Einsatz von KI als Werkzeug
Ausnahmsweise allerdings können KI-Erzeugnisse urheberrechtlichen Schutz genießen, nämlich dann wenn ein Mensch ein KI-System lediglich als Werkzeug verwendet, die gestalterischen Entscheidungen allerdings selbst trifft. Ein urheberrechtlicher Schutz kann daher dann in Erwägung gezogen werden, wenn der menschliche Nutzer dem KI-System derart präzise Anweisungen gibt, dass die endgültige Gestaltung des Werkes bereits festgelegt ist und die KI lediglich diese Gestaltung umsetzt. Denn in diesem Fall nutzt der Mensch den kreativen Gestaltungsspielraum beim Schaffen des Werkes selbst aus und verwendet die KI nur als technisches Hilfsmittel.
Die vorbezeichnete Implementierung des sog. Inpainting dürfte allerdings noch nicht ausreichen, um „Midjourney“ als bloß technisches Hilfsmittel zu qualifizieren. Entsprechende Entwicklungen sind gleichwohl aus urheberrechtlicher Sicht potentiell bedeutsam.
Fazit
Es bleibt festzuhalten, dass sowohl in den USA als auch in Deutschland KI-generierte Bilder ohne hinreichende menschliche Einwirkungsmöglichkeiten gegenwärtig nicht urheberrechtlich geschützt wird. Während das US-Gericht betont, dass menschliche Kreativität für den sog. „Copyright-Schutz“ zentral ist, verlangt auch das deutsche Recht eine "persönliche geistige Schöpfung". In beiden Ländern steht die menschliche Beteiligung im Vordergrund des Schutzes, und reine KI-Schöpfungen sind folglich bisher nicht urheberrechtlich anerkannt. Dabei muss der Einsatz von KI einem solchen Schöpfungsakt allerdings nicht zwingend dauerhaft entgegenstehen.
Je nach Art der beabsichtigten Nutzung können zudem bereits jetzt alternative Möglichkeiten zur rechtlichen Absicherung der Nutzung eines „Assets“ in Betracht kommen. Hierzu zählen z. B. Nutzungsvereinbarungen oder auch die Anmeldung von Schutzrechten. Für solche Lösungen müssen allerdings auch die Nutzungsbedingungen des jeweiligen Tools geprüft und berücksichtigt werden.
Die Bewertung urheberrechtlichen Schutzes sowie der anderweitigen Absicherung des Nutzungsrechts erfordert daher ein tiefgehendes Verständnis der technischen Abläufe und der rechtlichen Grundlagen des jeweiligen Tools sowie die Beachtung der oftmals im Wandel befindlichen Funktionen.