[] Am 1. Oktober 2009 ist die Novellierung der Energieeinsparverordnung, die sogenannte EnEV 2009, in Kraft getreten. Sie bringt weitreichende Änderungen für die Durchführung von Bauprojekten mit sich.
Dieser Newsletter soll über den Inhalt der neuen EnEV und ihre Auswirkungen auf die Abwicklung bestehender Kauf- und Bauträgerverträge sowie auf den Abschluss neuer derartiger Verträge informieren.
Welche Änderungen bringt die ENEV 2009 gegenüber der ENEV 2007?
Die EnEV 2009 verschärft die Anforderungen an die energetische Qualität von Neubauten und an die Modernisierung von Altbauten. Im Vergleich zu der bisher geltenden EnEV 2007 soll der Energiebedarf für Heizung und Warmwasser um durchschnittlich 30 Prozent sinken.
Änderungen im Neubau
Die EnEV 2009 senkt bei Neubauten die Obergrenze für den zulässigen Jahresprimärenergiebedarf um durchschnittlich 30 Prozent. Die energetischen Anforderungen an die Wärmedämmung der Gebäudehülle werden dagegen um durchschnittlich 15 Prozent erhöht.
Änderungen im Baubestand
Bei der Modernisierung von Altbauten mit größeren baulichen Änderungen an der Gebäudehülle werden die Bauteilanforderungen um durchschnittlich 30 Prozent verschärft (z.B. bei der Erneuerung der Fassade, der Fenster oder des Dachs). Alternativ kann auf das 1,4-fache Neubau-Niveau saniert werden. Weitere Anforderungen der EnEV 2009 betreffen die Dämmung von Dachböden sowie Nachrüstpflichten für Klimaanlagen und Nachtstromspeicherheizungen.
Energieausweis
Die Regelungen über den Energieausweis sind inhaltlich größtenteils gleich geblieben. Die EnEV 2009 sieht es nun jedoch auch als Ordnungswidrigkeit an, wenn die bereitgestellten Daten für den Energieausweis im Bestand nicht korrekt sind oder wenn der Aussteller die Berechnungen für den Energieausweis aufgrund von unkorrekten Daten durchgeführt hat.
Vollzug der ENEV
Die Maßnahmen zum Vollzug der EnEV wurden verstärkt, z.B. dadurch, dass der Bezirkschornsteinfegermeister die Erfüllung der Nachrüstpflichten in Bestandsgebäuden prüft. Ebenso prüft er bei der Installation neuer Heizungsanlagen, ob alle Anforderungen der EnEV 2009 in Bezug auf die Verteilungseinrichtungen und Warmwasseranlagen erfüllt sind. Darüber hinaus droht ein erheblich erweiterter Bußgeldkatalog demjenigen, der als Eigentümer oder Fachmann die EnEV 2009 nicht berücksichtigt.
Welche ENEV-Fassung gilt für das Bauvorhaben?
Genehmigungspflichtige Bauvorhaben
Bei genehmigungspflichtigen Bauvorhaben, bei denen der Bauherr einen Bauantrag einreichen muss, gilt als Maßstab das Datum des Bauantrags. Hat der Bauherr seinen Bauantrag bis spätestens zum 30. September 2009 eingereicht, gelten die Anforderungen der EnEV 2007; danach die der EnEV 2009. Entsprechend gilt bei Bauvorhaben, für die eine Bauanzeige erstattet werden muss, das Datum der Anzeige. Wenn die Behörde jedoch am 1. Oktober 2009 über den Antrag noch nicht bestandskräftig entschieden hat, kann der Bauherr verlangen, dass für sein Bauvorhaben die verschärfte EnEV 2009 Anwendung findet.
Genehmigungsfreie Bauvorhaben
Wenn das Bauvorhaben dem Kenntnisgabeverfahren unterliegt, ist das Datum relevant, unter dem die Gemeinde über das Bauvorhaben in Kenntnis gesetzt wurde. Bei genehmigungsfreien, anzeige- oder verfahrensfreien Bauvorhaben kommt es auf das Datum des Beginns der Baumaßnahmen an.
Welche Auswirkungen hat die Novellierung der ENEV auf bestehende Kauf-, Bau- und Bauträgerverträge?
Neubauten
Bei der Errichtung oder dem Erwerb eines Neubaus wird regelmäßig ein Bau- oder Bauträgervertrag vorliegen. Ist dieser bereits vor Inkrafttreten der EnEV 2009 abgeschlossen worden, so ist fraglich, welche Fassung der EnEV für die Bestimmung der baulichen Anforderungen an das Gebäude anwendbar ist.
Zu unterscheiden ist zunächst zwischen dem vertraglich geschuldeten Standard des Bauvorhabens und den Pflichten, die die EnEV dem jeweiligen Eigentümer auferlegt. Diese Pflichten sind öffentlich-rechtlicher Art und können durch einen Vertrag nicht geändert oder übertragen werden. Für die Frage, welche öffentlich-rechtlichen – und u.U. bußgeldbewehrten – Pflichten den jeweiligen Eigentümer im Einzelnen treffen, kommt es nur darauf an, welche EnEV-Fassung für das Objekt gilt. Dies wird – wie bereits erläutert – durch das Datum des Bauantrages bestimmt.
Eine andere Frage ist, welchen Standard der Auftragnehmer oder Bauträger als Errichter eines Gebäudes gegenüber dem Besteller und (künftigen) Eigentümer nach dem zivilrechtlichen Bau- oder Bauträgervertrag schuldet.
Hierfür kommt es primär darauf an, ob die Parteien eine vertragliche Regelung dazu getroffen haben, welcher energetische Standard geschuldet ist. In diesem Falle gilt der vertraglich vereinbarte Standard. Sofern keine solche Regelung getroffen wurde, schuldet der Errichter auch ohne ausdrückliche Beschaffenheitsvereinbarung die „übliche" Beschaffenheit, die der Besteller erwarten kann. Dazu gehört, dass das Gebäude zum Zeitpunkt seiner Fertigstellung und Abnahme diejenigen Qualitätsstandards erfüllt, die auch vergleichbare andere zeitgleich fertiggestellte und abgenommene Bauwerke erfüllen. Dieser Standard gilt als stillschweigend vereinbart. Danach sind für die Sollbeschaffenheit eines Gebäudes grundsätzlich die Werte der zum Zeitpunkt der Fertigstellung bzw. Abnahme aktuellen EnEV maßgebend.
Folge dessen kann sein, dass der Errichter nach der Baugenehmigung öffentlich-rechtlich den EnEV-2007-Standard schuldet; zivilrechtlich gegenüber seinem Auftraggeber aber EnEV-2009-Niveau.
Baubestand
Beim Erwerb von Bestandsgebäuden wird in der Regel ein Kaufvertrag abgeschlossen. Für die Frage, welchen energetischen Standard der Verkäufer schuldet, wenn die Parteien keine ausdrückliche Vereinbarung dazu getroffen haben, ist ebenso wie bei dem Bauträgervertrag maßgebend, welche „übliche" Beschaffenheit vom Käufer bei einem Gebäude dieser Altersklasse (Zeitpunkt der Fertigstellung) erwartet werden kann.
Was ist beim Abschluss neuer Kauf-, Bau- und Bauträgerverträge zu beachten?
Aus Sicht des Errichters
Der Auftragnehmer/Bauträger wird ein Interesse daran haben, das Gebäude wie geplant vertragsgemäß errichten zu können und nicht verpflichtet zu sein, bei jeder Änderung der EnEV während der Bauphase Umplanungen vorzunehmen und das Gebäude energetisch nachzurüsten, ohne dafür eine entsprechend erhöhte Vergütung verlangen zu können. Daher empfiehlt es sich, in den Vertrag ausdrücklich aufzunehmen, dass die zum Zeitpunkt eines bestimmten absehbaren Ereignisses (Bauantragstellung, Vertragsschluss) geltende EnEV als Sollbeschaffenheit vereinbart ist.
Aus Sicht des Erwerbers
Der Käufer/Auftraggeber muss als (künftiger) Eigentümer des Gebäudes grundsätzlich nur die öffentlich-rechtlichen Anforderungen erfüllen, die nach der EnEV zum Zeitpunkt des Bauantrages galten. Eventuell kann er jedoch nach Eigentumsübergang Nachrüstpflichten ausgesetzt werden, wenn das Gebäude Eigenschaften aufweist, die nach der EnEV in einer späteren Fassung nicht mehr zulässig sind. Seinem Interesse entspricht es daher, bereits mit dem Vertrag sicherzustellen, dass er seinen öffentlich-rechtlichen Pflichten nachkommen kann und das Gebäude möglichst den Anforderungen der aktuellen EnEV genügt. Die zum Zeitpunkt der Fertigstellung/Abnahme geltende aktuelle Fassung der EnEV sollte daher zur Vermeidung von Unsicherheiten ausdrücklich in dem Vertrag als Sollbeschaffenheit vereinbart werden.
Energieausweis
Zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass der Eigentümer bzw. Vermieter nach der EnEV verpflichtet ist, potenziellen Käufern und Mietern den Energieausweis auf Verlangen zur Einsichtnahme zugänglich zu machen; falls er dies nicht tut, macht er sich bußgeldpflichtig. Soll also ein Kauf-, Bau- oder Bauträgervertrag abgeschlossen werden, so ist dem Käufer/Auftraggeber zu empfehlen, die Pflicht des Verkäufers/Auftragnehmers zur Übergabe eines Energieausweises, der nach der maßgeblichen Fassung der EnEV von einer zuständigen Stelle erstellt wurde und noch eine ausreichend lange Gültigkeit hat, ausdrücklich in dem Vertrag zu vereinbaren.