Die Fleischwirtschaft im Fokus: Arbeitsrechtliche und energiewirtschaftliche Änderungen

Berlin, 02.07.2020

1. Es geht um die Wurst 

Die Arbeits- und Unterkunftsbedingungen in der Fleischwirtschaft haben in einigen Schlachtbetrieben zu sprunghaft ansteigenden Covid-19-Infektionen unter den Beschäftigten geführt. Zuletzt musste das Tönnies-Stammwerk bei Gütersloh schließen, nachdem sich dort über 1500 Beschäftigte angesteckt hatten.

Bereits Ende Mai sah sich das Bundesarbeitsministerium aufgrund arbeitsschutzrechtlicher Defizite in der Fleischwirtschaft dazu veranlasst, ein umfangreiches Maßnahmenprogramm zur Verbesserung der Arbeits- und Unterkunftsbedingungen auf den Weg zu bringen.[1] Der Gesetzesentwurf soll im Sommer folgen.

Kern des Gesetzentwurfes wird ein bereits vom Bundeskabinett beschlossenes Eckpunktepapier. Im Mittelpunkt steht die Stärkung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft durch ein Verbot des Einsatzes von Fremdpersonal mittels Werkvertragsgestaltungen und Leiharbeitnehmern. Das Verbot soll zeitnah, spätestens zum 1. Januar 2021 in Kraft treten. Weitere wichtige geplante Neuerungen sind: en passant eine allgemeine, branchenübergreifende Anhebung des Bußgeldrahmens für Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz und die Einführung einer verpflichtenden digitalen Arbeitszeiterfassung für die Fleischwirtschaft.

Dies führt zu sofortigem Handlungsbedarf für die Branche, die auf den Wegfall der Gestaltungsinstrumente reagieren muss. Dabei sind die energiewirtschaftlichen Wechselwirkungen zu berücksichtigen, insbesondere im Hinblick auf den stromsteuerrechtlichen Spitzenausgleich. Beiden Themenfeldern widmet sich dieser Beitrag.

2. Arbeitszeitrechtliche Implikationen

Die Kritik an den Arbeitsbedingungen in der Fleischwirtschaft ist nicht neu. Bereits zuvor hat die Politik ein besonderes Augenmerk auf die Branche gelegt und mit dem Gesetz zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft (GSA Fleisch) eigens reguliert. 

Abweichend von § 16 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) mussten  Arbeitgeber nach § 6 GSA Fleisch nicht nur die Überstunden der Arbeitnehmer aufzeichnen, sondern durch den Arbeitgeber/Entleiher den Beginn der Arbeitszeit unmittelbar bei Arbeitsaufnahme sowie Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit jeweils am Tag der Arbeitsleistung erfasst werden. 

Im aktuellen Eckpunktepapier ist darüber hinaus vorgesehen, dass Arbeitgeber in der Fleischwirtschaft künftig die Arbeitszeit digital zu erfassen haben. Damit werden die Anforderungen zur Arbeitszeiterfassung auf eine bestimmte Art und Weise der Arbeitszeiterfassung ausgedehnt.

Es stellt sich die Frage, ob diese Maßgabe noch als Ausfluss der Arbeitszeitrichtlinie [2] angesehen werden kann, die in Deutschland u. a. mit dem ArbZG in nationales Recht umgesetzt wird.

Im vergangenen Jahr hat der Europäische Gerichtshof [3] zu den Anforderungen, die die Arbeitszeitrichtlinie aufstellt, näher Stellung genommen. Der EuGH urteilte, dass die Mitgliedstaaten Arbeitgeber verpflichten müssen, ein System einzurichten, mit dem die von jedem Arbeitnehmer geleistete tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann. Ein Arbeitszeiterfassungssystem, welches die tägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer erfasst, biete diesen ein besonders effektives Mittel, einfach zu objektiven und verlässlichen Daten über die tatsächlich geleistete Arbeitszeit zu gelangen. Dies erleichtere sowohl den Arbeitnehmern den Nachweis einer Nichtbeachtung ihrer Rechte als auch den zuständigen Behörden und nationalen Gerichten die Kontrolle der tatsächlichen Beachtung der Arbeitnehmerrechte. Diese Anforderungen ergäben sich aus der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der Arbeitszeitrichtlinie.

Seit dem wird mit Spannung ein entsprechender Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Korrektur des für alle Unternehmen gültigen Arbeitszeitgesetzes erwartet, welches aktuell in der Regel nur die Überstundenerfassung vorsieht.  

Überraschend ist, dass lediglich für die Branche der  Fleischwirtschaft mit einer Änderung der Aufzeichnungspflicht begonnen wird, obwohl diese ohnehin schon der Verpflichtung unterliegt, die Dauer der täglichen Arbeitszeit gem. § 6 GSA Fleisch zu erfassen und somit auf den ersten Blick die Anforderungen der Richtlinie erfüllt. 

Allerdings hat der EuGH im zitierten Urteil den Mitgliedstaaten auch aufgegeben "zu prüfen, ob und inwieweit die Einrichtung eines Systems, mit dem die von einem jeden Arbeitnehmer geleistete tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann, erforderlich ist, um die tatsächliche Einhaltung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit sowie der täglichen und wöchentlichen Mindestruhezeit sicherzustellen [4]." Den Mitgliedsstaaten sei dabei ein Spielraum eröffnet, "die konkreten Modalitäten zur Umsetzung eines solchen Systems, insbesondere dessen Form, festzulegen, und zwar gegebenenfalls unter Berücksichtigung des jeweiligen Tätigkeitsbereich, sogar der Eigenheiten bestimmter Unternehmen, namentlich ihrer Größe [5]."  

Offenbar hält es das BMAS nun für erforderlich, der Fleischwirtschaft auch das Instrument der Zeiterfassung vorzuschreiben, um den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer effektiv zu sichern. Die Vorgabe wie die Arbeitszeit zu erfassen ist, stellt eine echte Neuerung dar. Selbst in § 21a Abs. 7 ArbZG, der ebenfalls eine spezifischere Auszeichnungspflicht der Arbeitszeit für Beschäftigte im Straßentransport vorsieht, lässt es dem Arbeitgeber anheimgestellt, wie er die Aufzeichnungspflicht erfüllt. Offen ist, wie der Begriff „digitale Arbeitszeiterfassung“ vom Arbeitsministerium mit Leben gefüllt werden wird. Denkbar sind etwa Apps zur Arbeitszeiterfassung oder Kartenlesegeräte am Werktor. Insoweit bleibt der Gesetzesentwurf abzuwarten, um die Umsetzungsspielräume der Arbeitgeber beurteilen zu können.

Ob der erwartete Gesetzesentwurf zum Arbeitszeitgesetz weitere branchendifferenzierende Vorgaben treffen wird, kann nur gemutmaßt werden, erscheint aber vor dem Hintergrund der EuGH-Rechtsprechung durchaus wahrscheinlich. 

Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz sollen indes künftig allgemein doppelt so teuer werden, in dem die Untergrenze des Bußgeldrahmens von EUR 15.000,00 auf EUR 30.000,00 angehoben wird.

3. Auswirkungen auf die Beschäftigungsform

Kernstück der geplanten Neuerungen bleibt jedoch das Verbot von Werkvertragsgestaltungen und der Arbeitnehmerüberlassung für die Fleischwirtschaft. Dies jedenfalls, soweit es um die Tätigkeiten des Schlachtens und Zerteilens geht. Dadurch würden der Fleischwirtschaft die zentralen Instrumente des Drittpersonaleinsatzes nicht mehr zur Verfügung stehen. 

Arbeitnehmerüberlassung liegt dann vor, wenn Arbeitgeber als Verleiher, die bei ihm angestellten Arbeitnehmer an Dritte (sog. Entleiher) zur Arbeitsleistung überlassen. Die Arbeitnehmer werden sodann in die Arbeitsorganisation des Entleihers eingegliedert und unterliegen seinen Weisungen. 

Demgegenüber bedeutet das Verbot von Werkvertragsgestaltungen, dass die üblicherweise als Subunternehmen eingeschalteten Werkvertragsunternehmen zur Übernahme einzelner Aufgaben etwa der Fleischverarbeitung nicht mehr beauftragt werden dürfen. In Abgrenzung zur Leiharbeit sind die im Werkvertragsunternehmen angestellten Arbeitnehmer nur gegenüber ihrem Werkvertragsarbeitgeber weisungsabhängig. Der Fleischwarenunternehmer (Auftraggeber) etwa dürfte ihnen keine Weisungen erteilen. 

Durch die geplanten Verbote werden Unternehmen der Fleischwirtschaft daher kurzfristig ihre Stammbelegschaft aufstocken müssen, um das geplante Inkrafttreten der Änderungen (spätestens) im Januar 2021 auffangen zu können. Wodurch allgemein die Personalkosten wohl steigen dürften; z. B. wegen Lohnfortzahlungskosten und der allgemein erforderlichen großzügigeren Personaldecke, da künftig Arbeitsspitzen nicht mehr kurzfristig durch Drittpersonal aufgefangen werden dürfen.

Betroffen von diesem Verbot ist ausschließlich die Fleischwirtschaft, d. h. Betriebe in denen überwiegend geschlachtet oder Fleisch verarbeitet wird. Ausnahmen für Betriebe des Fleischerhandwerks sollen bestehen bleiben.

4. Die Fleischwirtschaft und ihr Strom

Wenden wir uns nun den energiewirtschaftlichen Implikationen zu. Dabei nehmen wir das Strom- und Energiesteuerrecht in den Blick. Denn hier war der problematische Drittpersonaleinsatz in der Fleischwirtschaft ein wichtiger Wegpunkt in der Entwicklung um den sog. Verwenderbegriff. Im Kontext von Steuerentlastungsmöglichkeiten geht es um die Frage, welchem Unternehmen eine Stromentnahme zuzurechnen ist; wer also im stromsteuerrechtlichen Sinn als Verwender (bzw. Entnehmender) des zu betrieblichen Zwecken verbrauchten Stroms gilt: Der Fleischwarenproduzent oder der mit der Schlachtung und Zerteilung der Tiere beauftragte Werkunternehmer?

Exakt diese Frage beantwortete der Bundesfinanzhof durch Urteil vom 25. September 2013 [6]. Der beim Schlachten und Zerteilen verbrauchte Strom werde durch die Personen entnommen, welche die konkreten Tätigkeiten eigenhändig ausführen. Da diese Personen nur mit dem Werkunternehmer arbeitsvertraglich verbunden seien (siehe oben Punkt 3.), müsse der durch die Entnahme bewirkte Stromverbrauch auch dem Werkunternehmer (Arbeitgeber) zugerechnet werden. Demgegenüber komme eine Zurechnung an den Fleischwarenproduzenten (Auftraggeber) aufgrund verbrauchssteuerrechtlicher Grundsätze nicht in Betracht. Denn maßgeblich für die Zurechnungsfrage seien tatsächliche (wirkliche) Umstände, sogenannte Realakte. Im konkreten Fall also der Schwung mit einem elektrischen Zerteilmesser oder die Betätigung eines Fließbandes. 

Neben diesen tatsächlichen Umständen komme wirtschaftlichen Aspekten oder vertraglichen Regelungen allenfalls Indizwirkung zu. Es spiele daher keine entscheidende Rolle, dass die Schlachtung und Fleischzerteilung im Interesse des Fleischwarenproduzenten erfolge und dieser als Eigentümer der Tiere und des Fleisches auch das wirtschaftliche Risiko für das Endprodukt trage. Unerheblich sei zudem eine Eingliederung des Dritten in die Unternehmensgruppe (z.B. konzerneigene Personalführungsgesellschaft), da für die Stromsteuerentlastung an die kleinste rechtlich selbstständige Einheit angeknüpft werde (§ 2 Nr. 4 StromStG). Ein Werkunternehmer nehme seine Aufgaben (Erfüllung des Werkvertrages) weisungsfrei und damit rechtlich selbstständig wahr.

Ausgehend von diesem Urteil haben die Entwicklungen zur Klärung der Zurechnungsfrage im Strom- und Energiesteuerrecht neuen Schub erhalten. Betroffen sind nicht nur Steuerentlastungen sondern – aufgrund einer Änderung der Verwaltungspraxis – neuerdings auch Steuerbefreiungen. Die nachfolgend beschriebenen Entwicklungen sollten Unternehmen des Produzierenden Gewerbes vor Augen haben, wenn – wie nun für die Fleischwirtschaft – strukturelle Anpassungen des operativen Geschäfts vorzunehmen sind.

5. Relevante Begünstigungen des Strom- und Energiesteuerrechts für das Produzierende Gewerbe

Die aufgeworfene Zurechnungsfrage hat nicht nur für das Stromsteuerrecht (Entnahme von elektrischem Strom), sondern auch für das Energiesteuerrecht (Verwendung eines Energieerzeugnisses) Bedeutung. In erster Linie wird damit die Berechtigung eines Unternehmens zur Inanspruchnahme bestimmter Begünstigungen des Strom- und Energiesteuerrechts ermittelt. Es handelt sich um die folgenden Entlastungstatbestände [7]:

  • Entlastung für besondere Prozesse und Verfahren gemäß § 9aStromStG bzw. § 51 EnergieStG,
  • Spitzenausgleich gemäß §§ 9b, 10 StromStG bzw. §§ 54, 55 EnergieStG [8],
  • Entlastung für die Stromerzeugung gemäß § 53 EnergieStG,
  • Entlastung für die gekoppelte Erzeugung von Kraft und Wärme gemäß § 53a EnergieStG.

Diese Begünstigungen sind von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung insbesondere für das Produzierende Gewerbe. Neben der hier angesprochenen Fleischwirtschaft zählen die Energiebranche, der Automobil- und Maschinenbau, die Wasserwirtschaft und das Baugewerbe dazu.

Wie in allen anderen Wirtschaftszweigen ist ein arbeitsteiliges Vorgehen durch eine Mehrzahl (juristischer) Personen Alltag. Es sind aber gerade diese Mehrpersonenverhältnisse, in denen die Zurechnungsfrage, d. h. die Bestimmung der Entlastungsberechtigung, besondere Probleme bereitet. Die wichtigsten Problemfelder werden nachfolgend skizziert.

6. Bestimmung der Entlastungsberechtigung

Die Diskussion um die Bestimmung der Entlastungsbefugnis (bzw. des Verwenders) ist nicht neu, sondern wurde schon zu Zeiten des Mineralölsteuergesetzes geführt. Dabei berücksichtigte die finanzgerichtliche Rechtsprechung neben den tatsächlichen Umständen bisweilen auch andere Kriterien, wie etwa Dispositionsmöglichkeiten oder auch die Tragung wirtschaftlicher Risiken.

Eine gesetzliche Definition des Verwenderbegriffs existiert erst seit dem 1. Januar 2018 [9]. Nach Ansicht des Gesetzgebers sei „Verwender“ derjenige, der das Energieerzeugnis in einer (Stromerzeugungs- oder KWK-)Anlage einsetze. Für Klarheit ist damit freilich nicht gesorgt. Insbesondere wurde keine Entscheidung getroffen, welches der in Betracht kommenden Kriterien vorrangig sei. Die gesetzliche Definition ist daher für die Unternehmenspraxis nicht hilfreich, da sie die Rechtssicherheit nicht erhöht.

Die Generalzolldirektion (GZD), die als Oberbehörde unter dem Bundesfinanzministerium die zahlreichen Aufgaben der Zollverwaltung beaufsichtigt und koordiniert, teilte im März 2019 ihre interne Auffassung zum Verwenderbegriff mit. Dazu veröffentlichte die GZD ein Informationspapier zur „Person die Energieerzeugnisse verwendet bzw. Strom entnimmt“ [10]. Danach nimmt die Zollverwaltung erstmals eine Gewichtung vor, indem sie den tatsächlichen Umständen (also dem Realakt) den größten Stellenwert unter den denkbaren Kriterien einräumt. Entscheidend ist danach, wer sprichwörtlich „den Schalter drückt“. Zur Begründung beruft sie sich, wie bereits der Gesetzgeber [11], auf das oben dargestellte Urteil des Bundesfinanzhofs [12].

Diese Entscheidung zum Vorrang  der tatsächlichen Umstände zeigt zumindest „klare Kante“. Doch lassen sich die typischen Gestaltungen von Mehrpersonenverhältnissen damit angemessen bewerten?

Für Werkvertragsgestaltungen wird man dies bejahen können, zumal die tatsächlichen Umstände der Vertragsdurchführung - insbesondere die strikte Beachtung von Weisungsstrukturen - für die rechtliche Abgrenzung von anderen Gestaltungen maßgeblich ist. 

In anderen Fällen erscheint es aber zweifelhaft, die Entlastungsberechtigung allein anhand der tatsächlichen Umstände zu beurteilen. Besonders deutlich wird dies in Fällen technischer Betriebsführung, die in der Energiewirtschaft, aber auch in der Abwasserbranche sehr weit verbreitet sind. Hierbei schaltet der Betreiber einer Stromerzeugungs- bzw. KWK-Anlage oder eines Klärwerks ein externes Unternehmen zur Betriebsführung ein. Hintergrund ist zumeist, dass der Betreiber selbst nicht über das technische Know-how verfügt. Nach (behördeninterner) Auffassung der Zollverwaltung müsste das betriebsführende Unternehmen die Entlastungsanträge für den entnommenen Strom oder das verwendete Erdgas stellen. Dies entspricht nicht der typischen Verteilung der wirtschaftlichen Chancen und Risiken, welche die Parteien im Rahmen des Betriebsführungsvertrages getroffen haben werden.

7. Fazit und Ausblick

Resümierend lassen sich einige Punkte festhalten. Für die Fleischwirtschaft geht es wegen des angekündigten Verbotes arbeitsteiliger Gestaltungen buchstäblich und sprichwörtlich um die Wurst. Klarheit wird hingegen erreicht, soweit für die fleischverarbeitenden Unternehmen die Berechtigung zur Inanspruchnahme von Stromsteuerentlastungen zweifelhaft war. Da das Schlachten und Zerteilen künftig durch eigene Arbeitnehmer durchzuführen ist, muss der Fleischwarenproduzent die Entlastungsanträge fristgemäß selbst stellen.

Andere Branchen, insbesondere die Energiewirtschaft, stehen bei den strom- und energiesteuerrechtlichen Begünstigungen vor neuen Herausforderungen. In einem weiteren Informationspapier zu den gesetzlichen Neuregelungen der Stromsteuerbefreiungen (Stand 17. Juli 2019) äußerte die GZD die Absicht, die Person des Anlagenbetreibers ebenfalls anhand der tatsächlichen Umstände (Realakt) bestimmen zu wollen. Nach Auffassung der Zollverwaltung kann daher nur derjenige als Betreiber der Anlage gelten, der die Realakte an dieser Anlage selbstständig vornimmt. Damit wird der Maßstab zur Bestimmung der Entlastungsberechtigung erstmals auch für die Stromsteuerbefreiungen des § 9 Abs. 1 StromStG relevant. Gesetzliche Anhaltspunkte für diese Ansicht gibt es nicht. Auch bei der EEG-Eigenversorgung wird es anders gehandhabt, zumal dort das Kriterium der wirtschaftlichen Risikoverteilung (weiterhin) im Mittelpunkt steht. Es wird sich zeigen, ob ein solch forscher Vorstoß der Zollverwaltung vor den Finanzgerichten Bestand haben wird.

Für Unternehmen, die strom- und energiesteuerrechtliche Begünstigungen in Anspruch nehmen gilt es, ein „Gefährdungsbewusstsein“ zu entwickeln. Die Alarmglocken sollten klingeln, sobald operative Abläufe in Mehrpersonenverhältnissen umstrukturiert werden. In Zweifelsfällen kann eine frühzeitige Abstimmung mit dem zuständigen Hauptzollamt sowie das fristgemäße Stellen von Hilfsanträgen ratsam sein. Bei der Gestaltung von Betriebsführungsverträgen sollte das Thema Steuerentlastungen mitgedacht und explizit geregelt werden. Daneben ist die Frage, wer Energieerzeugnisse verwendet bzw. Strom entnimmt auch relevant für die Abgrenzung von Strom-mengen (Umfang des Entlastungsanspruchs).

Bei allen hier aufgeworfenen Fragen unterstützen wir Sie selbstverständlich gern. Melden Sie sich gern bei Bedarf. 

 

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[1] https://www.bmas.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2020/mehr-arbeitsschutz-und-hygiene-in-der-fleischwirtschaft.html (aufgerufen am 29.06.2020)
[2] Richtlinie 2003/88/EG vom 04.11.2003.
[3] EuGH, Urt. vom 14.05.2019, Rs. C-55/18.
[4]EuGH, Urt. vom 14.05.2019, Rs. C-55/18, Rn. 46.
[5] EuGH, Urt. vom 14.05.2019, Rs. C-55/18 Rn. 63.
[6] Az. VII R 61/11.
[7] Neben der Entlastungsberechtigung müssen die spezifischen Voraussetzungen der jeweiligen Entlastung vorliegen. Diese sind nicht Gegenstand des Beitrags.
[8] Zu den spezifischen Voraussetzungen des Spitzenausgleichs vgl. das Legal Update vom 27.04.2020.
[9] Zweites Gesetz zur Änderung des Energiesteuer- und des Stromsteuergesetzes vom 27.08.2017, BGBl. I S. 3299; vgl. die Definition in § 3 Abs. 5 Satz 2, § 53 Abs. 4 Satz 2 sowie § 53a Abs. 10 Satz 2 EnergieStG.
[10] Abzurufen auf den Seiten der GZD; aktuell mit Stand November 2019.
[11] BT-Drs. 18/11493, S. 48.
[12] Urteil vom 25.09.2013, Az. VII R 61/11, vgl. oben Fuß-note 6.
 

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