[] Am 11. November 2010 hat das Europäische Parlament die AIFM-Richtlinie verabschiedet. Unter dem Eindruck der Finanzkrise sollen die Manager von Alternativen Investment Fonds (AIFM) durch die AIFM-Richtlinie innerhalb der EU einheitlich stärker beaufsichtigt und reguliert werden. Dabei richtet sich die Richtlinie allein an die Verwalter der Fonds, grundsätzlich jedoch nicht an die Fonds selbst. Dessen Regulierung und Beaufsichtigung soll nach wie vor durch das jeweilige nationale Recht vollzogen werden. Die Zustimmung des Europäischen Rates erfolgte am 27. Mai 2011. Am 1. Juli 2011 ist die Richtlinie im Europäischen Amtsblatt veröffentlicht worden. Zwanzig Tage nach Veröffentlichung wird die Richtlinie in Kraft treten. Ab diesem Zeitpunkt haben die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Vor Umsetzung entfaltet sie keine Geltung für deutsche Fondsmanagementgesellschaften.
Anwendungsbereich der Richtlinie
Ein Alternativer Investment Fonds (AIF) ist jeder Organismus (einschließlich seiner Teilfonds) für gemeinsame Anlagen, der von einer Vielzahl von Anlegern Kapital einsammelt, um dieses nach einer festgelegten Strategie zum Nutzen der Anleger zu investieren. Dabei kommt es nicht auf die Rechtsform oder Struktur des Fonds an, ebenfalls nicht auf die Anlageklasse. Allerdings fallen nicht unter die Richtlinie solche AIF, die bereits durch das Investmentgesetz (InvG) reguliert sind. Ein Manager eines AIF i.S.d. der Richtlinie ist jede juristische Person, deren reguläre Geschäftstätigkeit darin besteht, einen oder mehrere AIF zu verwalten. Der AIFM kann entweder ein sog. externer AIFM sein, d.h. wenn eine vom AIF oder im Namen des AIF bestellte juristische Person aufgrund dieser Bestellung für die Verwaltung des AIF verantwortlich ist. Möglich ist aber auch, dass der AIFM durch den AIF selbst verwaltet wird, wenn die Rechtsform des AIF die interne Verwaltung zulässt und das Leitungsgremium des AIF entscheidet, keinen externen AIFM zu bestellen (sog. interner AIFM). In diesem Fall wird der AIF als AIFM zugelassen.
Im Hinblick auf geschlossene Fonds gilt bis zum Jahr 2013 Bestandsschutz und keine Zulassungspflicht der Verwalter, wenn der geschlossene Fonds vor diesem Zeitpunkt voll investiert und aufgelegt ist. Ferner gelten gewisse Erleichterungen für geschlossene Fonds, deren Zeichnungsfrist vor Inkrafttreten der Richtlinie abläuft und deren Laufzeit drei Jahre nach der Umsetzungsfrist endet. Ferner gilt die Richtlinie nicht für reine Holdinggesellschaften sowie Mitarbeiter- und Pensionsprogramme.
Die Richtlinie sieht gewisse Erleichterungen für solche AIFM vor, die ein Vermögen von bis zu € 100 Mio. (inkl. Fremdfinanzierung) verwalten. Wenn der AIF nicht fremdfinanziert ist und die Investoren kein Kündigungsrecht innerhalb von 5 Jahren seit Erstinvestition haben, ist ein Betrag von € 500 Mio. maßgeblich. Im Hinblick auf diese „kleinen" AIF unterliegt deren AIFM jedoch der Zulassungspflicht.
Zulassungspflicht
Sofern die Richtlinie anwendbar ist, muss der Verwalter eines AIF in seinem Herkunftsmitgliedstaat (d.h. beim satzungsmäßigen Sitz der Gesellschaft) eine Zulassung beantragen. Dieser Antrag muss spätestens ein Jahr nach Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht, also bis Juli 2014 gestellt werden. Innerhalb von drei Monaten nach Einreichung des vollständigen Antrags hat die zuständige Behörde mitzuteilen, ob die Zulassung erteilt wird. Vor Erteilung der Zulassung ist eine Tätigkeit als Verwalter eines AIF nicht erlaubt.
Um eine Zulassung zu erhalten, muss ein externer AIFM über mindestens € 125.000 liquides Kapital verfügen (sog. Anfangskapital) bzw. ein interner AIFM über € 300.000. Übersteigt der Wert des vom AIFM verwalteten AIF-Portfolios € 250 Mio., muss der AIFM zusätzliche Eigenmittel vorhalten. Diese entsprechen 0,02 % des Betrages, um den der Wert des Portfolios des AIF € 250 Mio. übersteigt, begrenzt auf max. € 10. Mio.
Ferner muss die Behörde überzeugt sein, dass der Verwalter zur Einhaltung der Pflichten der Richtlinie in der Lage ist. Hierzu müssen die Personen, die die Geschäfte des Portfolios tatsächlich führen, zuverlässig sein und in Bezug auf die Anlagestrategie des AIF über ausreichend Erfahrung verfügen. Über die Geschäftsführung des AIFM müssen mindestens zwei Personen bestimmen, welche diese Bedingungen erfüllen. Gesellschafter oder Mitglieder des AIFM, die eine qualifizierte Beteiligung halten (mehr als 10 %), haben über eine entsprechende Eignung zur soliden und umsichtigen Führung des AIFM zu verfügen. Die erteilte Zulassung gilt in sämtlichen Mitgliedsstaaten. Welche Behörde die Zulassungen in Deutschland erteilen wird, ist bisher nicht bekannt. Vermutlich wird dies jedoch die BaFin sein.
Verhaltens- und Organisationspflichten nach Zulassung
Die Richtlinie sieht für einen zugelassenen AIFM diverse Verhaltenspflichten vor. So muss dieser Interessenkonflikte durch organisatorische und administrative Vorkehrungen möglichst verhindern. Außerdem muss er ein angemessenes Risikomanagement implementieren und ein hinreichendes Liquiditätsmanagement garantieren. Überdies trifft ihn die Pflicht, das Risikomanagement von den operativen Einheiten des Portfolios funktional und hierarchisch zu trennen. Die Vergütung der Mitarbeiter (inkl. Geschäftsleitung), die einen maßgeblichen Einfluss auf das Risikoprofil des Portfolios haben, muss im Einklang mit einem soliden Risikomanagement stehen und darf nicht zur Eingehung unangemessener Risiken verleiten.
Mindestens einmal im Jahr hat der AIFM den Wert des AIF zu bestimmen. Hierzu kann er einen externen unabhängigen Gutachter beauftragen. Sofern der AIFM die Bewertung selbst vornimmt, muss die funktionale Trennung vom Portfoliomanagement gewährleistet sein.
Der AIFM muss sicherstellen, dass einer unabhängigen Verwahrstelle die Vermögensgegenstände des AIF zur Aufbewahrung anvertraut werden. Ferner hat die Verwahrstelle die Zahlungsströme und die Übertragung der Anteile zu überwachen, insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung des geltenden Rechts. Die Verwahrstelle kann eine Depotbank sein (EU-Kreditinstitut). Sofern der AIF nicht in Finanzinstrumente, sondern Beteiligungen investiert, kann die Verwahrung auch durch berufsständisch beaufsichtigte Personen (z.B. Rechtsanwälte, Notare) durchgeführt werden.
Spätestens sechs Monate nach dem Ende eines Geschäftsjahres hat der AIFM einen Geschäftsbericht den Anlegern und den zuständigen Behörden zur Verfügung zu stellen. In diesem Bericht sind eine Bilanz oder Vermögensübersicht, eine Aufstellung der Erträge und Aufwendungen, ein Tätigkeitsbericht, die Vergütungsstruktur sowie wesentliche Änderungen der den Anlegern offengelegten Informationen (z.B. Anlagestrategie, Risiken, vorgesehene Anlagetypen) darzustellen. Über das Risikoprofil, das Liquiditätsmanagement (Hebelfinanzierungen) und schwer liquidierbare Vermögenswerte des AIF sind die Anleger regelmäßig zu informieren.
Zudem gelten besondere Transparenzanforderungen für AIFM, die AIF verwalten, welche qualifizierte Beteiligungen an nicht-börsennotierten Unternehmen erwerben oder veräußern. Danach besteht für den AIFM gegenüber der zuständigen Behörde eine Mitteilungspflicht innerhalb von 10 Werktagen, sofern der AIF bestimmte Schwellenwerte einer Beteiligung an einem nicht-börsennotierten Unternehmen unter- oder überschreitet (10, 20, 30, 50 oder 75 %).
Erwirbt ein AIF die Kontrolle über ein nicht-börsennotiertes Unternehmen (über 50 % der Stimmrechte), so hat der AIFM der zuständigen Behörde und den Anlegern des AIF Informationen über die Finanzierung der Akquisition bereit zu stellen. Überdies sind das betroffene Unternehmen, deren Gesellschafter sowie die zuständige Behörde über die Absichten im Hinblick auf das zukünftige Geschäft und die Auswirkungen auf die Beschäftigten aufzuklären. Erwirbt ein AIF die Kontrolle über ein nicht-börsennotiertes Unternehmen, darf der AIFM innerhalb von 24 Monaten nach Erlangung der Kontrolle keine Ausschüttungen, Kapitalherabsetzungen, Anteilsrücknahmen oder den Erwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft herbeiführen oder die Stimmrechte des AIF entsprechend ausüben.
Internationalisierung
Durch die AIFM-Richtlinie wird es möglich, dass ausländische AIFM auch inländische AIF europaweit vertreiben. Dies ist im Bereich geschlossener Fonds neu. Zukünftig kann also ein deutscher geschlossener Fonds von einem AIFM aus dem europäischen Ausland verwaltet werden. Auch kann ein deutscher Fonds im Ausland unter gleichen regulatorischen Bedingungen vertrieben werden. Die Richtlinie lässt einen Vertrieb nur an professionelle Anleger zu – die Mitgliedsstaaten können davon aber Ausnahmen gestalten und den Vertrieb auch an Kleinanleger zulassen.
Umsetzung der Richtlinie
Wie der deutsche Gesetzgeber die AIFM-Richtlinie umsetzt, ist bisher nicht bekannt. Aufgrund der Vielzahl der betroffenen deutschen Gesetze ist jedoch mit einer weitreichenden Änderung der bisherigen Rahmenbedingungen für Fonds, insbesondere für Private Equity- und Venture Capital-Gesellschaften zu rechnen. Die Regulierung geschlossener Fonds dürfte sich stark an den Vorgaben für offene Fonds anlehnen. Im vielgestaltigen Bereich der geschlossenen Fonds ist noch unklar, wer genau als AIFM anzusehen ist. Zudem wird abzuwarten sein, ob der Gesetzgeber die Reformnotwendigkeit nutzt, um auch die Regulierung der Fondsgesellschaften selbst weiter voranzutreiben.