Immobilienkauf vom Insolvenzverwalter

Köln, 05.03.2024

Die derzeitige Wirtschaftskrise trifft vor allem auch die Immobilienwirtschaft. Dort haben derzeit viele Beteiligte Finanzierungs- oder Refinanzierungsschwierigkeiten, weil man einen solch dramatischen Anstieg des Zinsniveaus nicht ausreichend einkalkuliert hatte. Die Liste insolventer Unternehmen, insbesondere aus dem Projektentwicklungsbereich, ist demgemäß lang. Aber auch in übrigen Wirtschaftszweigen mussten Unternehmen Insolvenz anmelden, die auch Eigentümer von Grundstücken sind.

Spiegelbildlich ruft wieder der – möglichst günstige – Kauf von Grundstücken aus Insolvenzmassen großes Interesse hervor. Dieser Beitrag gibt einen kurzen Abriss über die Besonderheiten solcher Transaktionen.

Die Ausgangslage

Charakter eines Insolvenzverfahrens

Entgegen populärer Meinung ist Ziel eines Insolvenzverfahrens nicht die Rettung von Arbeitsplätzen, sondern die Mehrung der Insolvenzmasse, um sie unter Gleichbehandlung aller berechtigten Gläubiger (par condicio creditorum) unter ebendiesen zu verteilen.

Wird ein Insolvenzverwalter oder – im Rahmen der in den letzten Jahren immer häufiger stattfindenden Eigenverwaltung – ein Sachwalter bestellt, soll dieser qua Aufgabe eine gewisse Distanz zum Insolvenzschuldner haben. Gleichzeitig haftet ein Insolvenzverwalter für eine Verletzung seiner Pflichten je nach Fallgestaltung sogar auch mit seinem privaten Vermögen.

Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass Insolvenzverwalter extrem vorsichtig agieren. Ihr Hauptaugenmerk liegt eben nicht auf der Wahrnehmung von (mitunter riskanten) Geschäftschancen, sondern in der vorerwähnten Abwicklung des Insolvenzverfahrens unter Minimierung der Risiken für die Masse und sich selbst.

Sogenannte „kalte Zwangsverwaltung“

Viele Immobilien sind über Darlehen finanziert, die wiederum durch Grundpfandrechte an der Immobilie abgesichert sind. Gegen entsprechende Zwangsvollstreckungsmaßnahmen der Grundpfandgläubiger (zum Beispiel die Zwangsversteigerung) kann sich ein Insolvenzverwalter zumeist kaum wehren. Da aber ein freihändiger Verkauf durch ihn häufig die kommerziell bessere Alternative darstellt, vereinbaren Grundpfandgläubiger häufig eine sogenannte „kalte Zwangsverwaltung“ mit den Insolvenzverwaltern.

Bei der kalten Zwangsverwaltung verwaltet und veräußert der Insolvenzverwalter die Immobilie im eigenen Namen, aber im Wesentlichen für Rechnung der Grundpfandgläubiger. Die Insolvenzmasse erhält aus den Einnahmen lediglich einen sogenannten „Massebeitrag“, der große Rest, zum Beispiel des Kaufpreises, fließt direkt an den oder die Gläubiger ab. Diese Ausgangslage muss man sich bei der Beurteilung des verkäuferseitigen Risiko-Chancen-Verhältnisses vor Augen führen.  

Verfügbare Informationen

Insolvenzen kommen meist nicht von ungefähr. Auch wenn derzeit vor allem externe Faktoren eine Insolvenzwelle ins Rollen gebracht haben, sind zumeist aber auch interne Fehler kausal für die Insolvenz.  

Häufig liegen solche internen Fehler an einer schlechten Dokumentation einer bestehenden Datenlage beziehungsweise am Inhalt von (mündlich) getroffenen oder auch nur vorausgesetzten Übereinkünften. Dieser Mangel an Information verstärkt sich dann mit der Insolvenz, sei es, weil kompetente Mitarbeiter das Unternehmen schnell verlassen, oder weil die verbliebenen Mitarbeiter aus verschiedenen Motivationslagen heraus (zum Beispiel aus Sorge um die eigene Haftung) nur noch sehr vorsichtig agieren. Der Insolvenzverwalter hat hingegen wenig Zeit und Kapazitäten, um selbst aufwendige
Ermittlungsarbeit zu betreiben.  

Haftungsvermeidung

Die bereits erwähnten Umstände sorgen dafür, dass Insolvenzverwalter im extremen Maße bestrebt sind, eine Haftung oder Gewährleistungspflicht aus Grundstücksverkäufen zu vermeiden. Denn einerseits gelingt eine Mehrung der Masse nur dann gut, wenn der Massebeitrag nicht für selbst zu finanzierende Gewährleistungsmaßnahmen genutzt werden muss. Andererseits lauern aufgrund der schlechten Dokumentationslage in besonderem Maße unerkannte Risiken. Zugleich gehört es aufgrund seiner Aufgabenstellung und der gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht zum Aufgabenkreis eines Insolvenzverwalters, (risikoreiche) unternehmerische Entscheidungen zu treffen. Eine möglichst weitgehende Einschränkung der verkäuferseitigen Haftung ist daher Standard, wenn ein Insolvenzverwalter Gegenstände aus der Masse verkauft.

Geschickter Käufer

Ein geschickter Käufer kennt diese einschränkenden Rahmenbedingungen und handelt nach ihnen.

Eigene Informationsbeschaffung

Ein wichtiger Gesichtspunkt ist die Informationsbeschaffung. Wer sich rechtzeitig selbst darum kümmert, Informationen über die Immobilie zusammenzutragen oder bereits vorhandene Informationen zu sichten und zu bewerten, wird einen strategischen Vorteil gegenüber Konkurrenten haben, die hier auf zusätzlichen Service beziehungsweise gar auf zusätzliche Haftung des Insolvenzverwalters warten. Meist wird sich über vorhandene Unterlagen und öffentliche Register und Akten eine recht belastbare Bewertung der tatsächlichen und rechtlichen Situation der Immobilie erarbeiten lassen. 

Selektive und alternative Verpflichtungsmodelle

Eine Haftung vom Insolvenzverwalter direkt wird man nicht erwarten können. Ausnahmefälle, bei denen man ausreichend einschätzen kann, ob ein Risiko für den Insolvenzverwalter beherrschbar ist, bestätigen die Regel. Beispiele sind kleinere Zusagen für Verpflichtungen wie etwa die Räumung der Immobilie zum Besitzübergang oder Ähnliches. Eine weitere Möglichkeit, bestimmte Rechtsthemen doch mit einer Art Haftung abgesichert zu bekommen, sind sogenannte synthetische Garantien im Rahmen einer Warranty-&-Indemnity-Versicherung.

Fazit

Grundstückskäufe sind Vertrauenssache. Wer hier kooperativ mit dem Insolvenzverwalter zusammenwirkt und ihm die Aufgabenerfüllung erleichtert, hat einen strategischen Vorteil und wird bei richtigem Erwartungsmanagement nach dem Kauf der Immobilie nicht böse überrascht werden.

Nicht zu leugnen ist, dass ein diesen Umständen angepasstes Erwerberverhalten etwas aufwendiger und gegebenenfalls kostenintensiver ist. Gleichwohl liegt auf der Hand, dass dieses Geld gut investiert ist, wenn man auf diese Weise eine meist besonders preisgünstige Erwerbsgelegenheit realisiert und zugleich selbst sofort ein realistisches Bild über Chancen und Risiken der erworbenen Immobilie erhält. 

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