Corporate Living – eine Renaissance der Mitarbeiterwohnungen?

Köln, 05.03.2025

Der Markt für Mietwohnungen ist in nahezu allen Ballungsräumen äußerst angespannt. Neben den damit verbundenen unmittelbaren Auswirkungen für die Bestandsmieter und die Wohnungssuchenden, kann dies auch Auswirkungen auf Unternehmen haben, wenn neue Mitarbeiter nicht in der Lage sind, in angemessener Entfernung zum Arbeitsplatz eine bezahlbare Wohnung zu finden. Das betrifft potenziell alle Unternehmen, in denen nicht vollständig remote gearbeitet werden kann beziehungsweise soll.

Diese Gemengelage lässt das Konzept von Mitarbeiter- beziehungsweise Firmenwohnungen durchaus wieder attraktiver werden, nachdem es sich über Jahrzehnte hinweg immer seltener fand. Unternehmen können auf unterschiedlichen Wegen selbst aktiv werden, um die eigenen Mitarbeiter bei der Wohnungssuche zu unterstützen oder sie sogar unmittelbar selbst mit Wohnraum zu versorgen. Einige Möglichkeiten, wie Unternehmen das Vorhaben umsetzen können und so auch als Arbeitgeber noch attraktiver werden, sollen in diesem Beitrag vorgestellt werden. Dabei stehen insbesondere die rechtlichen Aspekte im Immobilienrecht und am Rande des Baurechts (hier insbesondere die Umwandlung von Gewerbe- zu Wohnflächen), die je nach Einzelfall zu überwinden sein können, im Vordergrund. Weitere Aspekte wie arbeits-, steuer- oder gesellschaftsrechtliche Themen sollen hier aus Platzgründen nicht behandelt werden.

Corporate Living und verschiedene Wohnkonzepte

Der hier verwendete Titelbegriff des „Corporate Living“ stellt streng genommen kein Wohnkonzept dar, sondern steht vielmehr für das Engagement eines Unternehmens, sich für seine Mitarbeiter beim Thema Wohnen einzusetzen. Dieses Engagement kann von der bloßen Vermittlung von Wohnraum über temporäre Lösungen während der Wohnungssuche bis hin zur unmittelbaren Vermietung von Wohnraum durch das Unternehmen reichen. Dem Unternehmen bietet sich dadurch zudem die Möglichkeit, Arbeiten, Wohnen und auch Freizeitangebote miteinander zu verknüpfen, um seine Attraktivität als Arbeitgeber zu steigern.

Eine temporäre Lösung, die vor allem für neu zugezogene Arbeitnehmer attraktiv sein kann, ist die Anmietung oder zumindest Bezahlung von sogenannten Serviced Apartments durch den Arbeitgeber. Darunter versteht man voll möblierte, meist auf Selbstversorgung ausgelegte kleine Apartments, die in der Regel erheblich weniger Service bieten als ein Hotel und dadurch günstiger sind als ein Hotelzimmer. Das macht längere Aufenthalte von bis zu sechs Monaten zu einer finanziell attraktiven Möglichkeit, vor Ort in die eigentliche Wohnungssuche einzusteigen.

Alternativ kann der Arbeitgeber auch selbst Wohnungen bauen lassen, kaufen, anmieten oder sich zumindest ein Belegungsrecht sichern, damit er diese Wohnung(en) an seine Arbeitnehmer (unter-)vermieten oder sie über das Belegungsrecht vermitteln kann.

Welche rechtlichen Aspekte sind zu berücksichtigen?

Die rechtlichen Fragestellungen unterscheiden sich naturgemäß voneinander, je nachdem welche der vorstehend genannten Optionen umgesetzt werden sollen. 

Beim Bau neuer Wohnungen oder der Umwandlung von Büro-, Fabrik- oder anderen Gewerbeflächen zu Wohnraum wird in aller Regel eine behördliche Genehmigung erforderlich. Wenn die Flächen dann auch noch in oder unmittelbar neben Gewerbegebieten liegen, um eine größtmögliche Nähe zur Arbeitsstätte zu gewährleisten, werden im Rahmen des Genehmigungsverfahrens auch Imissionsgrenzwerte eine bedeutende Rolle spielen – wenn überhaupt eine Genehmigung erlangt werden kann.

Baurecht

Aktuell besteht ein großes Interesse daran, ungenutzte Büro- oder andere Gewerbeflächen in Wohnraum umzuwandeln. Auch dafür sind zahlreiche rechtliche Vorgaben zu berücksichtigen.

Solche Nutzungsänderungen sind nach den §§ 29 ff. BauGB in Verbindung mit den Landesbauordnungen in aller Regel genehmigungsbedürftig. Es muss sichergestellt werden, dass die umzuwandelnden Flächen sämtliche Anforderungen erfüllen, die an eine Wohnnutzung gestellt werden. So können zum Beispiel die Vorgaben für Sanitäranlagen von denen bei einer Büronutzung abweichen.

Von essenzieller Bedeutung ist auch die Lage des Gebäudes, für das eine Nutzungsänderung beantragt werden soll. Gerade die (womöglich für Industriebetriebe interessante) Umnutzung von Flächen in Industrie- und Gewerbegebieten kann problematisch werden. Welche Nutzungen in welchen Gebieten zulässig sind, ist in der Baunutzungsverordnung (BauNVO) geregelt. Dort ist zum Beispiel für Gewerbegebiete (§ 8) und Industriegebiete (§ 9) geregelt, dass Wohnnutzung grundsätzlich nicht zulässig ist. Hintergrund sind vor allem die dort häufig auftretenden Imissionen. Ausnahmen gelten nur für Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter. Diese Ausnahmevorschrift ermöglicht beispielsweise zumindest klassische Hausmeisterwohnungen auf dem Gelände.

Im Übrigen erlauben die meisten in der BauNVO festgelegten Gebiete eine Wohnnutzung, sodass insoweit keine weiteren Hürden bestehen. Insbesondere sind Wohnungen grundsätzlich in allen Gebieten zulässig, in denen auch eine vorherige Büronutzung zulässig war.

Belegungsrecht

Statt Wohnungen zu bauen oder zu kaufen, kann der Zugriff auf Wohnraum auch über ein Belegungsrecht gesichert werden. Dieses Instrument war beziehungsweise ist vor allem im öffentlich geförderten Wohnungsbau verbreitet.

Unternehmen, die ihren Arbeitnehmern Wohnraum zur Verfügung stellen möchten, können sich solche Belegungsrechte sichern, um ihren Arbeitnehmern den Wohnraum zu vermitteln, das heißt, Vermieter ist nicht das arbeitgebende Unternehmen, sondern der Eigentümer des Objekts. Das entzieht das Mietverhältnis zugleich ein Stück weit der Einflussnahme des Unternehmens, sodass hier die vorherigen Vereinbarungen zwischen dem Unternehmen und dem
Eigentümer von enormer Bedeutung sind.

Solche Belegungsrechte sollten zudem dinglich im Wege einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit gesichert werden.

Vertragsgestaltung

Bei der Vertragsgestaltung gibt es die Möglichkeit, nur einen Vertrag mit dem Arbeitnehmer zu schließen, der dann sowohl Arbeits- und Mietvertrag ist. In diesem Fall spricht man von Werkdienstwohnungen. Alternativ werden Arbeitsvertrag und Mietvertrag (wie sonst auch) getrennt voneinander geschlossen, der Mietvertrag enthält dann aber idealerweise (wenn auch nicht zwingend nötig) den Hinweis, dass die Wohnung „mit Rücksicht auf das Bestehen des Dienstverhältnisses vermietet“ wird, sogenannte Werkmietwohnungen (§ 576 Abs. 1 S. 1 BGB). Diese Differenzierung hat erhebliche Auswirkungen auf die rechtliche Einordnung der rechtlichen Beziehung zwischen Arbeitgeber/Vermieter und Arbeitnehmer/Mieter:

Bei Werkdienstwohnungen wird der Wohnraum unmittelbar im Rahmen des Arbeitsvertrags überlassen. Als Konsequenz besteht hier ein gemischtes Vertragsverhältnis, dessen Schwerpunkt aber arbeitsrechtlich bleibt. Die Überlassung des Wohnraums ist in dieser Konstellation regelmäßig ein Teil der vertraglichen Gegenleistung des Arbeitgebers. Etwaige Rechtsstreitigkeiten, die die Wohnung betreffen, werden deshalb vor dem Arbeitsgericht und nicht – wie sonst bei Wohnraummietverträgen üblich – vor dem Amtsgericht verhandelt. Zudem ist bei Werkdienstwohnungen üblicherweise eine viel engere und unmittelbarere Verbindung zwischen der Wohnung und der Arbeitsstelle beziehungsweise der Tätigkeit vorhanden, zum Beispiel wenn die Wohnung eines Pförtners oder Hausmeisters unmittelbar an der Einfahrt des zu betreuenden Gebäudes liegt.

Der Mietvertrag für eine Werkmietwohnung ist dagegen rechtlich selbstständig vom Arbeitsvertrag. Es handelt sich faktisch um einen regulären Mietvertrag, der lediglich geringfügig modifiziert wird. Die Modifikation besteht primär in der Verknüpfung des Wohnraummietvertrags mit dem Arbeitsvertrag, wobei Letzterer regelmäßig das Hauptmotiv für den Abschluss des Wohnraummietvertrags ist. Daraus resultieren dann weitere Besonderheiten (siehe unten).

Mieterhöhungen

Eine Mieterhöhung ist nur im Wege einer Staffel- oder Indexmietvereinbarung möglich.  Der Wohnraum wird hier im Kontext eines Arbeitsverhältnisses überlassen. Da dieser Zusammenhang eine andere Markt- und Wettbewerbssituation schafft, kommt hingegen eine Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete nicht in Betracht. Es fehlt insoweit schlicht an einer Vergleichbarkeit.

Kündigung

Gemeinsam ist beiden Arten der vorstehend genannten Vertragsgestaltung, dass es erleichterte ordentliche Kündigungsmöglichkeiten für den Vermieter gibt, wenn das Arbeitsverhältnis endet. Nur insoweit enthält das BGB in den §§ 576-576b Sonderregelungen, die der besonderen Zweckbindung des Wohnraums Rechnung tragen. Für außerordentliche Kündigungen gelten keine Besonderheiten.

Für Werkdienstwohnungen bedarf es aufgrund des einheitlichen Vertrags keiner Kündigung
eines Mietverhältnisses. Vielmehr endet die Pflicht des Arbeitgebers zur Überlassung des Wohnraums grundsätzlich mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Das gilt allerdings nur dann, wenn dem Arbeitnehmer eine möblierte Wohnung überlassen wird, die dieser allein bewohnt. Sobald der Arbeitnehmer die Wohnung selbst mit Möbeln bestückt und/oder diese mit seiner Familie bewohnt, gelten dagegen wieder die üblichen Vorschriften zum Mieterschutz (§ 576b BGB). Da aber auch hier der Wohnraum in Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis überlassen wurde, gelten dann auch für Werkdienstwohnungen die Vorschriften über Wertmietwohnungen, sodass sich der Vermieter bei Vorliegen eines berechtigten Interesses (in der Regel ein sogenannter Betriebsbedarf) zumindest auf verkürzte Kündigungsfristen stützen kann.

Die verkürzten Kündigungsfristen für den Vermieter sind in § 576 Abs. 1 BGB für Werkmietwohnungen geregelt. Danach kann der Vermieter – sein berechtigtes Interesse vorausgesetzt – mit einer Frist von drei Monaten kündigen, wenn der Wohnraum dem Mieter für weniger als zehn Jahre überlassen war. § 573c Abs. 1 BGB, wonach sich sonst nach fünf und acht Jahren die Kündigungsfrist um jeweils drei Monate verlängert, gilt nicht. Noch kürzer (einen Monat) wird die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis die Überlassung von Wohnraum erfordert (sogenannte funktionsgebundene Werkmietwohnung). Das könnte beispielsweise der Fall sein, wenn man bei dem oben genannten Beispiel einer Pförtnerwohnung zwei separate Verträge (Arbeits- und Mietvertrag) abgeschlossen hat und es sich deshalb formell nicht um eine Werkdienstwohnung handelt.

Über die verkürzten Kündigungsfristen hinaus kann sich der Vermieter in der Regel auf den sogenannten Betriebsbedarf berufen. Dabei handelt es sich um das zur Kündigung grundsätzlich immer erforderliche berechtigte Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses; das heißt, er macht geltend, dass der bisherige Mieter/Arbeitnehmer aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Wohnräume verlassen soll, damit eine Neubesetzung mit einem neuen Arbeitnehmer möglich ist.

Des Weiteren ist im Falle einer Kündigung einer sogenannten funktionsgebundenen Werkmietwohnung ein Widerspruch des Mieters gegen die Kündigung grundsätzlich ausgeschlossen. Das gilt auch, wenn der Arbeitnehmer das
Arbeitsverhältnis selbst beendet hat oder er durch sein Verhalten Anlass zur Beendigung durch den Arbeitgeber gegeben hat. Bei einer „normalen“ Werkmietwohnung ist ein Mieter-
widerspruch dagegen möglich und der Betriebsbedarf ist wiederum nur ein zu berücksichtigendes Abwägungskriterium.

Fazit

Die vorstehenden Ausführungen zeigen, dass der Teufel im Detail steckt. Die Vertragsgestaltung und der jeweilige konkrete Bezug der Wohnraumüberlassung zum Arbeitsverhältnis beziehungsweise zur Tätigkeit des Arbeitnehmers können erhebliche Auswirkungen auf die Beendigungsmöglichkeiten der Wohnraumüberlassung durch den Vermieter haben.

Gerade diese vereinfachte Beendigung der Wohnraumüberlassung dürfte aber für Unternehmen von großer Bedeutung sein. Schließlich haben sie ein Interesse daran, verfügbare Wohnungen ausschließlich ihren aktuellen Arbeitnehmern zu überlassen. Ohne diese Möglichkeit entfällt der Anreiz, sich überhaupt in diesem Bereich zu engagieren.

An ihre Arbeitnehmer vermietende Unternehmen sollten in der Regel darauf achten, dass – im Falle einer gesondert vereinbarten Miete – eine Wertsicherung (Staffel- oder Indexmiete) vereinbart wird. Um Zweifel auszuschließen, sollte bei einer Werkmietwohnung im Mietvertrag deutlich hervorgehoben werden, dass die Überlassung des Wohnraums in Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis erfolgt. Dies kann später die Beendigung des Mietverhältnisses erleichtern.

Sofern das Arbeitsverhältnis befristet ist, sollte auf einen zeitlichen Gleichlauf von Arbeits- und Mietvertrag (im Falle einer Werkmietwohnung) geachtet werden (§ 575 Abs. 1 Nr. 3 BGB). Dies sollte durch ein konkretes, vertraglich festgehaltenes Enddatum erfolgen. 

Ob sich ein derartiges Engagement lohnt, ist stets eine individuelle unternehmerische Entscheidung. Möglichen Vorteilen steht hier ein gewisser Anschaffungs- und Verwaltungsaufwand entgegen, insbesondere im Falle der Kündigung einer Werkmietwohnung. Gleichwohl kann die Werbung mit Wohnraum in der heutigen Zeit sicherlich Aufmerksamkeit generieren und ein Abgrenzungskriterium gegenüber anderen Arbeitgebern sein.

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