Neue Gesetzeslage: kein gesetzliches Schriftformgebot mehr für Gewerbemietverträge

Köln, 05.03.2025

Zum 1. Januar 2025 sind die für das Mietrecht relevanten Regelungen des sogenannten „Vierten Bürokratieentlastungsgesetzes“ (BEG IV) in Kraft getreten. Sie sollen unter anderem durch Digitalisierung einen Beitrag zum dringend nötigen Bürokratieabbau leisten. Nachdem wir im vergangenen Jahr bereits die damals noch
geplante Gesetzesänderung in unseren Legal Updates vom 16. April 2024 und 7. Oktober 2024 erörtert haben, möchten wir mit diesem Beitrag über die nun seit dem 1. Januar 2025 geltende Rechtslage in Bezug auf die Formvorschriften für gewerbliche Mietverträge informieren, da diese in der Immobilienbranche von
wesentlicher Bedeutung sind. 

Weitere mietrechtlich relevante Gesetzesänderungen – namentlich die Belegeinsicht des Mieters in die Abrechnungsunterlagen und der textförmige Widerspruch des Mieters gegen eine Kündigung – betreffen das Wohnraummietrecht und sollen hier nicht näher behandelt werden.

Die bisherige Rechtslage

Mietverträge bedürfen grundsätzlich keiner bestimmten Form. Sollte ein Mietvertrag aber eine Festlaufzeit von über einem Jahr haben, musste dieser – vor allem aus Gründen des Erwerberschutzes – nach der alten Rechtslage die schriftliche Form gemäß §§ 578 a. F., 550, 126 BGB wahren. Bei Nichteinhaltung war der Vertrag zwar wirksam, galt aber als auf unbestimmte Zeit geschlossen und konnte deshalb unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen jederzeit gekündigt werden, sofern seit Überlassung des Mietgegenstands mindestens ein Jahr vergangen war. Die Tragweite eines Formverstoßes konnte folglich enorme wirtschaftliche Auswirkungen haben. 

Hintergrund für das gesetzlich verankerte Schriftformgebot für Mietverträge gemäß § 550 BGB ist insbesondere der Erwerberschutz, da der Erwerber einer Immobilie nach § 566 BGB automatisch in alle Rechte und Pflichten eines bestehenden Mietvertrags als neuer Vermieter eintritt („Kauf bricht nicht Miete“). Daneben hat die Vorschrift des § 550 BGB aber auch eine Klarstellungs-, Beweis- und Warnfunktion, beispielsweise vor übereilten Vertragsschlüssen mit langer Bindungswirkung.  

Die Schriftform selbst ist in § 126 BGB geregelt und setzt eine Urkunde voraus, die von allen Vertragsparteien unterzeichnet wird. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden erstellt, genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet. Nach der Rechtsprechung zu §§ 550, 126 BGB war es aufgrund der zu wahrenden Urkundeneinheit erforderlich, dass der Mietvertrag alle für den Vertrag wesentlichen Vereinbarungen (vor allem Parteien, Mietgegenstand, Laufzeit, Miethöhe) und die eigenhändige Unterschrift aller Vertragsparteien enthält. Die Konsequenz in der Praxis war, dass Mietvertrag und Anlagen regelmäßig mehrfach ausgedruckt, gebunden und von den Parteien unterzeichnet wurden. Insbesondere im Falle einer Vermietung einer noch in Planung oder Bau befindlichen Projektentwicklung konnte ein Mietvertrag durch Beifügen von Baubeschreibungen und weiteren Anlagen aus mehreren Aktenordnern bestehen. 

Bei Vertragsänderungen war aufgrund des Schriftformgebots gemäß §§ 550, 126 BGB zudem eine hinreichende Bezugnahme auf die bisherigen vertraglichen Vereinbarungen – also den ursprünglichen Mietvertrag und gegebenenfalls bereits abgeschlossene Nachträge – erforderlich.

Neben der Schriftform gemäß § 126 BGB (unterzeichnete Urkunde) war zur Einhaltung der Schriftform nach § 550 BGB auch nach der alten Rechtslage ein Vertragsschluss in digitaler Form möglich, namentlich durch die Nutzung einer sogenannten qualifizierten elektronischen Signatur gemäß §§ 126 Abs. 3, 126a BGB. Von dieser Möglichkeit wurde in der Praxis aber sehr zurückhaltend Gebrauch gemacht.

Die neue Rechtslage seit dem 1. Januar 2025: Textformgebot

Aufgrund des BEG IV wurde nunmehr das gesetzliche Schriftformgebot für gewerbliche Mietverträge ab dem 1. Januar 2025 zu einem Textformgebot reduziert (§§ 578 Abs. 1 Satz 2, 550, 126b BGB). Das erleichtert digitale Vertragsschlüsse erheblich, da die Anforderungen an die Textform deutlich geringer sind. So entfällt etwa die Notwendigkeit des Ausdrucks und der eigenhändigen Unterschrift. Auch das Problem, dass ein Mietvertrag nur noch als Kopie oder Scan auffindbar ist, gehört damit der Vergangenheit an. 

Für gewerbliche Mietverträge, die bis einschließlich 31. Dezember 2024 abgeschlossen wurden, gilt während einer Übergangsfrist bis einschließlich 1. Januar 2026 weiter die bisherige Rechtslage. Eine ordentliche Kündigung ist hier also während der Übergangsfrist möglich, wenn der Mietvertrag nicht der Schriftform genügt. 

Wird jedoch während dieser Übergangsfrist ein Nachtrag zu einem bestehenden Mietvertrag geschlossen, muss dieser Nachtrag selbst grundsätzlich nur der Textform genügen. Darüber hinaus gilt ab Abschluss des Nachtrags die neue Rechtslage für das gesamte Vertragsverhältnis, sodass eine auf einen gesetzlichen Formmangel gestützte ordentliche Kündigung dann nur noch möglich ist, wenn der Mietvertrag auch der Textform nicht genügt.

Ungeklärte Fragen und neue Fallstricke

Die Änderung des gesetzlichen Schriftformgebots zu einem Textformgebot für langfristige Mietverträge führt zu einer Reihe von Fragen.

„Vertrag“ in Textform?

Wörtlich heißt es in § 578 Abs. 1 Satz 2 BGB nun: „§ 550 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass ein Mietvertrag, der für längere Zeit als ein Jahr nicht in Textform geschlossen wird, für unbestimmte Zeit gilt.“ Es ist allerdings noch unklar, wie ein Vertragsschluss für langfristige Gewerbemietverträge in Textform gemäß §§ 578 Abs. 1 Satz 2, 550, 126b BGB aussehen muss. Die gesetzliche Vorschrift des § 126b BGB selbst regelt nur den Fall (einseitiger) Erklärungen in Textform. Solche können zum Beispiel auch per E-Mail oder Messenger-Nachricht abgegeben werden. 

Gesetzliche oder von der Rechtsprechung entwickelte Anforderungen, wie Verträge oder Nachträge in Textform auszusehen haben, gibt es bislang nicht. Trotz entsprechender Hinweise im Gesetzgebungsverfahren zum BEG IV hat der Gesetzgeber diese Frage nicht geklärt. Denkbar ist aufgrund des Wortlauts des § 578 Abs. 1 Satz 2 BGB, wonach „ein Mietvertrag (…) in Textform“ geschlossen werden soll, dass es für die Einhaltung des Textformgebots – etwa aus Erwerberschutzgründen – darauf ankommt, dass sich alle wesentlichen Vertragsinhalte insgesamt aus einer textförmigen Erklärung ergeben müssen. Hiergegen spricht jedoch, dass die gesetzliche Regelung zur Textform nach § 126b BGB im Unterschied zur gesetzlichen Schriftform nach § 126 BGB gerade keine Urkundeneinheit vorsieht und Vertragsschlüsse nach dem BGB generell durch den Austausch wechselseitiger übereinstimmender Erklärungen – Angebot und Annahme – zustande kommen. Gemäß § 126b BGB wäre für diese Erklärungen die Textform zu wahren. Es könnte daher auch ausreichend sein, wenn eine Vertragspartei sämtliche Vertragsinhalte – oder eine Bitte zur Vertragsänderung wie die Erweiterung des Mietgegenstands – per E-Mail erklärt und die andere Partei mit „einverstanden“ antwortet. 

Da der Gesetzgeber – trotz entsprechender Anfragen – die Anforderungen an die Formfrage nicht geklärt hat, bleibt nunmehr nur die Möglichkeit, die entsprechende Entwicklung der Rechtsprechung abzuwarten und bis dahin möglichst umsichtig zu agieren.

Abgabe bindender Erklärungen und Abgrenzung zum Verhandlungsstadium

Auch wenn es bisher schon möglich war, trotz des Schriftformgebots wirksame Erklärungen zu Vertragsänderungen nur mündlich oder in Textform abzugeben – was dann in der Regel einen Schriftformmangel begründete (siehe oben) –, dürfte aufgrund der reduzierten gesetzlichen Formanforderungen nun ein höheres Risiko bestehen, übereilte Erklärungen abzugeben, die Bindungswirkung für einen Vertragsschluss entfalten können. Auch die Abgrenzung zwischen dem Verhandlungsstadium und der Abgabe verbindlicher Erklärungen zum Abschluss oder zur Änderung eines Vertrags wird schwieriger. Bisher konnte im Rahmen der Auslegung von Erklärungen berücksichtigt werden, dass den Parteien (zumindest Immobilienprofis) das Schriftformerfordernis bekannt ist, sodass im Zweifel bei Erklärungen in Textform davon auszugehen war, dass diese gerade noch nicht rechtsverbindlich sein sollten. Da nunmehr die Textform den gesetzlichen Regelfall darstellt, wird dieses Auslegungsargument zumindest deutlich geschwächt. Es ist daher jetzt umso wichtiger, in jeglicher vertragsbezogenen Kommunikation hinreichend deutlich zu machen, ob eine Erklärung bereits ein verbindliches Änderungsangebot darstellt oder noch unverbindlich sein soll. 

Erweiterter Prüfungsumfang in der Due Diligence

Wie bereits aus den vorstehenden Ausführungen hervorgeht, haben die Parteien ihre Abreden bisher in der Regel jedenfalls bei wirtschaftlich bedeutenden Verträgen schriftlich fixiert; dies konnte zumindest bei der Erwerbsprüfung unterstellt und gegebenenfalls durch Garantien abgesichert werden. Gerade bei mehrjährigen Mietverhältnissen, Unternehmen auf Mieter- oder Vermieterseite mit Mitarbeiterwechseln sowie gegebenenfalls mehreren erfolgten Verkäufen und damit einhergehenden Vermieterwechseln dürfte es in der Praxis schwieriger nachvollziehbar sein als bisher, vertragliche Vereinbarungen vollständig zusammenzutragen und vertraglich bindende Erklärungen von Vertragsverhandlungen zu unterscheiden. Da nun sämtliche textliche Kommunikation potenziell geeignet ist, bindende vertragliche Abreden zu treffen, erweitert sich auch das Spektrum an Unterlagen, die gegebenenfalls in einen Datenraum einzustellen und zu prüfen sind. 

Um hier einen überbordenden Prüfungsaufwand zu vermeiden, kann es zum Beispiel hilfreich sein, sich vertraglich das Recht zur Einholung einer Abgeschlossenheitserklärung des Mieters einräumen zu lassen, um die Vollständigkeit des (schriftlich fixierten) Vertragsinhalts seitens des Mieters bestätigen zu lassen.

Umgang mit vorhandenen vertraglichen Schriftformklauseln 

Unklar ist ferner das Schicksal von Schriftformklauseln in Bestandsverträgen. Ist auch hier nach Ablauf der Übergangsfrist „nur“ die Einhaltung der Textform erforderlich oder kann ein Verstoß gegen die vertraglich geregelte Schriftform immer noch dazu führen, dass der Mietvertrag jederzeit ordentlich gekündigt werden kann? Sofern es sich um allgemeine Vertragsbedingungen handelte und/oder eine deklaratorische Klausel, dürfte grundsätzlich nur noch die Einhaltung der Textform nötig sein. In anderen Fällen könnte es jedoch erforderlich sein, weiterhin die Schriftform einzuhalten. Die Abgrenzung dürfte in der Praxis – vor allem für einen Erwerber, der an den ursprünglichen Vertragsverhandlungen nicht beteiligt war – schwierig sein, wenn es sich nicht um offensichtlich vorformulierte Klauseln handelt.

Fazit und Ausblick für die Praxis

Auf den ersten Blick erscheint es positiv, dass die Formanforderungen reduziert werden und nicht mehr zwingend der Ausdruck sämtlicher Vertragsunterlagen sowie eine eigenhändige Unterschrift erforderlich sind. Allerdings darf man auch die damit einhergehenden Herausforderungen nicht unterschätzen. Erst die Praxis und Rechtsprechung der nächsten Jahre wird klären, welche Anforderungen letztlich aufgrund der Gesetzesänderung zu beachten sind.

Daher dürfte es empfehlenswert sein, dass Vermieter und Mieter sich vor Verhandlungen darüber abstimmen, in welcher Form sie einen Vertragsschluss und künftige verbindliche Vertragsänderungen vornehmen möchten (dies kann zum Beispiel bereits beim Abschluss von Absichtserklärungen geschehen). 

Da sich ebenfalls erst in Zukunft zeigen wird, ob beziehungsweise inwieweit die Grundsätze der Rechtsprechung, die zum Schriftformgebot entwickelt wurden, auf das Textformgebot übertragen werden, ist es ratsam, sich vorerst weiter an den (strengen) Grundsätzen zur Schriftform zu orientieren. Die Wahrscheinlichkeit eines Formmangels im Vertrag wird dadurch jedenfalls stark reduziert. 

Bei der Verwendung von (Schrift-)Formklauseln sowie der Vereinbarung von Folgen bei Verstößen in künftigen Verträgen und Nachträgen ist zudem große Sorgfalt erforderlich. Da allgemeine Vertragsbedingungen zu Formvorschriften unwirksam sein dürften, sollten diese – soweit möglich – individuell ausgehandelt werden. Neben der gewillkürten Vereinbarung der Schriftform ist auch eine Konkretisierung der Anforderungen an einen Vertragsschluss in Textform denkbar. Schließlich können die Parteien auch erwägen, die bislang wenig genutzte Möglichkeit des Vertragsschlusses mit qualifizierter elektronischer Signatur zu vereinbaren – frei nach dem Motto: „Wenn schon digital, dann richtig“. 

Newsletter Icon

Keine Neuigkeiten verpassen.

Zur Newsletter-Anmeldung

Hände die etwas in eine Laptop Tastatur eingeben

Einige der von uns gesetzten Cookies dienen dazu, bestimmte Funktionen unserer Webseiten zu ermöglichen, insbesondere zur Steuerung des Cookie-Banners (damit dieses bei Ihren erneuten Besuchen nicht immer wieder angezeigt wird). Diese Cookies enthalten keine personenbezogenen Daten, insbesondere nicht Ihre IP-Adresse. Andere Cookies, die zu Analysezwecken gesetzt werden (siehe hierzu auch den Abschnitt „Web-Analyse-Tools“), helfen uns zu verstehen, wie Besucher mit unseren Webseiten interagieren. Diese Cookies dienen dazu, die Nutzung unserer Webseiten statistisch zu erfassen und zum Zwecke der Optimierung unseres Angebotes auszuwerten. Die Analyse-Cookies werden bis zu 13 Monate gespeichert.

Datenschutzerklärung