Im Dezember ist Hochsaison für betriebliche Weihnachtsfeiern. Sie sind ein Zeichen der Wertschätzung und Anerkennung für die Leistung der Beschäftigten. Sie bieten auch eine gute Gelegenheit, Kolleginnen und Kollegen besser kennen zu lernen, da die Stimmung meist lockerer ist als im Arbeitsalltag. Aber Vorsicht! Alkoholkonsum und ausgelassene Stimmung können zu Übermut führen. Immer wieder beschäftigen sich Arbeitsgerichte mit der Frage, welche arbeitsrechtlichen Sanktionen bei Fehlverhalten auf Weihnachtsfeiern angemessen sind – so auch das Arbeitsgericht Elmshorn am 26. April 2023 (3 Ca 1501 e/22).
Sachverhalt
Der Kläger war seit Oktober 2019 bei der Beklagten als Bodenleger beschäftigt. Anlässlich der betrieblichen Weihnachtsfeier hatte die einzige weibliche Mitarbeiterin des Unternehmens einen Blumenstrauß und eine Flasche Whisky für den Geschäftsführer besorgt und das Geld für alle Kollegen vorgestreckt. Als sie bei der Weihnachtsfeier den Anteil des Klägers einsammeln wollte, machte er in Anwesenheit vier anderer männlicher Kollegen eine eindeutig sexistische und abfällige Bemerkung über seine Kollegin.
Der Geschäftsführer kündigte daraufhin das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich. Der Kläger erhob Kündigungsschutzklage.
Entscheidung
Das Arbeitsgericht Elmshorn hielt die Kündigung für wirksam und wies die Kündigungsschutzklage ab.
In Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wies das Arbeitsgericht zunächst darauf hin, dass eine sexuelle Belästigung einen an sich wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB darstelle, der eine außerordentliche Kündigung rechtfertige. Als sexuelle Belästigung im Sinne des § 3 Abs. 4 AGG gelten danach auch sexuell bestimmte Äußerungen, die die Würde der betroffenen Person verletzen. Mit seiner Äußerung habe der Kläger seine Kollegin einem Objekt gleichgestellt. Es handele sich nicht um eine bloße „Anzüglichkeit“, sondern um eine besonders krasse Form der Herabwürdigung. Denn es gebe kein Verständnis der Äußerung, das nicht frauenfeindlich oder sexistisch sei. Es liege daher sowohl eine sexuelle Belästigung als auch eine grobe Beleidigung durch den Beschwerdeführer vor.
Zudem falle auch die im Rahmen einer außerordentlichen Kündigung stets vorzunehmende Interessenabwägung zu Lasten des Klägers aus. Weder der Rahmen einer Weihnachtsfeier noch die angeblich scherzhafte Reaktion der Mitarbeiterin könnten eine solche Äußerung relativieren. Vielmehr sprächen die fehlende Reue, die Öffentlichkeit der Äußerung und die Schutzwürdigkeit als einzige weibliche Mitarbeiterin des Unternehmens für eine besondere Schwere der Pflichtverletzung.
Hinweise für die Praxis
Die Entscheidung verdeutlicht, was ohnehin selbstverständlich sein sollte: Eine Weihnachtsfeier ist kein Freibrief für Fehlverhalten. Gegen ein rauschendes Fest ist nichts einzuwenden, aber Alkoholkonsum und ausgelassene Stimmung sind niemals eine Entschuldigung für rücksichtsloses Verhalten. Fehlverhalten auf Weihnachtsfeiern kann daher selbstverständlich auch arbeitsrechtliche Konsequenzen haben. Auch wenn die Hauptleistungspflichten in dieser Zeit ruhen, bleiben die arbeitsvertraglichen Nebenpflichten bestehen. Der Arbeitgeber kann daher je nach Schwere des Fehlverhaltens und den Umständen des Einzelfalls eine Abmahnung oder unmittelbar eine (fristlose) Kündigung aussprechen.
Unfall auf der Weihnachtsfeier – was gilt?
Manchmal kommt es bei einer Weihnachtsfeier auch ohne Pflichtverletzung zu einem unglücklichen Vorfall. Zu denken ist beispielsweise an einen Sturz beim ausgelassenen Tanzen. Ist ein solcher Sturz ein Arbeitsunfall? Grundsätzlich greift bei einer Weihnachtsfeier der Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn die Feier vom Arbeitgeber veranstaltet wird, der Förderung der Gemeinschaft dient und alle Beschäftigten daran teilnehmen können. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, sind Unfälle bis zum Ende der Weihnachtsfeier sowie auf dem direkten Hin- und Rückweg versichert. Das Ende der Feier ist anzunehmen, wenn die Weihnachtsfeier ausdrücklich oder durch das Verlassen einer größeren Anzahl von Teilnehmern für beendet erklärt wird.
Die Teilnahme ist immer freiwillig
Doch schon vor der Weihnachtsfeier stellt sich die grundsätzliche Frage, ob man als Beschäftigte bzw. Beschäftigter verpflichtet ist, an der Feier teilzunehmen. Nicht jeder freut sich auf die betriebliche Weihnachtsfeier. Manch einer hat vielleicht keine große Lust, mit den Kolleginnen und Kollegen Glühwein zu trinken oder das Tanzbein zu schwingen.
Die Teilnahme an Weihnachtsfeiern ist freiwillig und kann vom Arbeitgeber nicht im Wege des Direktionsrechts gemäß § 106 GewO angeordnet werden. Wer nicht teilnimmt, hat also keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu befürchten. Findet die Weihnachtsfeier außerhalb der regulären Arbeitszeit statt, handelt es sich um Freizeit und die bzw. der Beschäftigte kann selbst entscheiden, ob er oder sie zu Hause bleibt oder teilnimmt. Findet die Weihnachtsfeier jedoch während der regulären Arbeitszeit statt, darf die bzw. der Beschäftigte nicht einfach Feierabend machen, wenn er oder sie keine Lust hat, an der Feier teilzunehmen.. Stattdessen muss entweder weitergearbeitet oder Urlaub beantragt werden.
Die Ausrichtung ist (grundsätzlich) freiwillig
Eine ähnliche Freiheit wie die Beschäftigten hat umgekehrt auch der Arbeitgeber: Es besteht dem Grunde nach keine Pflicht des Arbeitgebers, betriebliche Weihnachtsfeiern zu veranstalten. Beschäftigte haben regelmäßig keinen Anspruch auf eine Weihnachtsfeier. Etwas anderes kann gelten, wenn eine entsprechende Betriebsvereinbarung besteht oder durch wiederholte Feiern eine betriebliche Übung entstanden ist. In diesen Fällen ist der Arbeitgeber tatsächlich verpflichtet, eine Weihnachtsfeier zu veranstalten.
Gleiches Recht für Alle
Wenn der Arbeitgeber eine Weihnachtsfeier veranstaltet, hat grundsätzlich jede und jeder Beschäftigte das Recht, daran teilzunehmen. Unliebsame Beschäftigte dürfen nicht einfach von der Weihnachtsfeier ausgeladen werden, denn es gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Ausschluss einer oder eines Beschäftigten bedarf daher eines sachlichen Grundes und darf insbesondere nicht willkürlich erfolgen. Zulässig ist beispielsweise der Ausschluss von Beschäftigten, die während der Weihnachtsfeier Bereitschaftsdienst haben.
Fazit
Die betriebliche Weihnachtsfeier bringt neben der Frage nach dem passenden Outfit auch einige arbeitsrechtliche Fragen und Herausforderungen mit sich. Diese sollten sowohl Arbeitgeber als auch Beschäftigte im Blick behalten. Dann steht einer ausgelassenen Weihnachtsfeier – hoffentlich ohne Zwischenfälle – nichts mehr im Wege.