[] Im ersten Quartal 2011 wurden diverse gerichtliche Entscheidungen veröffentlicht, die in Zusammenhang mit der Berechtigung von Preisanpassungen in Gaslieferverträgen zwischen Energieversorger und Kunden stehen. Über sie wird im Folgenden unter I. berichtet. Außerdem sind seitens der Clearingstelle EEG weitere Verfahren eingeleitet. Dazu und zu den aus dem Europarechtsanpassungsgesetz Erneuerbare Energien (EAG EE) resultierenden Änderungen des EEG 2009 sind unter II. nähere Informationen zusammengefasst.
I. Rechtsprechung Gaspreisanpassung
1. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Dezember 2010 – VI-W (Kart) 8/10
Wie zuvor schon das OLG Frankfurt, Beschluss vom 16. Dezember 2010, 11 AR 3/10, das OLG Celle mit Beschluss vom 1. Oktober 2010, 13 AR 5/10 und das OLG Oldenburg, mit Beschluss vom 3. November 2011, 5 AR 35/10, geht auch das OLG Düsseldorf davon aus, dass es in Streitigkeiten über die Billigkeit von Versorgungsentgelten keine Spezialzuständigkeit der Landgerichte gibt, weil es sich letztlich dabei um nichts anderes als Ansprüche aus einem Kaufvertrag handelt. Aus § 102 I EnWG ergebe sich anderes.
2. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 9. November 2010 – 11 U 4/10
Bei der Beurteilung eines Kunden als Tarif- oder als Sondervertragskunde stellt das OLG Frankfurt am Main (ebenso zuvor das OLG Koblenz, Urteil vom 17. Juni 2010) auf die Ausgestaltung der vom Kunden unterzeichneten Anträge bei Vertragsabschluss und die dem Kunden nach Vertragsabschluss zugegangenen Bestätigungsschreiben ab. Enthalten diese einen Hinweis auf die AVBGasV,dass der Versorger lediglich seiner Versorgungspflicht nachkommen will, sind die Kunden als Tarifkunden zu beurteilen. Dies gilt auch dann, wenn bei der Bezeichnung des abgerechneten Tarifs in den Preisblättern von einem Sondervertragspreis die Rede ist. In diesem Verfahren war dies von Relevanz, weil davon die Beurteilung einzelner Gaspreiserhöhungen unter Billigkeitsgesichtspunkten abhing.
3. BGH und OLG Oldenburg
Die unveränderte Übernahme des Preisänderungsrechtes nach § 4 I und II AVBGasV in einen Gasliefersondervertrag veranlassten das OLG Oldenburg und den BGH in ein und demselben Verfahren zu Vorlagen an den EuGH. Das Oberlandesgericht erbittet vom EuGH die Beantwortung folgender Fragestellungen:
(1) Ist die Klauselrichtlinie 93/13/EWG auf Regelungen einer Rechtsverordnung auch dann anzuwenden, wenn die Regelungen als AGB in einen Vertrag einbezogen wurden, für den die Verordnung an sich nicht erlassen worden ist?
(2) Ist es mit den Transparenzgeboten der Klauselrichtlinie und der Gasmarktrichtlinie 2003/55/EG vereinbar, wenn ein Preisänderungsrechtdurch „pauschale Verweisung" auf eine insoweit intransparente Verordnung geschaffen wird?
Der BGH schloss sich der o. g. Frage (1) in etwa an und fragte ferner, ob
(3) den Transparenzgeboten der Klauselrichtlinie und der Gasmarktrichtlinie Genüge getan ist, wenn die Preisänderungsklausel zumindest sicherstellt, dass den Kunden die Preisänderung mit angemessener Frist im voraus mitgeteilt und den Kunden anlässlich der Preisänderung ein Sonderkündigungsrecht eingeräumt wird?
Nach alledem könnte der EuGH die gerade erst vom BGH geschaffene Rechtssicherheit (die bei einem Verweis auf AVB bzw. Strom-/GasGVV eine Preisanpassung als zulässig ansieht) wieder aufheben. Es bleibt abzuwarten, wie das Verfahren nun seinen Fortgang nimmt, und vor allen Dingen, wie schnell. Jedenfalls steht für Sonderverträge damit aber auch fest, dass Preisanpassungsklauseln mit dem Verweis auf AVB bzw. GVV nicht als rechtssicher angesehen werden können.
II . EEG 2009
1. Empfehlungsverfahren 2011/1 „Netzverknüpfungspunkt gemäß § 5 Abs. 1 EEG 2009“
Ich hatte in meinen Newsletter vom 25. Februar 2011 bereits darüber berichtet, dass von der Clearingstelle EEG am 18. Januar 2011 ein Empfehlungsverfahren zu diesem Thema eingeleitet worden war. Das Verfahren ist bisher nicht abgeschlossen. Zwischenzeitlich liegen aber die Stellungnahmen der zugelassenen Verfahrensbeteiligten vor. Bei Interesse können Sie auf der Internetseite der Clearingstelle EEG unter www.clearingstelle-eeg.de/print/1249 nachgelesen werden.
2. Hinweisverfahren 2011/6 „Nachweisfrist der SDLWINDV bei Bestandsanlagen“
Die Clearingstelle EEG hat zum 31. März 2011 ein Hinweisverfahren zu folgenden Fragen eingeleitet:
„Müssen Betreiberinnen und Betreiber von Windenergie-Bestandsanlagen (Inbetriebnahme zwischen dem 31. Dezember 2001 und dem 1. Januar 2009) die Einhaltung der Anforderungen des § 5 i. V. m. Anlage 3 SDLWindV zum Erhalt des Bonus gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 6 EEG 2009 gegenüber dem Netzbetreiber vor dem 1. Januar 2011 nachgewiesen haben? Falls nicht: Bis zu welchem Zeitpunkt muss die Anlagenbetreiberin bzw. der Anlagenbetreiber dem Netzbetreiber den Nachweis spätestens erbracht haben?"
Hier besteht zunächst Gelegenheit zur Stellungnahme für die nach Verfahrensordnung vorgesehenen Interessengruppen und öffentlichen Stellen bis zum 2. Mai 2011.
3. „Eigenverbrauch gemäß § 33 Abs. 2 EEG 2009“
Bereits zuvor, und zwar am 11. Februar 2011, war von der Clearingstelle ein Empfehlungsverfahren zum Thema „Eigenverbrauch gemäß § 33 Abs. 2 EEG 2009" eingeleitet worden. In diesem Empfehlungsverfahren lief die Frist zur Abgabe von Stellungnahmen bis zum 4. April 2011. Insoweit verweise auf den beigefügten Newsletter. Die vorliegenden Stellungnahmen können auf der Internetseite der Clearingstelle www.clearingstelle-eeg.de bei Interesse abgerufen werden.
4. Europarechtsanpassungsgesetz erneuerbare Energien (EAG EE)
Am 15. April 2011 ist im Bundesgesetzblatt I S. 619 das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2009/28/EG zur Förderung der Nutzung von Energie aus Erneuerbaren Quellen (Europarechtsanpassungsgesetz Erneuerbare Energien – EAG EE) veröffentlicht worden. Danach treten im EEG 2009 zum 1. Mai 2011 insbesondere folgende Änderungen in Kraft:
Die elektronische Ausstellung, Übertragung und Entwertung von Herkunftsnachweisen für Strom aus Erneuerbaren Energien wird ermöglicht. Zu diesem Zwecke schafft das EAG EE die Grundlagen für die Einrichtung eines elektronischen Registers für Herkunftsnachweise. Die Herkunftsnachweise werden künftig nicht mehr von Umweltgutachtern, sondern vom Umweltbundesamt (UBA) ausgestellt. Das UBA ist auch für die Anerkennung, Übertragung und Entwertung der Nachweise zuständig. Das EEG enthält neu nun auch eine Verordnungsermächtigung zur weiteren Ausgestaltung des dahingehenden Verfahrens. Netzbetreiber werden verpflichtet, Einspeisewilligen Zeitpläne für die Bearbeitung von Anschlussbegehren und für die Herstellung des Netzanschlusses zu übermitteln sowie Informationen zur Ermittlung des Netzverknüpfungspunktes und einen Voranschlag über die dem Anlagenbetreiber durch den Netzanschluss entstehenden Kosten zu erteilen. Um u. a. die Einführung von sozialen Nachhaltigkeitskriterien und Vertrauensschutzregelungen in der Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung BioSt-NachV zu ermöglichen, wird die Verordnungsermächtigung für die BioSt-NachV neu gefasst und erweitert. Wie wiederholt angekündigt, ändert sich auch die Degression bei Photovoltaikanlagen. Ferner wird das sog. Grünstromprivileg auf 2 ct/kWh begrenzt.
Nähere Informationen dazu sowie eine Arbeitsfassung der ab 1. Mai 2011 aktuellen Fassung des EEG 2009 finden sich unter www.clearingstelle-eeg-kwkg.de, worauf verwiesen werden darf.