Notarielle Form beim Grundstückskauf – Obacht bei Nebenabreden und geheimen Absichten

Köln, 06.08.2024

In einer aktuellen Entscheidung (Urt. v. 15.3.2024 – V ZR 115/22, NZM 2024,  513) hat der Bundesgerichtshof sich erneut mit einem Fall der sogenannten Schwarzgeldabrede beim Grundstückskauf auseinandergesetzt. Eigentlich gehört diese Fallgestaltung und ihre korrekte juristische Lösung zum Standrepertoire eines jeden Jura-Studenten. Dennoch bietet die jetzige Entscheidung Anlass, sich über die Auswirkungen von Nebenabreden, subjektiven Absichten und atypischen Abwicklungshandlungen Gedanken zu machen. 

Der Grundfall der Schwarzgeldabrede

Im Falle einer sogenannten Schwarzgeldabrede wird entweder ein niedriger Kaufpreis oder ein höherer Kaufpreis im notariellen Kaufvertrag genannt, als er in Wahrheit zwischen den Parteien vereinbart ist. Wird der Kaufpreis im notariellen Kaufvertrag niedriger angegeben, geschieht dies meist zwecks Ersparnis von Steuern und Gebühren. Es mag aber auch Fälle der Beurkundung eines höheren Kaufpreises geben, um bestimmte Marktverhältnisse zu beeinflussen, etwa beim Werben um Investitionen oder beim Verhandeln von Finanzierungen. 

In der Regel sind derartige Kaufverträge unwirksam: Das beurkundete Geschäft ist in Wahrheit gar nicht gewollt, das in Wahrheit gewollte Geschäft ist hingegen nicht in der vorgeschriebenen Form abgeschlossen worden. Der vorerwähnte Formmangel kann aber geheilt, d.h. unbeachtlich werden, wenn der Käufer als Eigentümer im Grundbuch eingetragen wird.

Der aktuelle Fall des Bundesgerichtshofs

Wie eingangs erwähnt, ist die Fallgestaltung der Schwarzgeldabrede keine juristische Besonderheit mehr. Im aktuellen Fall war aber das Eigentum bereits auf den Käufer übergegangen und der Bundesgerichtshof ging u.a. der Frage nach, ob der Käufer das Eigentum wieder zurück zu gewähren hätte.

Dies ist zwar bereits deswegen nahezu ausgeschlossen, weil das Erfüllungsgeschäft – die Übertragung des Eigentums – nach deutschem Recht vom zugrundeliegenden Verpflichtungsgeschäft – dem Kaufvertrag – grundsätzlich unabhängig ist (Abstraktionsprinzip). Der Bundesgerichtshof entschied in dem Urteil aber ebenfalls, dass auch kein Ausnahmefall vorliege, bei dem die Eigentumsumschreibung durch die rechtliche Missbilligung des Grundgeschäfts gleichsam „infiziert“ würde. 

Unter anderem prüfte der Bundesgerichtshof dabei die Frage, ob die Beweggründe des Käufers, rechtswidrig zu wenig Grunderwerbsteuer zu zahlen (i.e. teilweise Steuern zu hinterziehen), dazu führen sollten, dass der Käufer auch das Eigentum am erworbenen Grundbesitz wieder verliert.

Die Frage stellt sich durchaus bei einem Vergleich mit den Verbotsnormen hinsichtlich der sogenannten Schwarzarbeit. Denn dort soll den jeweiligen Parteien durch die Sanktion der Vertragsnichtigkeit die Motivation zum Abschluss derartiger missbilligter Geschäfte insgesamt genommen werden.

Dies gilt nach der Ansicht des Bundesgerichtshofs für die Schwarzgeldabrede beim Grundstückskauf aber nicht in gleichem Maße. Denn die rechtliche Missbilligung bezieht sich in solchen Fällen lediglich auf das Verpflichtungsgeschäft, den Kaufvertrag an sich. Ein Zurückdrehen der Eigentumsverhältnisse, die ja schon prinzipiell getrennt hiervon zu betrachten sind, ist zum Schutz der Rechtsordnung nicht erforderlich. Anders soll dies ausnahmsweise nur sein, wenn das illegale Ziel die einzige Motivation für den Abschluss des Rechtsgeschäfts war. Das ist bei Grundstücksverkäufen aber regelmäßig nicht der Fall. 

Nebenabreden, Vorbehalte & Co.

Die hier in Bezug genommene Entscheidung des Bundesgerichtshofs bietet vor allem Anlass, noch einmal die Auswirkungen von Nebenabreden und inneren Vorbehalten zu beleuchten. Denn nicht immer mag es so sein, dass die Prüfung der Nebenabrede die Heilungsmöglichkeit des Grundgeschäfts und den Fortbestand des Erfüllungsgeschäfts bestätigt.

Per Gesetz ist der Notar verpflichtet, den (wahren) Willen der Beteiligten zu erforschen und über etwaige Einigungslücken aufzuklären. Bestehen geheime Vorbehalte oder Nebenabreden hinsichtlich Wirksamkeit und/oder des Inhalts des Rechtsgeschäfts, können entsprechende Nachfragen des Notars durchaus unangenehm werden. Je nach Lage des Falls führen sie dann zum Scheitern einer Beurkundung. Und selbst wenn Umstände wie nicht offengelegte Nebenabreden dank schauspielerischer Leistungen einer oder beider Vertragsparteien zunächst nicht entdeckt werden, bedeutet dies nicht, dass die Parteien damit aus dem Schneider sind.    

Im konkreten Fall war es nämlich sogar so, dass der Verkäufer sich im Nachhinein wegen einer Mitwirkung an einer Steuerverkürzung selbst angezeigt und damit natürlich auch den Käufer belastet hatte. Aus diesem Grund kam es zu der besonderen vorliegenden Konstellation und der Frage, ob der Käufer ggf. das Eigentum zurück zu gewähren hätte.

Neben der Selbstverständlichkeit, dass man sich ohnehin stets legal verhalten sollte, zeigt dieser Fall daher noch einmal besonders plastisch auf, dass Nebenabreden – aus welchen Gründen auch immer – später doch entdeckt und zu nicht gewünschten Folgen führen können. Der besondere Erkenntniswert ist hier, dass dies für große, aber eben auch für vermeintlich „kleine“, vermeintlich harmlose Vorbehalte gleichermaßen gilt.

Längst nicht in allen Fällen müssen Vorbehalte oder Nebenabreden Ausdruck einer missbilligenswerten Absicht sein. Das tückische ist aber in den missbilligten wie auch den vermeintlich harmloseren Konstellationen, dass man das Risiko einer Aufdeckung der wahren Absichten und der Folgen hieraus vorab kaum überschauen kann. Je nach verletzter bzw. nicht eingehaltener (Schutz-)Vorschrift kann u.a. eine Gesamtnichtigkeit aller oder eine Nichtigkeit einzelner Rechtsgeschäfte sowie auch eine strafrechtliche Verfolgung drohen. Auch dies ist ein starkes Argument dafür, sich unter Zuhilfenahme professioneller Beratung am besten von Beginn an auf dem Boden der Rechtsordnung zu bewegen.

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