Verpflichtende Installation einer Photovoltaikanlage über neu hergestellten Parkplätzen auf Gewerbeflächen – ein Überblick über die gesetzliche Neuregelung des § 8 Abs. 2 LBauO NRW

Köln, 08.03.2022

Beitragsbild_Immo Newsletter_04Zum 1. Januar 2022 ist in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg eine Pflicht in Kraft getreten, über neu herzustellenden Parkplätzen auf gewerblich genutzten Flächen eine Photovoltaikanlage zu installieren (im Folgenden kurz „PV-Anlagen-Pflicht“). Bereits beschlossen wurde die PV-Anlagen-Pflicht überdies in Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz. In den zuletzt genannten Ländern sollen die Neuerungen allerdings erst ab 1. Januar 2023 gelten. 

Die Gesetzesnovellierungen dienen übereinstimmend dem Ziel, das Nutzungspotenzial gewerblicher Parkflächen umfassender als bislang auszuschöpfen und dadurch den notwendigen Ausbau von Photovoltaikanlagen voranzutreiben. 

In diesem Beitrag widmen wir uns der Frage, welche Parkflächen nach der nordrhein-westfälischen Regelung des § 8 Abs. 2 LBauO NRW seit diesem Jahr mit Photovoltaikanlagen auszustatten sind. In Baden-Württemberg gilt mit § 8b KlimaschutzG BW eine im Wesentlichen inhaltsgleiche Regelung; die nachfolgenden Ausführungen sind daher auf die baden-württembergische Vorschrift weitgehend übertragbar.

Die Neuregelung im Wortlaut

Kernstück der Vorschrift zur PV-Anlagen-Pflicht gemäß § 8 Abs. 2 LBauO NRW bildet deren Satz 1, welcher wie folgt lautet:

„Beim Neubau eines für eine Solarnutzung geeigneten offenen Parkplatzes, welcher einem Nicht-Wohngebäude dient, mit mehr als 35 Stellplätzen für Kraftfahrzeuge ist über der für eine Solarnutzung geeigneten Stellplatzfläche eine Photovoltaikanlage zu installieren, wenn der Antrag auf Baugenehmigung ab dem 1. Januar 2022 bei der unteren Bauaufsichtsbehörde eingeht.“

Sachlicher und zeitlicher Anwendungsbereich

Die PV-Anlagen-Pflicht gilt beim Neubau offener Parkplätze, die einem Nicht-Wohngebäude dienen und über mehr als 35 Stellplätze verfügen. Damit werden durch die Vorschrift vor allem Parkplätze gewerblicher Betriebe adressiert (zum Beispiel Firmen- oder Kaufhausparkplätze). 

Ein Parkplatz unterliegt zudem nur dann der PV-Anlagen-Pflicht, wenn der Baugenehmigungsantrag zur Errichtung des Parkplatzes ab dem 1. Januar 2022 bei der zuständigen Genehmigungsbehörde eingegangen ist. Damit genießen in Planung befindliche Parkplätze, deren Baugenehmigungsverfahren zu diesem Stichtag bereits liefen, Vertrauensschutz. Die PV-Anlagen-Pflicht besteht in diesen Fällen somit nicht.

Nur bei Neubau

Weiter gilt die PV-Anlagen-Pflicht ausschließlich für den Neubau von für die Solarnutzung geeigneten offenen Parkflächen. Daraus folgt zum einen, dass keine Nachrüstungspflicht hinsichtlich bereits bestehender Parkplätze besteht. Zum anderen wird die PV-Anlagen-Pflicht auch nicht durch genehmigungspflichtige bauliche Veränderungen an einem bestehenden Parkplatz ausgelöst. Dies hat der nordrhein-westfälische Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung nochmals bekräftigt, in der es heißt, dass alleinig der Neubau von für eine Solarnutzung geeigneter offener Parkplätze“ von § 8 Abs. 2 LBauO NRW erfasst wird (LT-Drs. 17/12033, S. 96).

Parkhäuser voraussichtlich nicht erfasst

Nicht abschließend geklärt ist indessen, ob auch Parkhäuser von der PV-Anlagen-Pflicht erfasst werden. Fraglich ist insoweit, ob § 8 Abs. 2 LBauO NRW Vorhabenträger dazu verpflichtet, das oberste Parkdeck eines Parkhauses mit Photovoltaikanlagen auszustatten. Hiergegen sprechen allerdings gute Gründe:

So gilt § 8 Abs. 2 LBauO NRW seinem Wortlaut nach nur für „offene Parkplätze“, was nach allgemeinem Sprachverständnis etwas anderes ist als ein Parkhaus. Außerdem soll die Vorschrift nach der Gesetzesbegründung der effizienten Nutzung von oftmals großflächigen versiegelten Parkplätzen durch die Aufnahme von Photovoltaikanlagen dienen. Die Nachteile der an sich unerwünschten Versiegelung sollen durch die Errichtung von aufgeständerten Photovoltaikanlagen abgemildert werden. Damit sind weitläufige, ebenerdige Parkplätze angesprochen, nicht jedoch Parkhäuser, deren Errichtung zumeist deutlich weniger flächenintensiv ist. 

Ausnahmen und Befreiungen

Die PV-Anlagen-Pflicht gilt nicht ausnahmslos. So besteht keine Pflicht, wenn die Errichtung der Solaranlage der Erfüllung anderer öffentlich-rechtlicher Pflichten widerspricht (§ 8 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 LBauO NRW). Dies ist nach der Gesetzesbegründung etwa dann der Fall, wenn die Solaranlage die Regenwasserbewirtschaftung erschweren würde. Außerdem kann die Bauaufsichtsbehörde aus städtebaulichen Gründen oder wegen wirtschaftlicher Unzumutbarkeit Ausnahmen und Befreiungen erteilen (§ 8 Abs. 2 S. 4 LBauO NRW).

Praktische Umsetzung

Bei Vorliegen der Voraussetzungen der PV-Anlagen-Pflicht ist eine Photovoltaikanlage „über“ der für eine Solarnutzung geeigneten Stellplatzfläche zu installieren. Umgesetzt werden kann die PV-Anlagen-Pflicht danach durch Errichtung einer aufgeständerten Photovoltaikanlage, die zugleich als verschattender Unterstand für die geparkten Fahrzeuge dient.

Weitere Einzelheiten der Umsetzung (zum Beispiel Mindestanforderungen an die Beschaffenheit einer geeigneten offenen Parkplatzfläche, Voraussetzungen wirtschaftlicher Unzumutbarkeit) sollen durch eine gesonderte Rechtsverordnung geregelt werden. Der Erlass einer solchen Verordnung seitens der Landesregierung NRW steht aktuell noch aus.

Fazit

Die Einführung der PV-Anlagen-Pflicht für neue Parkplätze auf Gewerbeflächen ist als weiteres gesetzliches „Mosaikstück“ zur Erreichung der Klimaziele der Länder grundsätzlich zu begrüßen. Sollte sie sich bewähren, steht zu erwarten, dass weitere Bundesländer nachziehen und entsprechende Regelungen in ihre Bauordnungen oder Klimaschutzgesetze aufnehmen.

Nichtsdestotrotz kann die PV-Anlagen-Pflicht für gewerbliche Vorhabenträger ein beträchtliches Hindernis bei Vorhabenplanung und -realisierung bedeuten. Daher ist es ratsam, sich frühzeitig mit der Frage zu befassen, ob bzw. wie eine Solaranlage auf der Parkfläche errichtet werden kann sowie ggf. zu prüfen, ob die Beantragung einer Ausnahme oder Befreiung in Betracht kommt.

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