Bring Your Own Device – Risiken für den Arbeitgeber

Hamburg, 08.06.2021

BYODAufgrund der Pandemiesituation und der vom BMAS erlassenen Corona-ArbSchV sahen sich viele Unternehmen in den vergangenen Wochen und Monaten vor die große Herausforderung gestellt, ihren Mitarbeitern die Arbeit im Homeoffice zu ermöglichen. Dabei stellte sich insbesondere das Problem, die hierfür erforderliche Hardware kurzfristig zu beschaffen. Nicht wenige Unternehmen haben hierfür auf das Modell „BYOD“ (Bring Your Own Device) zurückgriffen, also den Einsatz privater Gegenstände des Arbeitnehmers als Arbeitsmittel.

Grundsatz: Pflicht des Arbeitgebers zur Bereitstellung der Betriebsmittel

Grundsätzlich ist der Arbeitnehmer nur zur Erbringung der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung verpflichtet und es ist Sache des Arbeitgebers, die hierfür erforderlichen Arbeitsmittel zur Verfügung zu stellen (vgl. BAG, v. 12.03.2013 – 9 AZR 455/11). Abweichend hiervon können die Arbeitsvertragsparteien vereinbaren, dass der Arbeitnehmer verpflichtet bzw. berechtigt ist, private Gegenstände, wie etwa den privaten Laptop, das private Smartphone oder auch die Wohnung, als Arbeitsmittel einzusetzen. Die Vorteile liegen auf der Hand. Neben einer erhöhten Flexibilität und Abrufbarkeit, ist BYOD in der Regel auch mit einer Kostenersparnis für den Arbeitgeber verbunden, weil er nicht in neue Geräte investieren muss. Diesen Vorteilen stehen eine Reihe von schwierigen rechtlichen Fragen gegenüber, die für den Arbeitgeber nicht unerhebliche Haftungsrisiken mit sich bringen.

Aufwendungsersatzanspruch des Arbeitnehmers

Dem Arbeitnehmer steht für den Einsatz der privaten Arbeitsmittel für betriebliche Zwecke ein Aufwendungsersatzanspruch in entsprechender Anwendung des § 670 BGB zu. Danach kann der Arbeitnehmer den Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er im Interesse des Arbeitgebers getätigt hat und die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Dabei ist es nicht immer einfach, die Höhe der zu ersetzenden Aufwendungen zu bestimmen, weil der Wertverlust des eingesetzten Laptops, des Smartphones oder der Mietwohnung nicht greifbar ist. Die Praxis behilft sich durch die Verwendung von Pauschalen oder orientiert sich an den steuerrechtlichen Vorgaben.

Verschlechtert sich der Zustand einer eingesetzten Sache oder wird sie während der betrieblichen Nutzung zerstört kann dem Arbeitnehmer auch ein Anspruch auf Beseitigung des Schadens bzw. Auf Ersatz zustehen. Dies ist sogar der Fall, wenn die Verschlechterung der Sache durch ein Verschulden des Arbeitnehmers eingetreten ist. Das Verschulden schließt den Ersatzanspruch nicht aus, sondern ist allenfalls als Mitverschulden anspruchsmindern zu berücksichtigen. Dabei kommen dem Arbeitnehmer die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung zugute, es ist also – vereinfacht ausgedrückt -, eine Schadensteilung unter Berücksichtigung des Verschuldens des Arbeitnehmers vorzunehmen (BAG, v. 23.11.2006 – 8 AZR 701/05). Dies führt häufig dazu, dass der Arbeitgeber den Schaden alleine zu tragen hat. 

Um diesen Risiken vorzubeugen kann der Arbeitgeber versuchen, den Aufwendungsersatzanspruch vertraglich abzubedingen oder die Aufwendungen pauschal abzugelten. In diesen Fällen ist der Ersatzanspruch ausgeschlossen (BAG, v. 14.10.2003 – 9 AZR 657/02). Nach der Rechtsprechung ist der Anspruch zudem ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer die Aufwendungen zumindest auch im eigenen Interesse tätigt. Dies ist etwa der Fall, wenn der Arbeitnehmer die privaten Gegenstände und seine Wohnung für betriebliche Zwecke einsetzt, obwohl im Betrieb ein voll eingerichteter Arbeitsplatz vorgehalten wird und die Wahl des Arbeitsortes dem Arbeitnehmer überlassen ist (BAG, v. 16.10.2007 - 9 AZR 170/07).

Arbeitsschutz 

Arbeitsschutzrechtlich stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber auch im Rahmen von BYOD die konkreten Vorgaben der ArbStättVO zu beachten hat. Diese Frage richtet sich danach, ob ein Telearbeitsplatz im Sinne von § 2 Abs. 7 ArbStättVO auch dann gegeben ist, wenn nicht ausschließlich betriebliche Arbeitsmittel verwendet werden. 
Teilweise wird dies abgelehnt, weil der Wortlaut des § 2 Abs. 7 ArbStättVO vorsieht, dass die für den Telearbeitsplatz erforderlichen Arbeitsmittel vollständig vom Arbeitgeber gestellt und installiert sein müssen. Nach anderer Auffassung soll die ArbStättVO dagegen anwendbar sein, weil die zugrundeliegende EU-Bildschirmrichtlinie 90/270/EWG das Vorliegen eines Telearbeitsplatzes nicht an die Herkunft der Arbeitsmittel knüpft. Für eine Entscheidung dieser Rechtsfrage bleibt eine Klärung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung oder eine Klarstellung durch den Gesetzgeber abzuwarten. Für die Praxis ist zu beachten, dass auch im Homeoffice die allgemeinen arbeitsschutzrechtlichen Pflichten des ArbSchG und des § 618 Abs. 1 BGB einzuhalten sind.

Arbeitszeitrecht

Auch arbeitszeitrechtlich stellen sich beim Einsatz privater Arbeitsmittel verschiedene rechtliche Probleme. So ist der Arbeitgeber etwa für die Einhaltung einer ununterbrochenen Ruhezeit von elf Stunden (§ 5 ArbZG) verantwortlich. Umstritten ist, ob der Arbeitgeber nach Beendigung der eigentlichen Arbeitszeit verpflichtet ist, die ständige Erreichbarkeit des Arbeitnehmers oder das freiwillige Lesen und Beantworten dienstlicher E-Mails über die privaten Arbeitsmittel zu unterbinden, weil nur auf diese Weise eine ununterbrochene Ruhezeit gewährleistet ist. Eine klare Auffassung hat sich in der Literatur noch nicht herausgebildet, so dass auch insoweit ein Tätigwerden des Gesetzgebers oder eine Klärung durch die Rechtsprechung erforderlich ist.

Datenschutz, Lizenzen und Gebühren

Besonders sensible Probleme stellen sich hinsichtlich der datenschutzrechtlichen Pflichten. Ohne besondere Vorkehrungen besteht die Gefahr, dass Privat- und Betriebsdaten nicht ausreichend voneinander getrennt werden und eine unkontrollierte Speicherung oder Vervielfältigung der Daten erfolgt. Obwohl der Arbeitgeber diesen Risiken weitgehend durch eine technisch vermittelte physische Trennung der Daten, etwa unter Verwendung einer „Container-App“, eines „VPN Tunnel“ oder einer „Citrix-Umgebung“ vorbeugen kann, stehen die zuständigen Behörden einer Nutzung von privaten Endgeräten skeptisch gegenüber.

Zu beachten ist zudem, dass private Endgeräte häufig ein Einfallstor für gefährliche Schadsoftware darstellen, weil nicht vertrauenswürdige Apps verwendet oder installierte Programme nicht aktualisiert werden. Ein dezidiertes IT-Sicherheitskonzept ist daher unabdingbar. Auch die Verwendung von Software-Lizenzen kann ein Haftungsrisiko begründen. Dies ist etwa der Fall, weil die Verwendung der betrieblichen Software auf eine bestimmte Anzahl an Geräten beschränkt oder die gewerbliche Nutzung der auf den privaten Endgeräten installierten (Büro-)Software ausgeschlossen ist. Eine Haftung für den Arbeitgeber kann sich hier wegen der Verletzung von Urheberrechten aus § 99 UrhG ergeben.

Mitbestimmung

Der Einsatz privater Arbeitsmittel unterliegt nicht zuletzt der Mitbestimmung des Betriebsrats und bedarf daher regelmäßig einer Betriebsvereinbarung. Zu nennen sind insbesondere die Tatbestände der zwingenden Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG (Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen), § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG (Ordnung des Betriebs bei Vorgaben zum Nutzungsverhalten) und § 87 Abs. 1 Nr. 2, 3 BetrVG (Arbeitszeit). 

Ausblick

Viele der aufgezeigten Problemfelder sind nicht neu, aber aufgrund des Zögerns des Gesetzgebers weiterhin aktuell. Mit Blick auf die rechtliche Ungewissheit ist Arbeitgebern zu raten, BYOD – Modelle nur zurückhaltend einzusetzen, sich vorab aber jedenfalls umfassend über die bestehenden finanziellen Risiken und etwaige Gestaltungsmöglichkeiten zu informieren. Grundlegend hierfür ist der Erlass detaillierter BYOD - Richtlinien. 

Zugleich sollte die aktuelle Rechtsprechung und Gesetzgebung im Auge behalten werden. Aktuell ist etwa der Entwurf des BMAS über ein Gesetz zur mobilen Arbeit („MAG“) vom 14.01.2021 zu beachten, womit der Gesetzgeber einen rechtlichen Rahmen für mobile Arbeit schaffen will, die außerhalb der Betriebsstätte und unabhängig davon erfolgt, ob betriebliche oder private Arbeitsmittel eingesetzt werden. Der MAG-Entwurf sieht etwa vor, dass der Arbeitgeber bei mobiler Arbeit / Homeoffice verpflichtet sein soll, die Regelungen des Arbeitsschutzes einzuhalten, insbesondere Gefährdungsbeurteilungen durchzuführen, die erforderlichen Arbeitsschutzmaßnahmen festzulegen und zu dokumentieren. Zudem soll der Arbeitgeber verpflichtet werden, die Arbeitszeit mobil arbeitender Arbeitnehmer über die bisherigen Pflichten hinaus aufzuzeichnen.

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