[] Die Verurteilung zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe ist geeignet, die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses auch dann zu rechtfertigen, wenn die der strafgerichtlichen Verurteilung zugrunde liegende Tat keinen Bezug zum Arbeitsverhältnis hat.
Sachverhalt
Der Kläger war bereits seit 14 Jahren im Betrieb des Arbeitgebers als Industriemechaniker beschäftigt, als er im November 2006 in Untersuchungshaft genommen wurde. Nach fortbestehender Inhaftierung wurde schließlich im Mai 2007 eine Freiheitsstrafe von 4 Jahren und 7 Monaten verhängt. Zudem wurde eine zuvor verhängte Bewährungsstrafe nachträglich in eine weitere Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 10 Monaten umgewandelt. Der Kläger wurde nicht im offenen Vollzug untergebracht. Eine dahingehende Prüfung sollte erstmals im Dezember 2008 erfolgen. Vor diesem Hintergrund wurde die Stelle des Klägers im Betrieb dauerhaft wieder besetzt. Im Februar 2008 schließlich kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis. Das Landesarbeitsgericht hat der hiergegen erhobenen Kündigungsschutzklage stattgegeben. Hiergegen richtete sich die Revision des Arbeitgebers.
Entscheidung
Das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 24.03.2001, 2 AZR 790/09) hob die Entscheidung auf und erklärte die personenbedingte Kündigung für rechtswirksam. Es sei dem Arbeitgeber nicht zuzumuten, die Stelle dauerhaft freizuhalten bzw. lediglich mit einer Vertretungskraft zu besetzen. Denn es sei zu berücksichtigen, dass – anders als im Falle der krankheitsbedingten Kündigung – der straffällige Arbeitnehmer die Umstände des Fehlens selbst zu verantworten habe. Vor diesem Hintergrund seien dem Arbeitgeber keine größeren Anstrengungen und Belastungen zuzumuten. Jedenfalls dann, wenn eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren verhängt worden sei, dürfe ein Arbeitsverhältnis personenbedingt gekündigt werden.
Anmerkung
Dem Urteil kann in jeder Hinsicht nur zugestimmt werden. Gleichwohl erweist sich der Ausgang dieser Entscheidung als weniger selbstverständlich als es den Anschein hat. Immerhin hatte das Berufungsgericht zuvor der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht dürfte den Fall unter einem anderen Blickwinkel beurteilt haben, nämlich unter dem Gesichtspunkt der Beschäftigungsprognose und der Zumutbarkeit. Daher kommt jedenfalls bei kürzeren Freiheitsstrafen eine Kündigung nicht ohne Weiteres in Betracht; jedenfalls dann nicht, wenn kein Bezug zur ausgeübten Tätigkeit besteht. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass einem Inhaftierten kein Lohn unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs zu zahlen ist. Daher entstehen allenfalls mittelbare Kosten durch eine Umorganisation. Das Bundesarbeitsgericht hat aber gezeigt, dass im Falle einer Inhaftierung die Interessen des Arbeitnehmers am Erhalt des Arbeitsplatzes regelmäßig gegenüber dem Kündigungsinteresse des Arbeitgebers zurücktreten müssen. Dies gilt erst recht, wenn die Straftat auch einen Bezug zum Arbeitsplatz aufweist (z.B. Trunkenheitsfahrt eines Fernfahrers oder Betrug einer Buchhaltungskraft).