[Berlin/Köln, ] Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) hat am 31. August 2015 den (zweiten) Referentenentwurf für ein Gesetz für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz – „KWKG“) vorgelegt (Stand 28. Au-gust 2015). Die Eckpfeiler der neuen KWK-Förderung bilden ein Direktvermarktungs- und Einspeise-Gebot, ein Ausstieg aus der Kohle-KWK, eine Einschränkung der Eigenstromförderung (mit einer Privilegierung „stromintensiver Unternehmen“), eine Einführung der Bestandsförderung und erhöhte Vergütungsätze für Strom, der in ein Netz der allgemeinen Versorgung eingespeist wird. Die Veröffentlichung eines abgestimmten Gesetzesentwurfs der Bundesregierung soll noch im September erfolgen. Das KWKG 2016 soll im November im Bundestag verabschiedet werden und am 1. Januar 2016 in Kraft treten.
I. KWK-Ausbau-Ziel
Das Ausbauziel für KWK-Strom wird im aktuellen Referentenentwurf des KWKG 2016 abermals neu definiert: Gemäß § 1 Abs. 1 soll der Anteil der Nettostromerzeugung aus KWK-Anlagen bis zum Jahr 2020 25 % der regelbaren Nettostromerzeugung betragen. Damit wird die Bezugsgröße des Ausbauziels von der gesamten Nettostromerzeugung auf die regelbare Nettostromerzeugung, sprich die Nettostromerzeugung ohne die fluktuierende Einspeisung von Wind- und PV-Anlagen, umgestellt. Die Berechnungsbasis umfasst damit auch Strom aus Biomasse-, Wasserkraft- und Hausmüllanlagen. Das derzeit geltende KWKG hat die Zielvorgabe, bis zum Jahr 2020 einen Ausbau der KWK-Stromerzeugung auf 25 % der Nettostromerzeugung in Deutschland zu erreichen. In dem ersten Referentenentwurf des KWKG 2016 bezog sich das 25 %-Ausbauziel noch auf die thermische Stromerzeugung, die nach ersten Expertenschätzungen rund 9 % geringer sein dürfte als die nunmehr relevante regelbare Stromerzeugung. Folge ist, dass das KWK-Ausbauziel durch den jetzigen Entwurf indirekt herabgesetzt wird, da der Anteil von Wind- und Solarenergie an der Nettostromerzeugung entsprechend den Ausbaupfaden in § 3 EEG 2014 weiter steigen wird.
II. Fördersätze von neuen, modernisierten oder nachgerüsteten KWK-Anlagen
Die Leistungsklassen der KWK-Anlagen nach dem KWKG 2012 gelten unverändert fort, die Fördersätze sind hingegen angepasst worden. Es ist davon auszugehen, dass sich die Höhe der Fördersätze im parlamentarischen Verfahren nochmals ändern wird. Zu differenzieren ist zwischen Anlangen, die in ein Netz der allgemeinen Versorgung einspeisen und Anlagen, die in eine Kundenanlage bzw. ein geschlossenes Verteilnetz einspeisen. KWK-Strom, der in ein Netz der allgemeinen Versorgung eingespeist wird, erhält nach dem KWKG 2016 eine gegenüber dem geltenden KWKG 2012 deutlich höhere Förderung. Es gelten gemäß § 7 Abs. 1 folgende Fördersätze: Für den Leistungsanteil bis 50 KW je 8 Cent/kWh, für den Leistungsanteil zwischen 50 und 250 KW je 5 Cent/kWh, für den Leistungsanteil von 250 KW bis 2 MW je 4,4 Cent/kWh und für den Leistungsanteil über 2 MW je 3,1 Cent/kWh. Gemäß § 7 Abs. 6 beträgt der Emissionshandels-Bonus stets 0,3 Cent je kWh. Auch gegenüber dem ersten Referentenentwurf wurden die Fördersätze in den höheren Leistungssegmenten insofern noch einmal erhöht.
1. Ausstieg aus der Kohle
Um einen Beitrag zur Erreichung der nationalen CO2-Einsparziele zu leisten, wird zukünftig keine Förderung mehr für KWK-Anlagen gewährt, die Kohle als Brennstoff verwenden. Dies gilt für neue und modernisierte Anlagen, für Bestandsanlagen besteht ein Vertrauensschutz. Im Einklang zu diesem Ziel sieht § 7 Abs. 2 einen Zuschlag für solche KWK-Anlagen vor, die bestehende Kohle-KWK-Anlagen ersetzen und somit zu einer Emissionsminderung beitragen. Der Zuschlag für KWK-Strom für den Leistungsanteil über 2 Megawatt beträgt dabei 0,6 Cent je kWh für den Leistungsanteil, der die KWK-Leistung einer bestehenden KWK-Anlage ersetzt, die Strom auf Basis von Stein- oder Braunkohle gewinnt.
2. Beschränkung der Eigenstromförderung
Grundsätzlich soll durch das KWKG 2016 nur noch Strom gefördert werden, der in ein Netz der allgemeinen Versorgung eingespeist wird. Für den KWK-Eigenstrom wird keine Förderung mehr gewährt. Ausnahmen zu diesem Grundsatz statuiert § 6 Abs. 4:
Kleinere Anlagen
Demnach sind zum einen kleinere KWK-Anlagen mit einer elektrischen Leistung bis 50 kW ausgenommen. Diese erhalten auch für KWK-Strom, der nicht in ein Netz der allgemeinen Versorgung eingespeist wird, gemäß § 7 Abs. 3 einen Zuschlag in Höhe von 4 Cent je kWh.
Stromkostenintensive Unternehmen
Eine weitere Ausnahme begünstigt „stromkostenintensive Unternehmen“: KWK-Strom aus Anlagen, die in stromkostenintensiven Unternehmen eingesetzt werden und von diesen selbst verbraucht wird erhält gemäß § 6 Abs. 4 Nr. 2 weiterhin einen Zuschlag. Die jeweiligen Fördersätze sind nach Leistungsanteilen gestaffelt in § 7 Abs. 4 normiert und entsprechen den Fördersätzen des derzeit geltenden KWKG 2012. Sobald die Bundesregierung eine Verordnung nach § 33 Abs. 1 Satz 4 erlassen hat, kann auch für den Eigenverbrauch von Strom aus Anlagen, deren Betreiber ein Unternehmen ist, das einer Branche nach Anlage 4 des EEG 2014 zuzuordnen ist, gemäß § 6 Abs. 4 Nr. 3 weiterhin eine Förderung erfolgen. Das Ministerium kann die Vergünstigungen des § 6 damit auf die stromkosten- oder handelsintensiven Branchen nach dem EEG 2014 ausweiten.
Ausblick
Abzuwarten bleibt, inwieweit die Beschränkung der Eigenstromförderung im parlamentarischen Verfahren noch Änderungen erfahren wird. Immerhin hat die Europäische Kommission erst Mitte Juli im Rahmen ihrer Vorschläge für eine Energieunion die Stärkung der Eigenerzeugung zu ihrem ausdrücklichen Ziel erklärt.
4. Förderdauer
Die Dauer der Zuschlagszahlung für neue, modernisierte oder nachgerüstete Anlagen ist in § 8 geregelt. Die Förderdauer für neue Anlagen bis 50 kW wird von 10 Jahren oder 30.000 Vollbenutzungsstunden auf 45.000 Vollbenutzungsstunden umgestellt, um eine Flexibilisierung der Anlagennutzung zu ermöglichen. Die Förderdauer für andere neue Anlagen mit einer elektrischen Leistung von mehr als 50 kW bleibt unverändert bei 30.000 Vollbenutzungsstunden.
5. Aussetzung der Förderung
Neu eingeführt wird mit § 7 Abs. 8 eine Regelung zur generellen Aussetzung der Förderung im Falle negativer Preise am Spotmarkt der Strombörse EPEX Spot SE in Paris. Diese Regelung ist an § 24 EEG 2014 angelehnt und soll Anreize für einen nicht bedarfsgerechten Betrieb von KWK-Anlagen in Zeiten eines zu hohen Angebots am Strommarkt vermeiden. KWK-Strom, der während eines solchen Zeitraums erzeugt wird, wird nicht auf die Förderdauer der Anlage angerechnet.
III. Förderung von Bestandsanlagen
Im KWKG 2016 wird erstmals ein Förderanspruch für Bestandsanlagen der öffentlichen Versorgung im KWKG eingeführt. Hierdurch soll die Stilllegung von KWK-Anlagen verhindert werden, was zu einem Verlust von Wärmesenken führen würde. Betrug der Eingangswert für Bestandsanlagen, die Anspruch auf Zahlung eines Zuschlags haben, im vorherigen KWKG-Entwurf (Juli 2015) noch 10 MW, wird er im aktuellen Referentenentwurf auf 2 MW gesenkt. Gemäß § 13 Abs. 3, 4 beträgt der Zuschlag 1,5 Cent je KW/h. Der Anspruch ist für die Jahre 2016 bis 2019 befristet und wird für 16.000 Vollbenutzungsstunden gezahlt, wobei sich für jedes abgelaufene Kalenderjahr ab dem 1. Januar 2016 die Dauer um die tatsächlich erreichten Vollbenutzungsstunden der Anlage, mindestens aber um 4.000 Vollbenutzungsstunden verringert. Bestandsanlangen in der Eigenstromversorgung sind von der Förderung ausgeschlossen.
IV. Verpflichtende Direktvermarktung
Zu den Eckpfeilern der neuen KWK-Förderung gehört – analog §§ 19 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. 34 EEG 2014 – die Einführung der verpflichtenden Direktvermarktung. Anlagenbetreiber müssen danach also grundsätzlich selbst für die Vermarktung ihres Stroms Sorge tragen. Gemäß § 4 Abs. 1 müssen Betreiber von KWK-Anlagen mit einer elektrischen Leistung von mehr als 100 KW den erzeugten KWK-Strom direkt vermarkten oder selbst verbrauchen. Eine Direktvermarktung liegt vor, wenn der Strom an einen Dritten – dies kann auch ein Letztverbraucher sein – geliefert wird. Eine Ausnahme vom Grundsatz der verpflichtenden Direktvermarktung statuiert Absatz 2 der Vorschrift: Betreiber von KWK-Anlagen mit einer elektrischen Leistung von bis zu 100 KW können den erzeugten KWK-Strom direkt vermarkten, selbst verbrauchen oder weiterhin vom Netzbetreiber die kaufmännische Abnahme ihres erzeugten KWK-Stroms verlangen. Diese Leistungsgrenze gilt gemäß § 37 Abs. 2 Nr. 2 EEG 2014 auch für EE-Anlagen.
V. Bestandsschutz
Grundsätzlich soll das neue KWKG für alle Anlagen gelten, die nach dem 1. Januar 2016 in Betrieb genommen werden. Gemäß § 35 Abs. 1 sind für Ansprüche auf Zahlung eines Zuschlags der Betreiber von KWK-Anlagen die Förderbestimmungen des KWKG 2012 anzuwenden, wenn die Anlagen bis zum 31. Dezember 2015 in Dauerbetrieb genommen wurden. Gemäß § 35 Abs. 2 sind für Ansprüche auf Zahlung eines Zuschlags die Förderbestimmungen des KWKG 2012 zudem dann anzuwenden, wenn für das Vorhaben bis zum 31. Dezember 2015 eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung erteilt worden ist und die Aufnahme des Dauerbetriebs bis zum 30. Juni 2016 erfolgt. Diese Art des Bestandsschutzes ist altbekannt und bewährt. Neu ist, dass der Bestandsschutz erstmals an die Bestellung von Anlangen gekoppelt wird: Für Anlagen, die keiner immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen, reicht die verbindliche Bestellung der KWK-Anlage bis 31. Dezember 2015 aus, wenn ebenfalls der Dauerbetrieb bis zum 30. Juni 2016 aufgenommen wird.