Änderung der Medizinprodukte-Bertreiberverordnung: Die Regelung zur Aufbereitung von Einmalprodukten verzögert die Verkündung

Köln, 09.12.2024

Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) stieß im letzten Jahr bereits die dritte Änderung der Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) an. Mit einer baldigen Verkündung einer entsprechenden Verordnung zur Änderung der MPBetreibV ist jedoch nicht zu rechnen. Stein des Anstoßes ist das im Beschluss vom Bundesrat vorgesehene Verwendungsverbot von aufbereiteten Einmalprodukten nach Art. 17 Abs. 2 MDR (Medical Device Regulation). Gegen dieses Verwendungsverbot  äußerten betroffene Akteure in der Aufbereitungsbranche Kritik. Das Bundesministerium legte daraufhin am 5. November 2024 einen neuen Entwurf vor, der jetzt in die Abstimmung geht. Um auf mögliche Änderungen rechtzeitig reagieren zu können, sollten die rechtlichen Entwicklungen auf nationaler und europäischer Ebene genau beobachtet werden.

I. Hintergrund und bisheriger Ablauf

Verschiedene Gründe machten die MPBetreibV in ihrer jetzigen Fassung aus dem Jahr 2021 überarbeitungsbedürftig. Der Referentenentwurf des BMG vom 19. Oktober 2023 in dem angelaufenen Gesetzgebungsverfahren wurde von den stellungnahmeberechtigten Verbänden im Großen und Ganzen positiv gewertet, sodass eine Verkündung in nächster Zeit erwartet wurde. Dies änderte sich jedoch schlagartig mit dem Beschluss des Bundesrates vom 5. Juli 2024. Dieser warf die vom BMG angestrebte Neuregelung zur Aufbereitung und Weiterverwendung von Einmalprodukten komplett um. Das BMG wollte zwei Verfahren der Aufbereitung – die von der EU vorgesehen sind und auf nationaler Ebene einer Erlaubnis bedürfen – nun ausdrücklich in die Verordnung integrieren. Dass der Beschluss des Bundesrates nur noch eine Art des Aufbereitungsverfahrens enthielt, stieß auf viel Kritik.

Folglich setzte sich das BMG erneut mit der Änderung der MPBetreibV auseinander und legte kürzlich einen neuen Entwurf vor. Fast ein Jahr später beginnt damit der erneute Versuch, eine längst überfällige Überarbeitung der MPBetreibV zu bewirken. Verläuft es bei diesem zweiten Versuch nach Plan, so ist mit einem Inkrafttreten der Verordnung im März 2025 zu rechnen. 

II. Problem: Wiederaufbereitung von Einmalprodukten

1. EU-Regelung

Regelungen auf europäischer Ebene zu der Wiederaufbereitung von Einmalprodukten finden sich in der Verordnung (EU) 2017/745[1], auch Medical Device Regulation (MDR) genannt. Vor Inkrafttreten der MDR gab es keine spezifischen Regelungen zur Aufbereitung von medizinischen Einmalprodukten, nun war die Aufbereitung grundsätzlich möglich. Gemäß Artikel 2 Nr. 8 MDR ist ein Einmalprodukt ein Produkt, das dazu bestimmt ist, an einer einzigen Person für eine einzige Maßnahme verwendet zu werden. Die Aufbereitung ist „ein Verfahren, dem ein gebrauchtes Produkt unterzogen wird, damit es sicher wiederverwendet werden kann; zu diesen Verfahren gehören Reinigung, Desinfektion, Sterilisation und ähnliche Verfahren sowie Prüfungen und Wiederherstellung der technischen und funktionellen Sicherheit des gebrauchten Produkts“[2]. Die Chancen der Wiederaufbereitung von Einmalprodukten werden im Umweltschutz, bei den Kosteneinsparungen und als Lösung für mögliche Engpässe gesehen.

Der Art. 17 MDR bietet zwei verschiedene Optionen, wie eine Aufbereitung nach EU-Regeln durchgeführt werden kann. Die erste Option ist die CE-Aufbereitung nach Art. 17 Abs. 2 MDR: Demnach erhält das aufbereitete Produkt wie neue Produkte auch ein CE-Zertifikat, also ein Nachweis darüber, dass das Produkt alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt. Damit geht aber auch einher, dass dem Aufbereiter dieselben Pflichten treffen wie ein Hersteller und daraus eine Gleichstellung von Hersteller und Aufbereiter folgt.

Die zweite Option, die die MDR vorsieht, ist die CS-Aufbereitung nach Art. 17 Abs. 3 und 4 MDR. Demnach kann die Aufbereitung ohne die vollständigen Herstellerpflichten durchgeführt werden. Die Anforderungen richten sich hier nur nach Gemeinsamen Spezifikationen, die in der Durchführungsverordnung (EU) 2020/1207 festgehalten wurden. Allerdings gilt dies nur für Gesundheitseinrichtungen, die ihre Produkte selbst aufbereiten oder für externe Aufbereiter, die die Produkte an dieselbe Gesundheitseinrichtung zurückgeben.

Die EU überließ den Mitgliedsstaaten die Entscheidung, ob sie die Wiederaufbereitung erlauben möchten und falls ja, auf welche Art die Aufbereitung durchgeführt werden darf. Dies hat zur Folge, dass die Aufbereitung – sowohl CE- als auch CS-Aufbereitung – in den meisten Mitgliedsstaaten verboten bleibt.

2. Änderung der MPBetreibV

Es besteht Uneinigkeit darüber, welche Aufbereitungsverfahren zurzeit in Deutschland möglich sind. Der Bundesrat will in der aktuellen Rechtslage keine nationale Regelung für eine CE-Aufbereitung erkennen. Folglich sei seit der Änderung der MPBetreibV im Jahr 2021 aufgrund der MDR nur eine CS-Aufbereitung möglich. Vor allem die Remanufacturing-Branche sieht dies ganz anders: Eine CE-Aufbereitung ist schon unter der Richtlinie 93/42/EG möglich gewesen.

Aufbereiter müssen gegebenenfalls neben der MPBetreibV, der MDR, der Durchführungsverordnung (EU) 2020/1207 auch die Empfehlung[3] zu den Anforderung an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten (KRINKI/BfArM-Empfehlung) beachten.

Mit dem Entwurf vom 19. Oktober 2023 wollte das BMG im neu geschaffenen § 9 klarstellen, dass beide Aufbereitungsoptionen in Deutschland erlaubt sind. Zudem wird auf Heranziehung der KRINKI/BfArm-Empfehlung verzichtet, da die Gemeinsamen Spezifikationen aus der Durchführungsverordnung (EU) 2020/1207 ein vergleichbares Sicherheitsniveau aufzeigen und daher diese Doppelanforderung wegfallen kann. 

Dass die MPBetreibV aber noch nicht in Kraft getreten ist, hängt vor allem mit den Empfehlungen des Gesundheitsausschusses[4] zusammen. Der Ausschuss sah in der Neufassung des MPBetreibV die erstmalige Einführung der CE-Aufbereitung und hielt dies für nicht angebracht. Folglich empfiehl der Beschluss, dass weiterhin nur eine CS-Aufbereitung möglich sein soll. Als Begründung wird vorgetragen, dass bei den jetzigen EU-Regelungen bezüglich einer CE-Aufbereitung, bei der das aufbereitete Produkt nicht wieder in dieselbe Gesundheitseinrichtung gelangt, nicht sichergestellt werden kann, dass das Einmalprodukt entsprechend ihrer Gebrauchsanweisung und ihres Zwecks benutzt wurde, sowie Informationen über mögliche Fehlfunktionen, falsche Behandlung oder Transport weitergegeben werden. Folglich sei die Wiederverwendung solcher Produkte mit einem zu hohen Risiko für Patientinnen und Patienten verbunden. Anders sei dies nur bei einer CS-Aufbereitung, da hier externe Aufbereiter und Gesundheitseinrichtungen umfassende vertragliche Vereinbarungen treffen.

Der Bundesrat übernahm die Begründung des Ausschusses und änderte den § 9 in seinem Beschluss vom 05. Juli 2024 so ab, dass die Verwendung aufbereiteter Einmalprodukte nach der CE-Aufbereitung verboten ist. Die CS-Aufbereitung dagegen soll erlaubt sein.

III.  Kritik

Da der Beschluss des Bundesrates erheblich von dem Entwurf des Bundesministeriums abweicht, hat das BMG einen erneuten Entwurf gefasst und im Oktober dieses Jahres veröffentlicht. Das BMG kehrte mit dem Entwurf zu bisherigen, seit 2021 geltenden Regelung zurück. 

Stellungnahmen bezüglich des neuen Entwurfs von diesem Jahr liegen bisher nicht vor. Jedoch wird die Kritik, die bereits gegenüber dem Beschluss des Bundesrates von Seiten der Aufbereiter geäußert wurde, wohl ähnlich ausfallen, da eine Klarstellung, dass beide Verfahren in Deutschland erlaubt sind und damit Rechtssicherheit geschaffen wird, gewünscht ist. Auch Verbände anderer Interessengruppen hatten die ausdrückliche Erlaubnis der CE-Aufbereitung begrüßt, sodass auch deren Urteil hart ausfallen wird.

Ein großer Kritikpunkt ist die Annahme des Bundesrates, dass die CE-Aufbereitung bisher in Deutschland nicht erlaubt gewesen sei. Bereits unter der Geltung der Richtlinie 93/42/EWG sei die CE-Aufbereitung jedoch schon möglich gewesen. Dies hätte sich auch nicht mit Geltung der MDR geändert, da Deutschland der Europäischen Kommission gemeldet habe, dass beide Aufbereitungsmöglichkeiten nach Art. 17 MDR in Deutschland zulässig seien.

Des Weiteren sei auch die Annahme falsch, dass Art. 17 Abs. 2 MDR keine ausreichende Patientensicherheit gewähren würde und dies nur durch die im Rahmen der CS-Aufbereitung geforderten Verträge möglich sei. Ein erfolgreiches Konformitätsverfahren, welches Voraussetzung für die CE-Kennzeichnung ist, setzte jedoch ebenfalls das Vorliegen von Verträgen voraus und auch eine Prüfung dieser durch eine Benannte Stelle. Das Verbot der CE-Aufbereitung würde zudem auch die CE-Zertifizierung für Neuprodukte in Frage stellen. Gegen ein geltendes Verbot des CE-Verfahrens in Deutschland und gegen eine fehlende Patientensicherheit spreche darüber hinaus die seit über 10 Jahren gelebte Praxis der CE-Aufbereitung.

Abzuwarten ist, ob dieser Protest in dem neu eingeleiteten Gesetzgebungsverfahren Gehör finden und zu einer Änderung des MPBetreibV zu Gunsten der betroffenen Aufbereiter führen wird.

IV.  Ausblick

Das Bundesministerium hat in seinem kürzlich vorgelegten Entwurf zur Änderung der MPBetreibV anklingen lassen, dass es weiterhin einer Neuregelung der nationalen Bestimmungen zur Aufbereitung von Einmalprodukten nicht grundsätzlich entgegenstehe. Allerdings möchte es im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesrates die weiteren europäischen Entwicklungen auf diesem Gebiet abwarten. Unter anderem möchte es einen angekündigten Bericht der Europäischen Kommission über die Anwendung von Artikel 17 der Verordnung (EU) 2017/745 auswerten. Dieser Bericht, der auf einer durchgeführten Studie im Zeitraum Dezember 2022 bis Dezember 2023 beruht, wurde erst kürzlich am 29.11.2024 veröffentlicht. Der Bericht zeigt nicht nur, dass bisher die wenigsten Mitgliedsstaaten die Aufbereitung zugelassen haben, sondern dass auch in den Mitgliedsstaaten, die eine Aufbereitung erlauben, diese Möglichkeit kaum in Anspruch genommen wird. Dies liegt gemäß dieser Studie zum einen an den wenigen Benannten Stellen, die aufbereitete Produkte zertifizieren können und zum anderen an der mangelnden Kompetenz der Gesundheitseinrichtungen, eine Aufbereitung vorzunehmen.

Um diese enttäuschenden Ergebnisse in Zukunft zu verbessern, macht die Kommission bereits konkrete Vorschläge. So wird überlegt, ob eine Annäherung der Regelungen in Art. 17 MDR an die Regelungen über die Wiederverwendung von Produkten, bei denen es sich nicht um Einmalprodukte handele, eine sinnvolle Maßnahme darstelle. Dies könnte bedeuten, dass den Mitgliedstaaten die Entscheidung, ob die Aufbereitung verboten wird, nicht mehr obliegt. Dies könnte zusammen mit anderen Maßnahmen wie die Aufklärung und Unterstützung zu einem größeren Interesse an der Aufbereitung bei Herstellern, Gesundheitseinrichtungen und Benannten Stellen führen.

Folglich besteht hier auf EU-Ebene und auch auf nationaler Ebene Bereitschaft, die bestehenden Regelungen noch mal anzugehen und zu verbessern. Ob dies aber schon im laufenden Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des MPBetreibV passieren wird, ist fraglich.

Sie haben Fragen zu den Themen Aufbereitung von Einmalprodukten, MPBetreibV oder grundsätzlich zu dem Thema Gesundheitsrecht? Dann sprechen Sie uns an, wir beraten Sie gerne.

 

 

[1] Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates.

[2] Art. 2 Nr. 39 MDR

[3] Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut (RKI) und des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).

[4] Empfehlungen der Ausschüsse zu Punkt … der 1046. Sitzung des Bundesrates am 05. Juli 2024 vom 21.06.2024, BR-Drs. 251/1/24.

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