[] Im Bereich von Kunst, Wissenschaft, Sozialwesen und Sport ist die finanzielle Unterstützung durch Wirtschaftsunternehmen heutzutage nicht mehr wegzudenken. Angesichts leerer Staatskassen ist zu erwarten, dass das Bedürfnis nach privaten Initiativen in diesen Bereichen in Zukunft noch steigen dürfte. Gleichzeitig nimmt die Sensibilität für den Umgang des Vorstands mit Mitteln der Gesellschaft zu, wie die gestiegene Zahl der wegen Untreue eingeleiteten Ermittlungen und Verfahren verdeutlicht. Es lohnt daher, die gesellschaftsrechtlichen und strafrechtlichen Grenzen solcher freigiebigen Zuwendungen durch Aktiengesellschaften etwas näher zu beleuchten.
I. Ausgangspunkt: Unternehmerisches Ermessen
Der Vorstand einer Aktiengesellschaft leitet die Geschäfte der Gesellschaft gem. § 76 Abs. 1 AktG unter eigener Verantwortung. Dabei wird ihm ein weiter Ermessensspielraum zugebilligt. Der Vorstand muss sich bei der Ausübung des ihm eingeräumten unternehmerischen Ermessens vom Unternehmensinteresse leiten lassen. Mit dem Begriff des Unternehmensinteresses werden die gebündelten – zum Teil durchaus gegenläufigen – Interessen der verschiedenen Stakeholder des Unternehmens bezeichnet. Dies sind insbesondere die Interessen der Eigenkapitalgeber (Aktionäre), Arbeitnehmer und Gläubiger der Gesellschaft, aufgrund der in Art. 14 Abs. 2 des Grundgesetzes statuierten Sozialpflichtigkeit des Eigentums aber auch das Interesse der Allgemeinheit bzw. des Gemeinwohls. Der Vorstand hat bei seinen Ermessensentscheidungen die vorgenannten Interessen jeweils in einen angemessenen Ausgleich zu bringen. Vor diesem Hintergrund wird es grundsätzlich für zulässig gehalten, wenn der Vorstand freigiebige Zuwendungen der Aktiengesellschaft zur Förderung von Kunst, Wissenschaft, Sozialwesen und Sport veranlasst.
Demzufolge gelten in der Regel als aktienrechtlich zulässig:
das klassische Sponsoring, bei dem Geld oder geldwerte Vorteile zur Förderung von Personen, Gruppen oder Organisationen in sportlichen, kulturellen oder ähnlich bedeutsamen gesellschaftlichen Bereichen vergeben werden, damit aber zugleich eigene unternehmensbezogene Ziele der Werbung oder imageverbessernden Öffentlichkeitsarbeit verfolgt werden, steuerlich absetzbare Spenden an gemeinnützige Organisationen, die ohne die Erwartung einer unmittelbaren Gegenleistung erbracht werden, das ohne jede Gegenleistung und mitunter sogar anonym betriebene Mäzenatentum.Im Einzelfall lässt sich zwischen einem rein altruistischen, ausschließlich dem Gemeinwohl dienenden und einem langfristig eigennützigen Handeln, das auf eine für den Erfolg des Unternehmens wesentliche imageverbessernde Öffentlichkeitsarbeit zielt, kaum eine scharfe Unterscheidung treffen. Auch solche Zuwendungen, die nicht offen zu Werbezwecken eingesetzt werden, können den Public Relations dienen, wenn sie nach dem Grundsatz eingesetzt werden: „Tue Gutes und rede darüber".
II. Gesellschaftsrechtliche Grenzen
Allerdings ergibt sich für die aus der Leitungsbefugnis abgeleitete Vorstandskompetenz zur Ausreichung freigiebiger Zuwendungen kein unbegrenzter Ermessensfreiraum. Der Vorstand hat bei der Ausübung seines unternehmerischen Ermessens gem. § 93 Abs. 1 AktG stets die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Er muss daher freiwillige Vermögensopfer der Aktiengesellschaft mit der Sorgfalt eines Treuhänders erbringen, der über Geld verfügt, das ihm nicht gehört. Jedenfalls vermeidet der Vorstand Haftungsrisiken wegen der fehlerhaften Ausübung des unternehmerischen Ermessens, wenn er entsprechend der „Business-Judgement-Rule" gem. § 93 Abs. 1 S. 2 AktG bei unternehmerischen Entscheidungen vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 06.12.2001, 1 StR 215/01, NJW 2002, 1585) hat die gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit von Unternehmensspenden – Gleiches dürfte grundsätzlich für das Sponsoring gelten – anhand der folgenden Kriterien konkretisiert:
Nähe zum Unternehmensgegenstand
Je entfernter die Verbindung zwischen dem geförderten Zweck und dem Unternehmensgegenstand der Gesellschaft ist, desto enger ist der Ermessenspielraum des Vorstands.
Angemessenheit im Hinblick auf die Ertrags- und Vermögenslage
Das Volumen der Unternehmensspenden muss im Hinblick auf die Ertrags- und Vermögenslage der Gesellschaft angemessen sein. In der Literatur werden teilweise Zuwendungen für gemeinnützige Zwecke, die unter 1, 2 oder 5 % des ausgeschütteten Gewinns nach Steuern liegen, grundsätzlich für gesellschaftsrechtlich unbedenklich gehalten. Angesichts der stets erforderlichen Ermessensentscheidung des Vorstands im Einzelfall unter Berücksichtigung der aktuellen Ertrags- und Vermögenslage der konkreten Gesellschaft erscheint die Festlegung solcher allgemeinen Grenzwerte indes nicht als hilfreich. Besondere Beurteilungsschwierigkeiten ergeben sich bei einer angespannten Finanzlage der Gesellschaft. Nach dem Bundesgerichtshof ist der Vorstand in Verlustjahren zwar nicht verpflichtet, auf Unternehmensspenden gänzlich zu verzichten. Allerdings sei bei dauerhafter oder längerfristiger Ertragsschwäche eine besonders sorgfältige Prüfung der Spendenpraxis unter dem Gesichtspunkt des Unternehmensinteresses erforderlich.
Innergesellschaftliche Transparenz
Je weniger das geförderte Interesse mit dem Unternehmensgegenstand der Gesellschaft verbunden ist, umso höher sind die Anforderungen an die gesellschaftsinterne Publizität und Transparenz der Zuwendung.
Keine sachwidrigen persönlichen Motive
Der Vorstand darf sich bei seiner Entscheidung über die Auswahl der Zuwendungsempfänger und die Höhe der Zuwendungen nicht von sachwidrigen Motiven, insbesondere nicht von rein persönlichen Präferenzen leiten lassen. Über bedeutsamere Zuwendungen, mit denen ein Vorstandsmitglied persönliche Vorlieben oder Interessen verfolgen würde, darf dieses Vorstandsmitglied nicht allein entscheiden, auch wenn es nach der internen Geschäftsverteilung für die Vergabe von Fördermitteln an sich zuständig ist.
Vorstandshaftung bei Verstößen
Überschreitet der Vorstand im Einzelfall die aufgezeigten Grenzen seines Ermessens so liegt eine gesellschaftsrechtliche Pflichtverletzung vor, die eine Schadensersatzpflicht des Vorstandes gegenüber der Gesellschaft nach § 93 Abs. 2 S. 1 AktG begründet.
III. Schwelle zur Strafbarkeit
Nach dem Bundesgerichtshof genügt indes nicht jede gesellschaftsrechtliche Pflichtverletzung zugleich auch für die Annahme einer Pflichtwidrigkeit im Sinne des Untreuetatbestands des § 266 StGB. Die gesellschaftsrechtliche Pflichtverletzung müsse hierfür vielmehr gravierend sein. Ob eine Pflichtverletzung des Vorstands bei der Vergabe von Unternehmensspenden gravierend sei, bestimme sich aufgrund einer Gesamtschau insbesondere der oben dargelegten gesellschaftsrechtlichen Kriterien (fehlende Nähe zum Unternehmensgegenstand, Unangemessenheit im Hinblick auf die Ertrags- und Vermögenslage der Gesellschaft, fehlende innerbetriebliche Transparenz, Vorliegen sachwidriger persönlicher Motive). Jedenfalls dann, wenn bei der Spendenvergabe sämtliche dieser Kriterien erfüllt seien, liege auch eine Pflichtverletzung im Sinne des § 266 StGB vor.