Vor gut einem Jahr, am 18. November 2023, ist das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) zur Umsetzung der neu gefassten europäischen Energie-Effizienzrichtlinie vom 10. Oktober 2023 in Kraft getreten. Es dient dem Ziel, bis 2050 eine klimaneutrale Europäische Union zu schaffen. Die Richtlinie verpflichtet jeden Mitgliedstaat dazu, einen nationalen Energieeffizienzbeitrag auf der Grundlage des Endenergieverbrauchs festzulegen, um das verbindliche Ziel der Union – Verringerung des Energieverbrauchs im Jahr 2030 von mindestens 11,7 Prozent gegenüber dem EU-Referenzszenario 2020 – zu erreichen.
Das EnEfG enthält deshalb ausdrückliche Vorgaben zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Einsparung von Energie. Es setzt absolute Primär- und Endenergieeinsparziele um, schafft für öffentliche Stellen und Unternehmen konkrete Vorgaben für die Einrichtung von Energie- oder Umweltmanagementsystemen und legt Umsetzungspläne und Einzelmaßnahmen fest.
In unserem Legal Update vom 29. November 2023 haben wir hierzu schon ausführlich berichtet.
Neben der Einführung von Energiemanagement- und Umweltmanagementsystemen sieht das EnEfG in seinen §§ 16 und 17 insbesondere auch Maßnahmen zur Vermeidung und Verwendung von Abwärme vor. Mit welchen neuen rechtlichen Herausforderungen sich Unternehmen dadurch konfrontiert sehen und inwieweit die Herausforderungen auch Optimierungschancen bieten, ist Gegenstand des nachfolgenden Beitrags.
Abwärme – was ist das überhaupt?
Keine Legaldefinition des Begriffs im EnEfG
Das EnEfG selbst enthält keine Legaldefinition des Begriffes der Abwärme, knüpft aber in verschiedenen Bestimmungen an den Begriff an, so beispielsweise in § 3 Nr. 1 („abwärmeführendes Medium“), in § 3 Nr. 2 („Abwärmequelle“), in § 3 Nr. 27 („unvermeidbare Abwärme“) oder in § 3 Nr. 27 EnEfG („vermeidbare Abwärme“). Darüber hinaus ist der Begriff auch in anderen Gesetzen mit vergleichbarer Zielrichtung zu finden, beispielsweise im Gebäudeenergiegesetz (GEG), im Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz (KWKG 2023) oder im Wärmeplanungsgesetz (WPG).
Aus einer Zusammenschau dieser Regelungen lässt sich folgende Definition von Abwärme herleiten: Es handelt sich um (ungewollte) thermische Restenergie, die nicht natürlichen Ursprungs ist, sondern vielmehr Folge eines anderen – menschlich beeinflussten – Prozesses, also um ein Nebenprodukt von Industrie- oder Stromerzeugungsanlagen, welches ohne Nutzung verloren ginge.
Abwärme kann dabei sowohl in gasförmigen, flüssigen oder festem Aggregatzustand auftreten und dabei auch unterschiedliche Temperaturniveaus erreichen. Von besonderer Bedeutung ist die Erzeugung und Verwendung von industrieller Prozesswärme, weil ihr Anteil am industriellen Endenergieverbrauch mit rund 60 Prozent besonders hoch ist.
Vermeidung und Verwendung von Abwärme
Pflichten nach den §§ 16 und 17 EnEfG
Grundsätzlich sind Unternehmen gem. § 16 Abs. 1 EnEfG verpflichtet, entstehende Abwärme nach dem Stand der Technik zu vermeiden und die anfallende Abwärme auf den Anteil der technisch unvermeidbaren Abwärme zu reduzieren, soweit dies unter Berücksichtigung technischer, wirtschaftlicher und betrieblicher Belange möglich und zumutbar ist. Der Stand der Technik entspricht dabei im Wesentlichen den besten verfügbaren Techniken (BVT) nach der europäischen Richtlinie 2015/75/EU, der sog. Industrieemissionsrichtlinie (IED).
Bei einem Verstoß gegen die Vermeidungspflicht aus § 16 Abs. 1 EnEfG droht den Unternehmen ein Bußgeld bis zu 100.000 Euro, vgl. § 19 EnEfG.
Ist die Entstehung von Abwärme nach dem Stand der Technik unvermeidbar (sog. „unvermeidbare Abwärme“), sind Unternehmen gem. § 16 Abs. 2 EnEfG in einem weiteren Schritt dazu verpflichtet, die anfallende Abwärme durch Maßnahmen und Techniken zur Energieeinsparung wiederzuverwenden.
Je höher dabei die Temperatur der Abwärme ist, desto höher sind deren Energiegehalt (§ 3 Nr. 18 EnEfG) bzw. energetische Qualität und damit die jeweiligen Einsatzmöglichkeiten für eine nachgelagerte Abwärmenutzung. Maßnahmen zur Abwärmenutzung sind alle Techniken zur Rückgewinnung und Wiederverwendung industrieller Abwärme, z.B. als Wärme, Kälte sowie mechanische und elektrische Energie, die ansonsten ungenutzt an die Umgebung abgegeben wird. Sie erhöht die Energieeffizienz und reduziert den Energieverbrauch meist am Ort der Wiederverwendung der rückgewonnenen Abwärme (§ 3 Nr. 21 EnEfG).
Den Unternehmen ist dabei freigestellt, ob die Wiederverwendung in derselben Anlage, auf demselben Betriebsgrundstück oder anderweitig – etwa durch externe Dritte, z.B. Versorgungsunternehmen – erfolgen soll. Denn auch die Pflicht zur Abwärmenutzung muss dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen und hat daher nur zu erfolgen, soweit dies möglich und zumutbar ist, wobei im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung neben technischen und wirtschaftlichen auch betriebliche Belange zu berücksichtigen sind. Hervorzuheben ist, dass Dritte wie zum Beispiel die Versorgungsunternehmen dabei keine Pflicht zur Abnahme trifft.
Ausnahmen vom Anwendungsbereich
Genehmigungsbedürftige Anlagen nach § 4 BImSchG sowie Anlagen mit geringem jährlichen Gesamtendenergieverbrauch
Die vorstehenden Pflichten sind nicht anzuwenden auf Anlagen, die nach § 4 Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) genehmigungsbedürftig sind, soweit für diese speziellere Anforderungen im BImSchG oder in einer Verordnung aufgrund des BImSchG zur Vermeidung und Nutzung von Abwärme bestehen, vgl. § 16 Abs. 3 EnEfG. Hintergrund ist, dass die vorgenannten Bestimmungen des BImSchG und der zugehörigen untergesetzlichen Regelungen bereits jetzt für immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen Vorgaben für die Vermeidung von Abwärme bzw. zur Nutzung unvermeidbarer Abwärme enthalten, z.B. durch die TA Luft oder durch Vorgaben aus der 13. und der 17. Bundesimmissionsschutz-Verordnung (BImSchV).
Ausgenommen sind ferner Unternehmen, die einen jährlichen durchschnittlichen Gesamtendenergieverbrauch innerhalb der letzten drei abgeschlossenen Kalenderjahre von 2,5 Gigawattstunden (GWh) oder weniger haben, vgl. § 16 Abs. 4 EnEfG. Dadurch soll verhindert werden, dass Unternehmen belastet werden, die nur geringe Energieverbräuche und in der Folge auch nur geringes Potenzial zur Vermeidung und Verwendung von Abwärme innehaben.
Besondere Vorgaben für Rechenzentren
4. Abschnitt des EnEfG
Der 4. Abschnitt des EnEfG (§§ 11 bis 15) enthält spezielle Pflichten für Rechenzentren zum Umgang mit Abwärme.
Gem. § 11 Abs. 4 EnEfG gilt finden auf Rechenzentren die o.g. Anforderungen des § 16 EnEfG entsprechende Anwendung, soweit sich nicht aus dem 4. Abschnitt ein anderes ergibt.
Darüber hinaus treffen die Betreiber von Rechenzentren die sich aus § 13 EnEfG ergebenden Informationspflichten. Diese Informationen werden in einem von der Bundesregierung zu errichtenden Energieeffizienzregister für Rechenzentren (BfEE) gespeichert und in eine europäische Datenbank über Rechenzentren übertragen, vgl. § 14 EnEfG.
Fallen (kleinere) Rechenzentren nicht unter die Legaldefinition des Begriffs „Rechenzentrum“ i.S.d. § 3 Nr. 24 EnEfG (u.a. redundante elektrische Nennanschlussleitung ab 300 kW), greifen für diese uneingeschränkt die Pflichten nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 EnEfG.
Übermittlung von Abwärmeinformationen und Vermarktungspotenziale
Die neue Plattform für Abwärme gem. § 17 EnEfG
Darüber hinaus sieht das EnEfG in seinem § 17 die Einrichtung einer sog. Plattform für Abwärme vor. Diese soll erstmals eine Übersicht zu gewerblichen Abwärmepotenzialen in Deutschland nutzbar machen und damit die Energieeffizienz in Deutschland weiter steigern. Dafür werden die Abwärmedaten von Unternehmen mit einem Gesamtenergieverbrauch von mer als 2,5 Gigawattstunden pro Jahr auf einer öffentlichen Plattform bereitgestellt und für die Unternehmen vor Ort sichtbar gemacht. Nicht öffentlich zugänglich sind die der Plattform übermittelten Informationen nur dann, wenn diese zugleich auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse enthalten.
Unternehmen, die zur Abgabe von Abwärme verpflichtet sind, müssen also auch Auskunft darüber geben. Die zu übermittelnden und umfangreichen Informationen sind in § 17 Abs. 1 EnEfG aufgelistet. Dazu gehören der Name des Unternehmens, die Adresse des Standorts, an dem die Abwärme anfällt, die jährliche Wärmemenge und maximale thermische Leistung, die zeitliche Verfügbarkeit in Form von Leistungsprofilen im Jahresverlauf, die vorhandenen Möglichkeiten zur Regelung von Temperatur, Druck und Einspeisung sowie das durchschnittliche Temperaturniveau in Grad Celsius.
Die Informationspflicht besteht dabei nicht nur bei Vorliegen einer konkreten Anfrage (z.B. durch einen Wärmenetzbetreiber, ein Fernwärmeversorgungsunternehmen oder ein sonstiges potenziell wärmeabnehmendes Unternehmen) gem. § 17 Abs. 1 EnEfG. Vielmehr sind die Unternehmen gem. § 17 Abs. 2 EnEfG unabhängig vom Vorliegen einer konkreten Anfrage dazu verpflichtet, diese Informationen an die Bundesstelle für Energieeffizienz (BfEE) bis zum 31. März eines jeden Jahres zu übermitteln. Diese im Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) angesiedelte Bundesstelle ist zugleich auch für die Umsetzung der Abwärmeplattform zuständig.
Ursprünglich waren Unternehmen verpflichtet, diese Informationen der BfEE erstmalig zum 1. Januar 2024 zu übermitteln. Da der Zeitraum zwischen Inkrafttreten des EnEfG und des Ablaufs der Frist zur Übermittlung der Daten vom Gesetzgeber kurz bemessen war und um daraus resultierende unverhältnismäßige Belastungen der betroffenen Unternehmen abzuwenden, wurde die Frist vom BAFA für zwölf Monate ausgesetzt, sodass eine erstmalige Meldefrist nun zum 1. Januar 2025 besteht. Die Pflicht zur Informationsübermittlung ist ebenfalls bußgeldbewährt: Bei einem Verstoß drohen gem. § 19 EnEfG Geldbuße bis zu 50.000 Euro.
Die Plattform dient aber nicht nur der Information des BAFA. Sinn und Zweck ist es vielmehr auch, den Informationsaustausch zwischen regionalen Wärmeproduzenten und -Abnehmern zu fördern.
Und das funktioniert wie folgt: Die Unternehmen stellen Kerndaten über verfügbare Abwärme auf der Plattform für Abwärme bereit. Daraufhin können Institutionen mit Wärmebedarf Abwärmepotenziale identifizieren. Bildlich gesprochen handelt es sich also um eine „Matchmaking“-Plattform zwischen Abnehmern und Produzenten.
Ermöglicht werden soll dies insbesondere auch durch die neue Verordnung über das Herkunftsnachweisregister für Gas und das Herkunftsnachweisregister (HKN) für Wärme oder Kälte (GWKHV). So soll z.B. das Umweltbundesamt (UBA) auf Antrag des Anlagenbetreibers einen Herkunftsnachweis für Wärme oder Kälte nach § 14 Abs. 1 für thermische Energie ausstellen, wenn die Anlage im Herkunftsnachweisregister registriert wurde und die thermische Energie aus unvermeidbarer Abwärme stammt, vgl. § 28 Nr. 2 GWKHV. Dieser Herkunftsnachweis darf dann gem. § 34 Abs. 1 zur Vermarktung von Mengen thermischer Energie verwendet werden, vgl. § 34 Abs. 1 GWKHV.
Schaffung eines Marktes für Abwärme
Korrespondierende Verpflichtungen im Wärmeplanungsgesetz (WPG) und im Gebäudeenergiegesetz (GEG)
Im WPG und im GEG finden sich korrespondierende Verpflichtungen zum Umgang mit (unvermeidbarer) Abwärme. Durch diesen Komplex an Neuregelungen hat der Gesetzgeber einen Markt für Abwärme geschaffen.
Das WPG enthält z.B. Anforderungen an Betreiber von Wärmenetzen u.a. zur Mindestnutzung von erneuerbarer Energie und unvermeidbarer Abwärme. Außerdem enthält es unterschiedliche Fristen zu steigenden Anteilen an erneuerbaren Energien bzw. unvermeidbarer Abwärme. Danach muss die jährliche Nettowärmeerzeugung aus den Wärmequellen erneuerbare Energien, unvermeidbarer Abwärme oder einer Kombination hieraus gespeist werden, und zwar grundsätzlich ab dem 1. März 2025 zu mindestens 65 Prozent (neue Wärmenetze), ab dem 1. Januar 2030 zu mindestens 30 Prozent (Bestandsnetze) und ab dem 1. Januar 2040 zu mindestens 40 Prozent (Bestandsnetze und neue Wärmenetze). Ab dem 1. Januar 2045 sollen dann sowohl Bestands- als auch neue Wärmenetze klimaneutral betrieben werden. Das WPG enthält hierbei auch Ausnahme-, Rückausnahme- sowie Übergangsvorschriften, die einzelfallabhängig zu prüfen sind.
Weiter schreibt das WPG die Erstellung sog. Wärmenetzausbau- und Dekarbonisierungsfahrpläne vor: Wird ein Wärmenetz nicht bereits vollständig mit Wärme aus erneuerbaren Energien, unvermeidbarer Abwärme oder eine Kombination aus beiden betrieben, muss grundsätzlich mit Frist bis zum 31. Dezember 2026 ein solcher Fahrplan erstellt, der zuständigen Behörde vorgelegt und auf der Internetseite des Wärmenetzbetreibers veröffentlicht werden.
Auch im GEG, dessen Anforderungen im Grundsatz auf die Industrie anwendbar sind, sind Bestimmungen zur Abwärme enthalten. Ziele des GEG sind die Energiewende im Wärmebereich, die Erreichung der nationalen und europäischen Klimaziele und die Reduzierung der Abhängigkeit von fossilen Energieimporten.
Dazu statuiert das GEG insbesondere bestimmte Anforderungen an Heizungsanlagen. Grundsätzlich gilt danach, dass eine Heizungsanlage zum Zweck der Inbetriebnahme in einem Gebäude nur eingebaut oder aufgestellt werden darf, wenn sie mindestens 65 Prozent der mit der Anlage bereitgestellten Wärme mit erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme erzeugt, vgl. § 71 Abs. 1 GEG. Für Neubauten im Neubaugebiet gilt das bereits seit dem 01. Januar 2024, im Bestand sind die Umsetzungsfristen abhängig vom Vorliegen einer kommunalen Wärmeplanung (KWP). Auch hier sind etwaige Ausnahme-, Rückausnahme- sowie Übergangsvorschriften zu berücksichtigen.
Was muss vertraglich geregelt werden?
Umsetzung und Herausforderungen bei der VertragsgestaltungBei Umsetzung der Vorgaben des EnEfG hat das betreffende Unternehmen verschiedene Schritte zu beachten. Zunächst ist zu prüfen, ob überhaupt Abwärme im Sinne der o.g. Definition vorliegt, wenn ja, von welcher Qualität sie ist, und ob nach der GWKHV ein entsprechendes Herkunftsnachweisregister beantragt werden kann. Nach Übermittlung der Informationen an die BfEE ist sodann unter Zuhilfenahme der Plattform für Abwärme zu prüfen, ob ein geeigneter Abnehmer für die Abwärme in Betracht kommt: Gibt es technische Limitierungen, die zu beachten sind? Wie groß ist die Distanz zum potenziellen Abnehmer? Entspricht sein Bedarf der angebotenen Abwärme?
Im dritten Schritt sind Einzelheiten des Transportes zu klären. Hier wird es insbesondere darauf ankommen, ob vorhandene Leitungen bzw. Netze bestehen, die genutzt werden können, oder ob es neuer Infrastruktur bedarf. Außerdem ist die Kostentragung zu klären, insbesondere die Beantragung von Fördermitteln, die Notwendigkeit von Investitionen sowie die Frage der Risikolast für Betrieb und Wartung der Transportinfrastruktur.
Sind diese Fragen geklärt, kommt es darauf an, die wesentlichen Punkte mit dem potenziellen Abnehmer vertraglich zu regeln. Aufzunehmen sind insbesondere Bestimmungen zur Lieferpflicht, zur Abrechnung, zur Messung der Abwärme und zur Laufzeit des Liefervertrages. Aufgenommen sollten zwingend auch Regelungen zu etwaigen Haftungsfragen z.B. bei einem (Total-)Ausfall der Abwärmebelieferung und eine Bestimmung zur Schadensersatzpflicht. Zu beachten sind außerdem die Vorgaben der neuen Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV).
Offen ist dabei noch, inwieweit Beschaffenheitsvereinbarungen zur Abwärmequalität Eingang in derartige Regelungswerke finden können. Da es sich dabei um einen „Dealbreaker“ handeln dürfte, ist hier dringend eine Klärung durch den Gesetzgeber notwendig.
Leuchtturmprojekt Leipzig
Dekarbonisierung der Leipziger Fernwärme durch Einbindung industrieller Abwärme
Im Juni 2024 kündigten die Leipziger Stadtwerke an, dass künftig Abwärme aus dem nahegelegenen Chemiepark Leuna in das Leipziger Fernwärmesystem eingespeist werden soll, und sorgte damit für Schlagzeilen. Die Wärme fällt bisher ungenutzt auf dem Industriegelände in Leuna an.
Die Realisierung soll durch den Bau einer knapp 20 km langen Wärmetransportleitung erfolgen, die eine Raffinerie mit dem bereits vorhandenen Fernwärmesystem in Leipzig verbindet. Zugleich soll eine Pipeline errichtet werden, die Wasserstoff vom Chemiepark zum Heizkraftwerk Leipzig-Süd transportieren kann. Mit dem Bau soll nach Abschluss des Genehmigungsverfahrens 2025 begonnen werden; die Fertigstellung ist für das Jahr 2027 avisiert.
Allein durch die Einbindung dieser Abwärme aus der Raffinerie können 38 Prozent des Leipziger Fernwärmebedarfs gedeckt werden. Rechnerisch bedeutet dies die CO2-freie Beheizung von etwa 100.000 Wohnungen. Auf einen Schlag wird somit ein Drittel der 600.000-Einwohner-Metropole emissionsfrei mit Wärme versorgt. So sollen jährlich 158.000 Tonnen CO2 vermieden werden.
Das Projekt wird durch Zuschüsse des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert. Für die Auskoppelung der Abwärme in Leuna erfolgt eine Förderung in Höhe von 27 Mio. Euro über das Programm „Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft“ (EEW). Gleichzeitig werden die Leipziger Stadtwerke beim Ausbau der Wärmeleitung nach Leipzig mit einer Förderung in Höhe von 70 Mio. Euro der „Bundesförderung für effiziente Wärmenetze“ (BEW) unterstützt.
Fazit
Bei der Abwärme handelt es sich um eine preisgünstige und verlässliche Wärmequelle, die einen wichtigen Bestandteil des Dekarbonisierungsprozesses im Wärmesektor darstellt und gleichzeitig Industriestandorte stärkt. Förderinstrumente wie BEW und EEW im Allgemeinen sowie das Praxisbeispiel aus Leipzig im Besonderen begleiten die Bestrebungen des Gesetzgebers, so die Dekarbonisierung voranzutreiben. Zugleich hemmen zusätzliche Regulierungsinstrumente und offene (Rechts-)Fragen die Umsetzungsbestrebungen der Unternehmen.
Die Umsetzung geplanter Anpassungen auf Grundlage des Regierungsentwurfes vom 22. Mai 2024, der zum Beispiel für unwesentliche Mengen von Abwärme Ausnahmen von der Meldepflicht nach § 17 EnEfG vorsieht, dürfte aktuell infolge des Bruchs der Ampelkoalition nicht zu erwarten sein. Es bleibt aber zu hoffen, dass sich die zukünftige Bundesregierung dann der offenen Fragen annimmt.