Geplante BauGB-Novelle mit Erweiterung des gemeindlichen Vorkaufsrechts im Dunstkreis von Share Deals und WEG – Unsicherheit bleibt

Hamburg, Oktober 2024

Entwurf der BauGB-Novelle

Das Bundeskabinett hat am 4. September 2024 mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der integrierten Stadtentwicklung eine umfangreiche Novelle des Baugesetzbuchs (BauGB) beschlossen. Das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren steht noch aus. Mit den geplanten Gesetzesänderungen will die Bundesregierung vor allem den Wirtschaftsstandort Deutschland stärken, besseren Klimaschutz im Gebäudesektor erreichen und die Schaffung bezahlbaren Wohnraums fördern. 

Änderungen beim gemeindlichen Vorkaufsrecht

Im Windschatten dieser Themenkreise nimmt sich die geplante BauGB-Novelle auch der Regelungen zum gemeindlichen Vorkaufsrecht (§ 24 ff. BauGB) an. Dieses soll im Zeichen der Eindämmung von Umgehungspotenzialen in zwei Richtungen erweitert werden: Der Gemeinde soll erstens ein Vorkaufsrecht auch bei Übertragung eines Grundstücks an eine Gesellschaft zustehen, wenn die Gegenleistung hierfür ausschließlich in einer Geldzahlung besteht. Zweitens sollen künftig Verkäufe von Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) ein Vorkaufsrecht auslösen können, wenn sämtliche auf einem Grundstück liegende Wohnungseigentumsrechte gemeinsam in einem Kaufvertrag verkauft werden.

Ausgangslage bei Share Deals

Die derzeitigen Regelungen der § 24 ff. BauGB räumen der jeweiligen Gemeinde in den im BauGB näher geregelten Fällen ein Vorkaufsrecht beim Kauf von Grundstücken ein. Dies bezieht sich auf den Kauf des Grundstücks selbst (Asset Deal). Werden dagegen die Anteile an einer Gesellschaft verkauft, die Eigentümerin eines Grundstücks ist (Share Deal), liegt vom Wortlaut her kein Kauf eines Grundstücks im Sinne der gesetzlichen Regelung vor. 

Mit diesem Zuschnitt des Vorkaufsrechts geht ein gewisses Umgehungspotenzial einher. Dem begegnet die Rechtsprechung bereits heute mit einer Erstreckung des Vorkaufsrechts auf eindeutige Umgehungskonstellationen. Vor diesem Hintergrund wird seit Längerem diskutiert, inwieweit Share-Deal-Konstellationen einem Vorkaufsrecht unterliegen sollen. Besondere Aktualität hat diese Diskussion gewonnen, nachdem einzelne Kommunen tatsächlich Vorkaufsrechte bei Share Deals ausgeübt haben. Dies hat den Ruf nach einer gesetzgeberischen Lösung der Thematik lauter werden lassen, um auch in Share-Deal-Konstellationen für Rechts- und Transaktionssicherheit zu sorgen.

Regelungskonzept der Bundesregierung

Die geplante Novelle des BauGB greift diese Thematik in dem vorliegenden Kabinettsentwurf mit einem auf den ersten – und leider auch zweiten – Blick nicht intuitiven Regelungszugriff auf, der zudem nicht geeignet ist, für die gewünschte Rechts- und Transaktionssicherheit zu sorgen. 

Übertragung eines Grundstücks an eine Gesellschaft gegen Geldzahlung

Der angedachte § 24 Abs. 2a BauGB-E sieht in der Fassung des Kabinettsentwurfs vom 3. September 2024 vor, dass für die Zwecke des gemeindlichen Vorkaufsrechts die Verpflichtung, das Eigentum an einem Grundstück an eine Gesellschaft zu übertragen, dem Grundstückskauf dann gleichstehen soll, wenn die Gegenleistung ausschließlich in einer Geldzahlung besteht. 

Dieser Regelungsvorschlag stößt in der Praxis soweit ersichtlich ganz überwiegend auf deutliche Kritik. In erster Linie ist diese darauf gerichtet, dass der Regelungsvorschlag sich zu den eigentlich neuralgischen Fällen des (klassischen) Share Deals – nämlich die Veräußerung von Anteilen einer Objektgesellschaft, die ein Grundstück hält – gar nicht verhält. Insofern ist der Regelungsvorschlag nicht geeignet, Rechts- und Transaktionssicherheit zu schaffen. Darüber hinaus stellt sich im ersten Zugriff vor allem die Frage, welche Konstellationen über den klassischen Asset Deal hinaus von der Neuregelung überhaupt erfasst werden sollen.

Vorkaufsrecht bei nach WEG aufgeteilten Grundstücken

Nach derzeitiger Rechtslage steht einer Gemeinde das Vorkaufsrecht beim Kauf von Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz ausdrücklich nicht zu – das Gleiche gilt übrigens beim Kauf von Erbbaurechten. Die WEG-Regelung führt im Falle einer Veräußerung aller Wohnungseigentums- beziehungsweise Teileigentumsrechte dazu, dass wirtschaftlich das gesamte Grundstück verkauft wird, ohne dass nach dem Wortlaut des Gesetzes ein Vorkaufsrechtsfall begründet wird. 

Um diese Umgehungsmöglichkeit auszuschließen, soll das Vorkaufsrecht künftig auch auf den Kauf von Rechten nach dem WEG anwendbar sein, wenn dadurch sämtliche auf einem Grundstück liegenden Wohnungseigentumsrechte gemeinsam in einem Kaufvertrag verkauft werden.

Ob dieser Vorschlag, der ebenso wie die Share-Deal-Regelung im Zuge der Kabinettsberatung gegenüber dem Referentenentwurf mit heißer Nadel noch signifikant abgeändert wurde, so Bestand haben wird, bleibt abzuwarten. Erste Schlupflöcher durch sukzessiven Verkauf liegen auf der Hand.

Ausblick auf das weitere Gesetzgebungs­verfahren

Angesichts der breiten Kritik an den Gesetzgebungsvorschlägen zur Erweiterung des gemeindlichen Vorkaufsrechts ist zumindest mit gewissen rechtstechnischen Nachjustierungen im parlamentarischen Gesetzgebungsprozess zu rechnen. Dass der Gesetzgeber die vorgeschlagenen Regelungen zur Erweiterung des Vorkaufsrechts noch einmal grundsätzlich auf den Prüfstand stellt, erscheint nach dem Kabinettsdurchlauf dagegen eher unwahrscheinlich. 

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