Bereits im April dieses Jahres hatten die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV-SV) im Bewertungsausschuss weitreichende Änderungen in der labordiagnostischen Versorgung beschlossen. Während Labormediziner noch versuchen, diese Honorarreform, die zum 1. Januar 2025 in Kraft treten soll, aufzuhalten, stellt sich die Frage, welche Überlegungen im M&A-Geschehen getroffen werden sollten.
Die geplante Laborreform 2025 „in a nutshell“
Abwertung der Kostenerstattungen für kurative Labordiagnostik
Die KBV und der GKV-SV vereinbaren gemäß §87 Abs. 1 Satz1 SGB V im Bewertungsausschuss den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM). Ausweislich der entscheidungserheblichen Gründe zur sog. Honorarreform 2025 zielt die Weiterentwicklung des EBM auf eine rechtssichere und angemessene Vergütung der präanalytischen Leistungen (Transportkosten, Entnahmematerial und elektronische Auftragserteilung), die außerhalb der eigenen Arztpraxis durchgeführt werden sowie die Anpassung des laborärztlichen Honorars an den kalkulatorischen Arztlohn. De facto soll zur Finanzierung der genannten erhöhten Pauschalen sowie zur Anhebung der fachärztlichen Grundpauschale eine Abwertung vieler Laborleistungen erfolgen.
Labormediziner kritisieren die geplanten Abwertungen
Nach Einschätzung des Verbands Akkreditierter Labore in der Medizin e.V. (ALM) und des Berufsverbands der Ärztinnen und Ärzte für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie e.V. (BÄMI), würden die geplanten Einschnitte bei den Laborleistungen die Existenz vieler Labore in Deutschland und damit die flächendeckende und wohnortnahe Versorgung der Patienten gefährden. Nach Verbandsangaben sei eine Abwertung der Kostenerstattungen für kurative Labordiagnostik um durchschnittlich zehn Prozent vorgesehen. Negative Folgen fürchtet der ALM insbesondere für die fachärztlichen Labore, Facharztgruppen mit einem Eigenlabor sowie Fachärzte für Humangenetik und Pathologie.
Die Verbände haben sich bereits im Juli mit einem offenen Brief gegen die Reform ausgesprochen, hinter dem mehr als 5.000 Unterzeichnende stehen. Der ALM hat die Forderung nach Aussetzung der Reform kürzlich in seiner Krisensitzung am 1. Oktober 2024 noch einmal bekräftigt und unter dem Titel „Laborreform 2025: Die Reform, die keine ist.“ ein umfassendes Whitepaper zum Thema veröffentlicht. Darin schlägt der Verband vor, die aktuelle Beschlussfassung zunächst auszusetzen und die aktuell geltenden Regelungen um ein Jahr zu verlängern, um inhaltlich zu einer angemesseneren Laborreform beitragen zu können.
Auswirkungen auf M&A-Transaktionen im Labor-Sektor
Die etwaigen finanziellen Auswirkungen der geplanten Honorarreform 2025 sind für Labore im Rahmen des M&A-Prozesses zu berücksichtigen. Bereits in der Due Diligence ist zu prüfen, ob und in welchem Ausmaß Leistungen erbracht werden, die im Rahmen der Reform von einer Abwertung betroffen sind und in welchem Umfang finanzielle Auswirkungen zu erwarten sind. Die etwaig aufgedeckten Folgen sind in der Folge adäquat im Kaufvertrag abzubilden.
Die zu erwartenden geringeren Einnahmen können die Tragfähigkeit des Geschäftsmodells des Labors in Frage stellen und sind in jedem Fall bei der Bewertung und Kaufpreisfindung zu berücksichtigen. Eine Risikoaufteilung kann insbesondere durch die Ausgestaltung eines Earn-out-Mechanismus erfolgen oder durch die Möglichkeit der späteren Anpassung des Kaufpreises abhängig von der Entwicklung des Zielunternehmens nach Vollzug. Gerade im Hinblick auf die bekannte Reform und die sich daraus ergebenden Umsatzrückgänge ist eine klare und eindeutige Formulierung von Vertragsklauseln von äußerster Wichtigkeit, um späteren Streitigkeiten vorzubeugen.
Eine Garantie des Verkäufers dergestalt, dass die geplante Honorarreform für das Target keine Nachteile mit sich bringt, ist ebenfalls grundsätzlich denkbar, sofern das Target nicht in den Anwendungsbereich der Reform fällt. Die Folgen sind aber für alle Parteien schlecht abschätzbar, zumal Anpassungen bei der Reform möglich sind, so dass eine solche Garantie nicht belastbar abgegeben werden kann.
Möchte der Käufer trotz erheblicher identifizierter Risiken durch die anstehende Reform die Transaktion dennoch fortsetzen, könnte er sich vor einer unerwarteten nachteiligen Änderung durch die Reform nach Abschluss des Kaufvertrages bis zu dessen Vollzug dadurch schützen, dass er bestimmte aufschiebende Bedingungen vereinbart oder eine sog. Material-Adverse-Change-Klausel (kurz MAC-Klausel) aufnimmt, die ihm das Recht einräumt, bei einer wesentlichen Verschlechterungen der Bewertung von Laborleistungen durch Inkrafttreten der Honorarreform 2025 eine Kaufpreisanpassung vorzunehmen bzw. vom Kaufvertrag zurücktreten. Beides würde allerdings zu einer Unsicherheit führen, ob die Transaktion erfolgreich vollzogen werden kann, was Verkäufer zu vermeiden suchen. Richtiger wäre daher eine Regelung im Bereich der Kaufpreismechanik. Zudem hätte der Käufer im Falle des nicht stattfindenden Vollzugs trotzdem die – je nach Wert des Unternehmens – ggf. nicht unerheblichen Beurkundungskosten zu tragen.
Fazit
Ob die geplante Honorarreform in Kraft tritt oder aufgrund des Drucks der Labormediziner noch verschoben und überarbeitet wird, bleibt abzuwarten. In laufenden M&A-Prozessen sind Käufer gut beraten, das Risiko der mit der Honorarreform 2025 verbundenen etwaigen geringeren Einnahmemöglichkeiten nicht nur kommerziell, sondern auch vertragstechnisch bei den Verhandlungen zu berücksichtigen und im Kaufvertrag sehr präzise zur formulieren.