Spätestens seit Beginn der Corona-Pandemie macht sich die Digitalisierung in der Arbeitswelt deutlich bemerkbar. Digitale Personalakten, die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, digitale Urlaubsanträge, elektronische A1-Bescheinigungen oder elektronisch signierte Arbeitsverträge sind nur wenige Beispiele des stetigen Digitalisierungsfortschritts des HR-Workflows. Hierdurch können erheblich Kosten gespart und Prozesse beschleunigt werden. Zentral ist dabei eine rechtssichere, elektronische Signatur. Was allerdings müssen Arbeitgeber bei ihrer Verwendung beachten, um ihren elektronischen HR-Workflow sinnvoll und rechtssicher zu gestalten?
I. Typen elektronischer Signaturen
Der Begriff der elektronischen Signatur ist mit Inkrafttreten der unmittelbar in Deutschland geltenden EU-Verordnung Nr. 910/2014 (sog. „eIDAS-VO“) europaweit einheitlich geregelt worden. Im Zusammenspiel mit dem Vertrauensdienstegesetz (VDG) und dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) wird die Rechtskonformität digitaler Unterschriften geregelt. Die eIDAS-VO unterscheidet zwischen drei verschiedenen Formen, der einfachen, der fortgeschrittenen und der qualifizierten elektronischen Signatur, wobei die Sicherheitsanforderung an die jeweilige Signatur stets steigen.
Die einfache elektronische Signatur stellt die einfachste Form dar, an die auch keine Anforderungen an eine etwaige Verschlüsselung gestellt werden. Davon umfasst sein sollen beispielsweise bereits eine mit Namen unterzeichnete E-Mail oder eine eingescannte Unterschrift in einer Bewerbung.
Bei der fortgeschrittenen elektronischen Signatur ist die Unterschrift unter Verwendung elektronischer Signaturerstellungsdaten eindeutig dem Unterzeichner zugeordnet, sodass dessen Identifizierung ermöglicht wird.
Die qualifizierte elektronische Signatur, die die gleiche Rechtswirkung wie eine handschriftliche Unterschrift hat, bietet als stärkste Form elektronischer Signaturen die höchste Sicherheit und Rechtsverbindlichkeit im Rechtsverkehr, weswegen sie besonders strenge technische Voraussetzungen erfüllen muss. Sie ist im Grunde eine fortgeschrittene elektronische Signatur, die von einer qualifizierten elektronischen Signaturerstellungseinheit erstellt wurde und darüber hinaus auf einem qualifizierten Zertifikat für elektronische Signaturen beruht, welches von einem der von der Bundesnetzagentur zertifizierten Vertrauensdiensteanbieter erstellt werden muss. Die qualifizierte elektronische Signatur ist somit erst dann rechtskonform, wenn der dazwischengeschaltete Zertifizierungsdienstleister die Echtheit der Unterschrift garantiert.
II. Gesetzliche Formvorschriften
Grundsätzlich gilt im Arbeitsrecht Formfreiheit, so dass bereits die Anwendung der einfachen elektronischen Signatur ausreicht. Sie kann einem somit bereits im Bewerbungsprozess begegnen. Aber auch weitere HR-Dokumente, wie z.B. Arbeitsverträge, sind mit dieser Signatur rechtswirksam.
Allerdings gibt es einige Ausnahmen zu diesem Grundsatz. Ist im Gesetz die sogenannte Schriftform bestimmt, kann nur eine qualifizierte elektronische Signatur die eigenhändige Unterschrift ersetzen (§ 126 Abs. 3 BGB i.V.m. § 126a BGB), sofern diese nicht explizit gesetzlich ausgeschlossen wird. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber im Betriebsrätemodernisierungsgesetz teilweise sogar eine ausdrückliche Ersetzungsbefugnis vorgesehen. Ein Rückgriff auf die qualifizierte elektronische Signatur ist demnach z.B. möglich bei
- befristeten Arbeitsverträgen (§ 14 IV TzBfG) sowie
- Arbeitsverträgen mit nachvertraglichem Wettbewerbsverbot (§74 Abs. 1 HGB)
- Betriebsvereinbarungen (§ 77 Abs. 2 S. 3 BetrVG), mit der Besonderheit, dass die Parteien dasselbe Dokument signieren müssen
- Beschlüssen der Einigungsstelle (§ 76 Abs. 3 S. 4 BetrVG)
- Interessenausgleichen über Betriebsänderungen (§ 112 Abs. 1 S. 1 a.E. BetrVG)
Gesetzliche Ersetzungsverbote im Individualarbeitsrecht finden sich z.B. bei
- der Beendigung von Arbeitsverhältnissen (vgl. § 623 a.E. BGB),
- der Zeugniserteilung (§109 Abs. 3 GewO, § 630 S. 3 BGB, § 16 Abs. 1 S. 2 BBiG) oder
- dem Nachweis der wesentlichen Arbeitsvertragsbedingungen (§ 2 Abs. 1 S. 3 NachwG; § 11 Abs. 1 S. 1 BBiG; § 11 Abs. 1 S. 1 AÜG i.V.m. § 2 Abs. 1 S.3 NachwG).
III. Praxishinweise
Im Grunde spricht vieles für einen digitalen Workflow, nicht zuletzt Zeit- und Kostenersparnisse, da die Mehrheit der HR-Prozesse problemlos elektronisch durchgeführt werden kann. Bei der Auswahl des Anbieters von eSignature-Tools ist jedoch Vorsicht geboten, wenn ein Rechtsgeschäft eine qualifizierte elektronische Signatur erfordert. Nicht alle Anbieter erfüllen die strengen gesetzlichen Voraussetzungen, wie das Arbeitsgericht Berlin mit seinem Urteil vom 28. September 2021 (Az. 36 Ca 15296/20) gezeigt hat. In dem vom Arbeitsgericht Berlin entschiedenen Fall wurde das Schriftformerfordernis der streitgegenständlichen Befristungsabrede des Arbeitsvertrages nicht gewahrt, da die elektronische Signatur nicht unter Verwendung eines zertifizierten Systems erstellt wurde. Rechtsfolge war somit ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Ob das im Rahmen der Kooperation zwischen DocuSign, einem der führenden Anbieter von digitalen Unterschriften, mit D-TRUST, dem Zertifizierungsdiensteanbieter der Bundesdruckerei, angebotene e-Sign-Verfahren den hohen gesetzlichen Anforderungen genügt, beschäftigte zuletzt das Arbeitsgericht Berlin, dem die Entfristungsklagen von Kurierfahrern des Lieferdienstes Gorillas zur Entscheidung vorlagen (Aktenzeichen 20 Ca 8498/21 und 20 Ca 8500/21 – Erledigung ohne gerichtliche Entscheidung).