Die Nachhaltigkeit und die Energiewirtschaft

Berlin, 14.03.2023

Vorbemerkungen

„Die“ Nachhaltigkeit wird ihrem Anspruch gerecht:

Es gibt derzeit kaum jemanden in der Unternehmenslandschaft und in beratenden Berufen, der sich diesem Schlagwort nicht widmet. Nachhaltigkeit verspricht Zukunft. Sie verspricht auch Geschäft. Die Voraussetzungen für ein Erfolgsmodell könnten also nicht besser sein. Allein:

Das Thema ist komplex, zuweilen etwas mühsam und ohne jeden Zweifel keine herbeigeredete, sondern eine tatsächliche Herausforderung. Warum: Strategie und Taktik, Konzept und Miteinander sind gefragt. Tugenden und Anforderungen, die der Zeitgeist erst wieder erobern muss.

Wo stehen wir hier – energiewirtschaftsrechtlich?

Sprechen wir über energiewirtschaftliche Nachhaltigkeit, sprechen wir in der Regel über Unternehmensstrategie. Diese wird – mehr und mehr – bestimmt durch die drei Bereiche Environmental (Umwelt), Social (Soziales) und Governance ((Unternehmens) Führung und -kontrolle) – ESG.

Grenzen wir ein: Nachhaltigkeit in der Energiewirtschaft setzt an der Gewinnung/Erzeugung von Strom, Gas, (grünem) Wasserstoff und anderen zukünftigen Energieträgern und deren effizienter Nutzung an. Während sich hier viel entwickelt, verschwinden herkömmliche Energieträger langsam aber stetig, aus vielen Gründen. Neue Energieträger werden implementiert. Zudem wird Effizienz der Erzeugung und Nutzung gesucht, erwartet und gefördert.

Die Ausrichtung auf Erneuerbare Energien (EE) geht einher mit deren positiver ökologischer Bewertung, deren transparenter Bezug erhöht die Reputation des Kunden. Strategisches Unternehmensziel ist mithin eine nachhaltige Energieversorgung, die auf EE beruht. EE (Erneuerbare Energien) sind Biomasse, Erdwärme, Sonnen- (Solar-) Energie, Wasserkraft und Windenergie (§ 3 Nr. 21 EEG 2023) für eine Energieversorgung mit Strom, Wärme und Mobilität. Der Einsatz EE betrifft auch die Umstellung der Produktionsprozesse in/von insbesondere Industrie- und Gewerbeunternehmen. Beispiele dafür sind – in aller Munde – die Chemieindustrie und die Stahlindustrie, bei denen Nachhaltigkeit immer auch Dekarbonisierung heißt.

Regulatorische Anforderungen

Im übergeordneten Bereich der Nachhaltigkeit ist die Regulierungsdichte hoch. Die Einspeisung von EE unterliegt seit dem Stromeinspeisegesetz und dessen Nachfolgeregelung (dem EEG) seit den 1990er Jahren gesetzlichen Vorgaben. Spätestens mit dem Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung, verabschiedet am 14. November 2016 (als Folge der Umsetzung des vorausgegangenen Übereinkommens von Paris, Pariser Klimaabkommen), dem sog. Klima-Beschuss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. März 2021 und aktuell dem Klimaschutz-Sofortprogramm 2022 verbreitert sich der Regelungsansatz mit flankierenden Gesetzen in Richtung ESG. Hier zu erwähnen sind mit Relevanz auf die Energiewirtschaft

(1) als europäische Nachhaltigkeitspolitik

  • Maßnahmenpakete wie dem European Green Deal, Fit for 55 oder dem Green Deal Industrial Plan,
  • die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD, voraussichtlich in Kraft ab 2024),
  • die Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) und
  • die EU-Taxonomie (Umwelt- und Sozialtaxonomie, mit der sog. RED II Richtlinie und zuletzt dem delegierten Rechtsakt mit Kriterien für grünen Wasserstoff, siehe dazu unser Legal Update vom 15. Februar 2023)

(2) auf nationaler Ebene

  • natürlich das EnWG unter Berücksichtigung der Novelle aus 2022,
  • das EEG 2023,
  • ferner das Gebäudeenergiegesetz (GEG, seit 2020, derzeit wird eine Novelle vorbereitet),
  • das Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG, seit 2021), und
  • das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG mit der Novelle aus 2022)

sowie

  • das CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (CSR-RUG, seit 2017),
  • das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzt

(LkSG, siehe dazu unsere Legal Update vom 08. März 2023 und 01. Dezember 2022)

Die Aufzählung ist nicht abschließend, skizziert aber die Schwerpunkte des Regulierungsansatzes.

Die Summe der vorstehenden Vorschriften zeigt, dass eine Energieerzeugung und/oder eine Energiebeschaffung und/oder ein Energieverbrauch immer gleichzeitig auch Themen von ESG-Compliance und nicht nur Aspekte des Umweltrechtes sowie der Energiewirtschaft bedienen. Wird Strom aus EE transparent eingekauft, zeigt sich die Nachhaltigkeit in verschiedenen Facetten.

Nachhaltigkeitsberichterstattung

Eine solche Facette ist die Berichterstattung. Im Grundsatz nichts Neues getreu dem Motto: Tue Gutes und rede darüber. Nach dem CSR-RUG sind bei weitem noch nicht alle Unternehmen gesetzlich verpflichtet, über ihre Nachhaltigkeit zu berichten. Aber wer nicht muss, der darf und sollte sogar.

Diverse Studien belegen: Branchenübergreifend wird ein transparentes Engagement für nachhaltiges Wirtschaften ein gewichtiges kaufmännisches Kriterium. Viele Unternehmen richten sich auf eine Berichterstattung über ihr dahingehendes Engagement ein; insbesondere dann, wenn sie auf Kunden, Investoren und Geschäftspartner angewiesen sind oder Nachwuchs einstellen und an das Unternehmen binden wollen und/oder sich ohnehin dem Thema verpflichtet fühlen. Geschäftsmodelle werden in Richtung einer ESG-Konformität transformiert.

Für die fünf Vorgaben, die in der Berichtspflicht nach dem CSR-RUG angesetzt sind,

  1. Umweltbelange
  2. Arbeitnehmerbelange
  3. Sozialbelange
  4. Menschenrechte
  5. Bekämpfung von Korruption und Bestechung

zählen insbesondere die Umweltbelange (mit den Stichwörtern Treibhausgasemission, Wasserverbrauch, Luftverschmutzung, – unser Thema – Nutzung von (nicht) EE, Schutz der biologischen Vielfalt) zum Katalog der Argumente, unternehmerische Zukunft zu platzieren, als Kategorie.

Auswahlkriterien einer Nutzung von Erneuerbaren Energien

Für die Anbahnung und Umsetzung der Nutzung der EE ist hier zu entscheiden über die:

1. Auswahl der Erzeugungsträger

Allerorts werden PV-Anlagen Aufdach – gern in Kombination mit Wärmepumpen – als zwar nicht sonderlich innovative, aber durchaus zielführende Beschaffungsoption gehandelt. Nähert man sich dem Thema etwas konsequenter, hat man die Qual der Wahl: PV-Aufdach, ggf. mit Wärmepumpen sind nicht die einzige Erzeugungstechnologie, die – weil als EE im EEG 2023 legal definiert – nachhaltig ist (siehe vorn, § 3 Nr. 21 EEG 2023).

 

2. Bezugsoption

Auch hier gibt es diverse Möglichkeiten, die zu prüfen und auszuwählen sind. Es gibt

  1.  die Option, selbst zu bauen, sofern man dies kann und will. Das hat – als qualitativer Indikator durchaus anzuerkennen – einen sehr hohen Nachhaltigkeitswert aufgrund des eigenen, transparenten Beschaffungsvorgangs. Die eigene Errichtung einer EE-Erzeugungsanlage kann zum Beispiel eine Alternative sein, wenn der benötigte Strom nicht anderweitig kostengünstig beschafft werden kann oder darauf passende Lastvarianten zu bewältigen sind. Die Erzeugungsanlagen im Bereich Solar sind unbenommen der aktuellen Entwicklung kostengünstiger und die Errichtungszeiträume kürzer als bei Wind Onshore und Wind Offshore. Gegen die eigene Errichtung sprechen Bau- und Inbetriebnahmerisiken, die dann sehr lange Bindung an die Assets nach sich ziehen. Hinzu kommt eine gewisse Inflexibilität, wenn sich Markt oder Technologie verändern oder aber der Verbrauch anzupassen ist.

 

  1.  Eine zweite Bezugsoption ist der Anlagenerwerb (auf den Zeitpunkt oder nach Inbetriebnahme) und der Bezug der EE aus den gekauften Anlagen. Die Vorteile entsprechen den vorgenannten Überlegungen unter (1). Dagegen sprechen Kapitalbindung, die möglicherweise niedrige Rendite auf das Eigenkapital und zusätzliche Risiken aus dem Erwerb. Auch hier muss man also abwägen.

 

  1.  schließlich – ggf. auch in Kombination mit Strukturen nach (1) und (2) – die Bezugsoption über Power Purchase Agreements (PPA).

Aktuelles zum PPA

Der PPA – hier verstanden als sonstige Direktvermarktung im Sinne des § 21a EEG 2023 – ist in der deutschen Energielieferlandschaft angekommen. Die hohen am Markt erzielbaren Beschaffungspreise und die ungebrochen große Nachfrage, mit der ein Nachweis über Herkunfts-und/oder Regionalnachweise verknüpft werden und daher zertifiziert transparent die Strombeschaffung definieren kann, haben dazu geführt, dass im Bereich Solar und Wind Onshore signifikante Kapazitäten über PPA´s abgerufen werden. Auch die Abschlüsse über große Kapazitäten (Wind Offshore) nehmen zu.

Neben vertraglich vereinbarten und damit verlässlich kalkulierbaren Preisen und der Versorgungssicherheit spielen dabei ferner häufig Anspruchsvoraussetzungen für Privilegierungen oder Treibhaugasminderungsziele/ -verpflichtungen eine Rolle. 

Obacht ist auch hier geboten: Neben der Kenntnis des Strommarktes und der Marktentwicklungen sind korrespondierenden energiewirtschaftliche Dienstleistungen (wie das Bilanzkreismanagement) abzuschichten. Dies ist sicherzustellen, wenn – wie eher selten – keine Vollversorgung oder Direktlieferung ohne Nutzung des öffentlichen Netzes vereinbart wird. 

Ein PPA kommt also eher selten allein daher.

Resümee

Nachhaltigkeit ist ein durchaus positiver Treiber in der Energiewirtschaft. Sie stellt derzeit deutlich auf EE und damit zusammenhängende, neue Geschäftsmodelle ab. Mit dem Erreichen der Klimaschutzziele in Bezug auf EE wird sich dieser Impuls auf andere Schwerpunkte verlagern. Bis dahin aber dürfte der Wettbewerb diejenigen fördern, die Strategie und Taktik, Konzept und Miteinander innovativ für ihre Beschaffungsoptionen nutzen. Mit Neufassung der Energieeffizienzrichtlinie auf EU-Ebene wird nun auch das Thema der Energieeffizienz auf nationaler Ebene zeitnah an Fahrt aufnehmen und damit in den Kanon der Nachhaltigkeitskriterien eingehen.

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