I. Was war geschehen?
Gemäß dem Abkommen über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten in Steuersachen („AIA“) war ursprünglich beabsichtigt, dass die Türkei bereits für das Jahr 2019 an dem automatischen Austausch mit Deutschland teilnimmt. Hiervon nahm die Türkei jedoch zunächst Abstand, indem sie kurzfristig Deutschland und fünf andere EU-Staaten vom automatischen Informationsaustausch ausnahm. Nachdem der Rat der EU anlässlich der Festlegung der nicht kooperativen Länder und Gebiete für Steuerzwecke („schwarze Liste“) der Türkei ein Ultimatum bis zum 30. Juni 2021 gesetzt hatte, um den automatischen Informationsaustausch mit allen 27 EU-Staaten effektiv umzusetzen, hat die Türkei nunmehr die ersten notwendigen Schritte ergriffen, um den AIA auch mit den verbleibenden sechs EU-Staaten (darunter Deutschland) zu vollziehen.
II. Austausch von Informationen für die Jahre 2019 und 2020
Mit präsidialem Beschluss vom 31. Mai 2021 hat die Türkei das Abkommen über den automatischen Informationsaustausch auch in Bezug auf die bislang ausgenommenen EU-Staaten, darunter Deutschland, in Kraft setzt. Als frühester Zeitraum, für den Informationen ausgetauscht werden sollen, wurde dabei der Zeitraum ab dem 1. Januar 2019 festgelegt. Zugleich wurde der 3. Februar 2020 als derjenige Tag festgelegt, ab dem das Abkommen Anwendung finden soll.
Der Rat der EU hatte der Türkei im Februar 2021 die Vorgabe gemacht, bis zum 30. Juni 2021 die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um einen automatischen Informationsaustausch für das Jahr 2019 bis zum 1. September 2021 und einen solchen für die Jahre 2020 und 2021 bis zum 30. September 2021 bzw. 30. September 2022 sicherzustellen. Der Einhaltung dieser Vorgaben dienend ist der vorbenannte präsidiale Beschluss gefasst worden.
Demnach sollen – bei weiterer konsequenter Umsetzung – sämtliche Finanzinstitute in der Türkei und Deutschland die sich bei ihnen befindlichen Informationen über Finanzkonten von Kunden mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im jeweils anderen Staat automatisiert bereitstellen, so dass diese letztlich den Steuerbehörden am Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Kunden zur Verfügung stehen. Zwecks Einhaltung der Vorgaben des Rats der EU ist dabei vorgesehen, dass für das Jahr 2019 die entsprechenden Informationen bis zum 1. September 2021, für das Jahr 2020 bis zum 30. September 2021 und für das Jahr 2021 (dann im Regelturnus) bis zum 30. September 2022 ausgetauscht werden.
III. Was hat der Beschluss für Folgen?
Die Türkei treibt die Umsetzung des AIA nun offensichtlich voran, um die drohende Aufnahme auf die „schwarze Liste“ der EU abzuwenden. Im ersten Schritt sollen Informationen für das Jahr 2019 bis zum 1. September 2021 ausgetauscht werden.
In Deutschland (unbeschränkt) Steuerpflichtige sollten etwaige Investitionen in und Einkünfte aus der Türkei einer Überprüfung unterwerfen, um sicherzustellen, dass sie all ihren gesetzlichen Pflichten nachgekommen sind, und um erforderlichenfalls Maßnahmen zu initiieren, die diesem Zweck dienen. Unser bilinguales Team an Rechts- und Steuerexperten, gemeinsam mit unserem umfassenden Kooperationsnetzwerk in der Türkei, kann dabei behilflich sein.