[] Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (= European Securities and Markets Authority, kurz „ESMA") hat am 16. November 2011 ihren Abschlussbericht betreffend die Umsetzung der seit dem 21. Juli 2011 in Kraft getretenen Richtlinie zur Regulierung von Managern alternativer Investmentfonds („AIFM-Richtlinie") veröffentlicht.
Intension der AIFM-Richtlinie ist es, die Manager von Alternativen Investmentfonds (kurz „AIFM" und die von den Managern verwalteten alternativen Investmentfonds kurz „AIF") innerhalb der EU einheitlich stärker zu regulieren und zu beaufsichtigen. Die Regelungen der AIFM-Richtlinie lehnen sich dabei in weiten Teilen an die bereits bestehenden Regulierungsstandards der EU-Finanzmarktrichtlinie (Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente, kurz „MiFID-Richtlinie") und der OGAW-Richtlinie (Richtlinie zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren, kurz „OGAW-Richtlinie") an. Wie in unserem Newsletter vom 4. Juli 2011 ausgeführt, richtet sich die AIFM-Richtlinie ausschließlich an die Verwalter der Fonds. Die Regulierung der Fonds an sich wird durch das am 6. Dezember 2011 beschlossene Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts („FinAnlVG") parallel dazu durchgeführt.
Bislang entfaltet die AIFM-Richtlinie für die AIFM keine Wirkung. Vielmehr muss die AIFM-Richtlinie in nationales Recht umgesetzt werden. Die Umsetzungsfrist für die AIFM-Richtlinie in nationales Recht der Mitgliedsaaten begann mit Inkrafttreten der AIFM-Richtlinie und läuft zwei Jahre.
Auf Bitten der Europäischen Kommission erstellte die ESMA einen Bericht hinsichtlich technischer Empfehlungen zur Ausgestaltung der Umsetzungsmaßnahmen (sog. „Level-II Maßnahmen"). Die Europäische Kommission wird nun unter Berücksichtigung der ESMA Empfehlungen - neben der AIFM-Richtlinie - Level-II Maßnahmen erlassen.
Es wird erwartet, dass der deutsche Gesetzgeber Mitte diesen Jahres einen ersten Diskussionsentwurf zur Umsetzung der AIFM-Richtlinie veröffentlicht. Wie der deutsche Gesetzgeber die AIFM-Richtlinie umsetzt, ist bisher nicht bekannt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die ESMA Empfehlungen Berücksichtigung finden werden.
Überblick über die Highlights der ESMA Empfehlung
Die ESMA nimmt in dem 500 Seiten umfassenden Ab-schlussbericht Stellung zu den Regelungen der AIFM-Richtlinie. Besonders hervorzuheben sind die Empfehlungen der ESMA zu den folgenden Punkten:
Berechnung des verwalteten Investments im Hinblick auf die Ausnahme gemäß Art. 3 Abs. 2 der AIFM-Richtlinie (Box 1-4 des ESMA Abschlussberichts) „Zusätzliche Eigenmittel“ oder „Berufshaftpflichtversicherung“ zur Abdeckung der Berufshaftungsrisiken im Sinne des Art. 9 Abs. 7 der AIFM-Richtlinie (Box 5 – 9 des ESMA Abschlussberichts) Risikomanagement (Art. 15 AIFM-Richtlinie; (Box 25 – 30 des ESMA Abschlussberichts) Voraussetzungen für die Übertragung von Funktionen der AIFM (Art. 20 AIFM-Richtlinie; Box 63 - 74 des ESMA Abschlussberichts) Ausgestaltung der Berichtspflichten gegenüber den zuständigen Behörden (Art. 24 der AIFM-Richtlinie; Box 109 sowie Anhang V des ESMA Abschlussberichts)
Berechnung des verwalteten Investments im Hinblick auf die Ausnahme gemäß Art. 3 Abs. 2 der AIFM-Richtlinie
Die Mitgliedstaaten haben gemäß Art. 3 Abs. 2 der AIFM-Richtlinie die Möglichkeit im Rahmen der Umsetzung der AIFM-Richtlinie erleichterte Bedingungen für Manager kleinerer Vermögen zu schaffen. Die in der AIFM-Richtlinie festgelegten Schwellenwerte zur Bestimmung der kleineren Vermögen liegen bei EUR 100 Mio. für AIFM, die eine Hebelfinanzierung verwenden und bei EUR 500 Mio. für AIFM, die ohne eine Hebelfinanzierung arbeiten.
Um die Ausnahmen von dem Anwendungsbereich der AIFM-Richtlinie zu bestimmen, empfiehlt die ESMA (Box 1 des Abschlussberichts) folgendes Vorgehen: (i) Identifizierung der AIF nach Art. 5 der AIFM-Richtlinie und (ii) Berechnung der oben genannten Schwellenwerte nach dem „total value of assets under management"-Ansatz. Der Abschlussbericht der ESMA enthält keine konkreten Leitlinien zur Berechnung des Wertes. Vielmehr erfolgt die Berechnung nach den nationalen Vorschriften. Die ESMA empfiehlt, dass der Wert mindestens jährlich unter Zugrundelegung der zuletzt vorhandenen Wertberechnung berechnet wird und ggf. Vermögensgegenstände beinhalten soll, die durch die Hebelfinanzierung erworben wurden. Diejenigen AIFM, die den jeweils oben genannten Schwellenwert nicht überschreiten, müssen sich bei der jeweils zuständigen Behörde registrieren lassen (Box 2 des Abschlussberichts enthält hierzu besondere Empfehlungen). Die Ausnahmevorschrift des Art. 3 Abs. 2 der AIFM-Richtlinie entfällt hingegen, wenn der oben genannte Schwellenwert mehr als drei Monate überschritten wird. Nach der Empfehlung der ESMA (Box 3 des Abschlussberichts) besteht eine „opt in" Möglichkeit. Hiernach können sich die AIFM, die von der AIFM-Richtlinie grundsätzlich nicht erfasst sind, freiwillig den Regelungen der AIFM-Richtlinie unterwerfen. In diesem Fall findet die gesamte AIFM-Richtlinie ohne Erleichterungen Anwendung.
"Zusätzliche Eigenmittel" oder "Berufshaftpflichtversicherung" zur Abdeckung der Beruftshaftungsrisiken
Nach Art. 9 Abs. 7 der AIFM-Richtlinie müssen die AIFM künftig zur Abdeckung potenzieller Berufshaftungsrisiken aus den Geschäftstätigkeiten entweder (i) einen Nachweis über zusätzliche Eigenmittel in bar („zusätzliche Eigenmittel" oder „erste Variante") oder (ii) den Nachweis über den Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung („zweite Variante") erbringen.
In diesem Zusammenhang konkretisiert die ESMA die Anforderungen an die beiden Varianten: Für den Fall der ersten Variante legt die ESMA fest (Box 7 des Abschlussberichts), dass der AIFM 0,01 % des Portfoliowertes des von dem AIFM verwalteten AIF (sog. „quantitative Methode") zusätzlich in bar vorhalten muss. Im Rahmen dieser quantitativen Methode gibt es keine Höchstgrenze. Allerdings besteht die Möglichkeit zur Reduzierung des Prozentsatzes auf 0,008 % des Portfoliowertes, wenn der AIFM darlegen kann, dass in der Vergangenheit verhältnismäßig geringe Risiken bestanden. Der Prozentwert von 0,01 % kann jedoch bei Vorliegen höherer Risiken auch von der Aufsichtsbehörde erhöht werden.
In Bezug auf die zweite Variante legt die ESMA fest (Box 8 des Abschlussberichts), dass die Mindestversicherungssumme für jeden Schadensfall – abhängig davon welcher der genannten Beträge höher ist – entweder
(i) 0,75 % des Betrags, der den Wert des Portfolios des AIFM in Höhe von EUR 250 Mio. übersteigt – höchstens jedoch EUR 20 Mio. oder
(ii) EUR 2 Mio.
betragen muss. Ferner muss die Mindestversicherungssumme für sämtliche Schadensfälle pro Jahr – abhängig davon welcher der genannten Beträge der Höchste ist – entweder
(i) 1 % des Betrages sein, der den Wert des Portfolios des AIFM in Höhe von EUR 250 Mio. übersteigt – höchstens jedoch EUR 25 Mio. oder
(ii) EUR 2,5 Mio. oder
(iii) der Betrag der zusätzlichen Eigenmittel (siehe oben).
Eine Mischung aus beiden Varianten ist nicht möglich.
Anforderungen an das Risikomanagement
Art. 15 der AIFM-Richtlinie sieht vor, dass für jeden AIF ein angemessenes und permanentes Risikomanagementsystem eingeführt wird.
Grundsätzlich richtet sich die Angemessenheit eines Risikomanagements nach der Art, dem Umfang, der Komplexität und dem Risikogehalt der Geschäftstätigkeit des jeweiligen AIF.
Die Empfehlungen der ESMA für das Risikomanagement sind in dem Abschlussbericht in den Boxen 25 – 30 zusammengefasst und beinhalten folgende Highlights:
Der AIFM muss für jeden AIF künftig ein permanentes Risikomanagement einführen, mit dessen Hilfe er in der Lage ist, sämtliche Risiken festzustellen, zu bewerten, zu steuern und zu überwachen. Hierzu muss der AIFM effektive Verfahren, Prozesse und Strategien festlegen, diese stetig überwachen sowie ggf. überarbeiten. Der AIFM muss Risikogrenzen bzgl. der Kategorien (i) Marktrisiken, (ii) Kreditrisiken, (iii) Liquiditätsrisiken, (iv) Ausfall- / Verlustrisiken und (v) operative Risiken für jeden AIF festlegen. Dies hat zur Folge, dass sich die Risikoidentifikation künftig auf alle vorgenannten Einzelrisiken eines AIF erstreckt und das Risikoprofil eines AIF künftig mit den festgelegten Risikogrenzen für die Einzelrisiken übereinstimmen muss. Je nach Art, Umfang und Komplexität eines AIF muss ein regelmäßiges Reporting an die Geschäftsführung sowie ggf. vorhandene Überwachungsorgane implementiert werden. Der AIFM muss dafür Sorge tragen, dass etwaige Abweichungen von dem jeweils festgelegten Risikoprofil erkannt und gemeldet werden. Ferner muss der AIFM gewährleisten, dass er über alle erforderlichen Befugnisse für ein permanentes Risikomanagement verfügt.
Voraussetzungen für die Übertragung von Funktionen der AIFM
Im Zusammenhang mit Art. 20 der AIFM-Richtlinie konkretisiert der ESMA Abschlussbericht (in den Boxen 63 – 74) die Bedingungen, unter denen eine Auslagerung von Funktionen des AIFM zulässig ist.
Wie bereits in Art. 20 Abs. 1 c) der AIFM-Richtlinie geregelt, darf eine Übertragung des Portfoliomanagements oder des Risikomanagements nur an Unternehmen erfolgen, die für die Zwecke der Vermögensverwaltung zugelassen sind und einer Aufsicht unterliegen. Die ESMA stellt nun klar (Box 67 des Abschlussberichts), dass eine solche Übertragung nur (i) auf eine im Sinne der OGAW-Richtlinie zugelassene Managementgesellschaft, (ii) auf eine nach der MiFiD-Richtlinie zugelassene Wertpapierfirma, (iii) auf ein nach der Richtlinie 2006/48/EG zugelassenes Kreditinstitut oder (iv) auf einen anderen AIFM im Sinne der AIFM-Richtlinie zulässig ist.
Nach Art. 20 Abs. 1 d) der AIFM-Richtlinie in Verbindung mit der Empfehlung der ESMA (Box 68 des Abschlussberichts) müssen im Falle der Übertragung des Portfoliomanagements oder des Risikomanagements auf ein Unternehmen mit Sitz in einem Drittstaat, eine Reihe weiterer Kriterien erfüllt werden. Insbesondere ist das Vorliegen einer schriftlichen Vereinbarung zwischen der zuständigen Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaates des AIFM und der Aufsichtsbehörde des Staates, an den die Auslagerung erfolgen soll, notwendig. Im Gegensatz zu zwischenzeitlichen Erwägungen ist es nach dem Abschlussbericht der ESMA nicht erforderlich, dass der Drittstaat über ein mit dem EU-Recht gleichwertiges Aufsichtsregime verfügt. Ferner stellt die ESMA klar (Box 74 des Abschlussberichts), dass der AIFM durch die Auslagerung nicht zur bloßen Briefkastenfirma werden darf. Dies wäre nach Ansicht der ESMA der Fall, (i) wenn der AIFM nicht mehr in der Lage wäre, die ausgelagerten Tätigkeiten und die damit zusammenhängenden Risiken wirksam zu überwachen und (ii) wenn der AIFM die Entscheidungsgewalt über wesentliche Schlüsselbereiche verlieren würde, die in den Verantwortungsbereich eines oberen Managements fallen.
Ausgestaltungen der Berichtspflichten gegenüber den zuständigen Behörden
In Ergänzung zu Art. 24 der AIFM-Richtlinie konkretisiert die ESMA (in Box 109 des Abschlussberichts) das Format, den Inhalt und den Turnus der Berichtspflicht gegenüber der Aufsichtsbehörde. Hierzu finden sich umfangreiche Details in Anhang V des ESMA Abschlussberichts.
(Stand: Februar 2012)