Erteilung einer Lohnabrechnung über ein Online-Portal

Köln, 16.02.2022

Beitragsbild_AR Newsletter_01_2022Arbeitgeber sind gesetzlich dazu verpflichtet, dem Arbeitnehmer bei Zahlung des Arbeitsentgelts eine Abrechnung zu erteilen. Obwohl eine Abrechnung in Textform (z.B. per E-Mail) ausreicht, dürften in der betrieblichen Praxis Lohnabrechnungen auch heute noch überwiegend in Papierform (und per Post) erteilt werden.

Allerdings gehen Arbeitgeber zunehmend dazu über, zur Vermeidung von Verwaltungsaufwand, Kosten und Papier Lohnabrechnungen in digitaler Form zu erteilen, etwa per E-Mail oder über einen personalisierten Online-Zugang. Einem aktuellen Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Hamm vom 23. September 2021 (Az.: 2 Sa 179/21) zufolge ist dies jedoch nicht ohne Weiteres zulässig.

Entscheidung des LAG Hamm 

Der klagende Arbeitnehmer verlangte von seiner Arbeitgeberin, ihm Abrechnungen für erfolgte Lohnzahlungen zu erteilen. Seine Arbeitgeberin hatte ihren Arbeitnehmern die geschuldeten Lohnabrechnungen anders als früher nicht mehr in Papierform erteilt, sondern sie verschlüsselt in einem Online-Portal zum Herunterladen und Ausdrucken zur Verfügung gestellt. In dem Online-Portal konnten sich die Arbeitnehmer mittels Eingabe eines Passworts von zu Hause aus oder an von der Arbeitgeberin zur Verfügung gestellten Terminals anmelden. Der Arbeitnehmer widersprach dieser Form der Abrechnungserteilung und druckte sich seine Lohnabrechnungen auch nicht selbst aus.

Das LAG Hamm hat dem Arbeitnehmer Recht gegeben. Die Arbeitgeberin habe durch die bloße Zurverfügungstellung der Lohnabrechnungen in einem Online-Portal ihre Pflicht zur Erteilung der Lohnabrechnungen nicht erfüllt. Zwar könnten Arbeitgeber Lohnabrechnungen grundsätzlich – wie hier – durch über Online-Portale abrufbare Lohnabrechnungen im PDF-Format erteilen. Die Pflicht zur Erteilung der Lohnabrechnung sei jedoch nur erfüllt, wenn die Lohnabrechnung dem Arbeitnehmer auch zugeht. Dafür müsse sie so in den Machtbereich des Arbeitnehmers gelangen, dass dieser unter gewöhnlichen Umständen Kenntnis von der Erklärung nehmen kann. Erkläre sich der Arbeitnehmer jedoch – wie hier – mit dem Abruf seiner Lohnabrechnung über ein Online-Portal nicht einverstanden, gehe ihm eine dort eingestellte Lohnabrechnung nicht zu.

Praxishinweise

Das LAG Hamm hat – wie zuvor bereits das Arbeitsgericht Oldenburg (Urteil vom 2. November 2016 – 3 Ca 223/16) zwar bestätigt, dass Lohnabrechnungen nicht zwingend in Papierform erteilt werden müssen und es grundsätzlich möglich ist, sie in einem für den Arbeitnehmer zugänglichen Online-Portal einzustellen. Voraussetzung sei allerdings das Einverständnis des Arbeitnehmers mit dem vom Arbeitgeber gewählten Übermittlungsweg. Der Arbeitnehmer ist sozusagen nicht zur Abholung seiner Lohnabrechnung verpflichtet.

Dagegen ist grundsätzlich auch nichts einzuwenden. Im vorliegenden Fall hatte die Arbeitgeberin ihren Arbeitnehmern aber ermöglicht, die Lohnabrechnungen von zu Hause aus oder an von ihr zur Verfügung gestellten Terminals abzurufen. Das LAG Hamm hat selbst angedeutet, dass bei Nutzung einer betrieblichen E-Mail-Adresse des Arbeitnehmers dessen Einverständnis mit dem dortigen Empfang von Lohnabrechnungen unterstellt werden bzw. entbehrlich sein kann (was im Übrigen auch der wohl überwiegenden Literaturansicht entspricht). Auch das Arbeitsgericht Oldenburg hat erwogen, dass in der Nutzung arbeitgeberseitig zur Verfügung gestellter Arbeitsmittel das Einverständnis des Arbeitnehmers mit dem dortigen Empfang elektronisch übermittelter Dokumente liegen könnte.

Vor diesem Hintergrund hätte vorliegend viel dafürgesprochen, eine gesonderte Einverständniserklärung des Arbeitnehmers mit der Nutzung des Online-Portals jedenfalls für entbehrlich zu halten. Es ist nicht ersichtlich, warum dies für betriebliche E-Mail-Accounts gelten soll, nicht aber für betriebliche, zumal personalisierte, Online-Portale.

Das LAG Hamm hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zugelassen, so dass sich möglicherweise das Bundesarbeitsgericht zu der hier besprochenen Streitfrage positioniert. Arbeitgeber können sich selbstverständlich bereits vor einem höchstrichterlichen Urteil in dieser Sache für die digitale Erteilung der Lohnabrechnung entscheiden. Im Falle des fehlenden Einverständnisses eines oder mehrerer Arbeitnehmer mit der digitalen Übermittlung der Lohnabrechnung müssen sie aber damit rechnen, verpflichtet zu werden, Lohnabrechnungen für diese Arbeitnehmer gesondert zu erteilen.
Ist im Betrieb ein Betriebsrat gebildet, kann durch Abschluss einer freiwilligen Betriebsvereinbarung geregelt werden, dass die Abrufmöglichkeit der Lohnabrechnungen beispielsweise in einem vom Arbeitgeber betriebenen Online-Portal den Zugang der Lohnabrechnung beim Arbeitnehmer bewirkt.

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