Das Ende des grauen Kapitalmarkts

17.06.2010

[] Das Bundesministerium der Finanzen veröffentlichte am 3. Mai 2010 einen Diskussionsentwurf über ein Gesetz zur Regulierung der Geschlossenen Fonds.

Bis zum Jahr 2005 gehörten Geschlossene Fonds zum „grauen" - ungeregelten - Kapitalmarkt. Durch das Anlegerschutzverbesserungsgesetz wurden 2005 erstmals gesetzliche Regelungen für Verkaufsprospekte eingeführt. Eine vollständige Regulierung war dies noch nicht - der graue Kapitalmarkt blieb grau. Einige Zeit war es unklar, ob Geschlossene Fonds von der Regulierung durch die MIFID erfasst werden. Der deutsche Gesetzgeber entschied, dass dies nicht der Fall ist. Doch jetzt scheint die Regulierung unvermeidlich: europarechtlich droht die Kommission mit einer Richtlinie über die „Alternative Fund Manager" (AIFM-Richtlinie), auf nationaler Ebene gibt es den Diskussionsentwurf. Während es europarechtlich möglich erscheint, dass durch eine nationale Ausnahmeregelung eine Regulierung für deutsche Geschlossene Fonds vermieden werden kann, zielt der Diskussionsentwurf direkt auf die Regulierung der Branche.

Mit was ist zu rechnen?

Die Regulierungsbemühungen der Bundesregierung setzen beim Vertrieb an. Die Initiatoren selber bleiben von einer direkten Regulierung verschont. Platzierungsgarantien, Treuhandkommanditisten und die Fondsverwaltung sind ausdrücklich von der Regulierung ausgenommen.

Bislang galten Geschlossene Fonds als Anteile an einer Gesellschaft, in der Regel einer Kommanditgesellschaft. Per Definition sollen diese Anteile zukünftig sogenannte Finanzinstrumente werden. Die Anteile wären auf diese Weise Wertpapieren gleichgestellt. Insbesondere das Kreditwesengesetz (KWG) und das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) wären auf die Anteile an Geschlossenen Fonds anwendbar. Vertriebe müssten künftig über eine Zulassung als Finanzdienstleistungsinstitut verfügen, was eine Fülle von Pflichten und Kosten für die Vertriebe mit sich brächte. Genannt seien Anforderungen an Eigenmittel, Anzeigepflichten, Eignung der Geschäftsführer, Einführung von Risikomanagementsystemen. Anlageberater und -vermittler müssten grundsätzlich ein Anfangskapital von 50.000 Euro oder eine aus-reichende Haftpflichtversicherung nachweisen. Alle nach dem WpHG erforderlichen Aufzeichnungs- und Informationspflichten müssten von den Vertrieben erfüllt werden. Dies gilt insbesondere für die vielfältigen in §§ 31 ff. WpHG enthaltenen Regelungen. Die Vertriebe hätten dann noch stärker als bisher die anlegergerechte Beratung in den Mittelpunkt zu stellen. Sie müssten vor der Beratung Informationen über die finanziellen Verhältnisse, die Anlageziele und die Erfahrungen des Kunden mit Geschlossenen Fonds in Erfahrung bringen und all dies dauerhaft dokumentieren. Vertriebe müssten alle Provisionen und sonstigen Zuwendungen offen legen. Sie müssten sich nach bestimmten Grundsätzen organisieren, u.a. auch mit dem Ziel, Interessenkonflikte aufzudecken und zu vermeiden. Die von der BaFin erlassenen Regelungen für die Werbung wären zu beachten. Compliance- und Vertriebsbeauftragte müssten bestellt werden. Die Anlageberater müssten namentlich der BaFin gemeldet werden und ihre Eignung wäre nachzuweisen.

Neu eingeführt soll ein 2-seitiges Informationsblatt werden, in dem die wesentlichen Informationen über den Fonds zusammengestellt sind. Dieses ist nicht mit dem in der Branche bislang üblichen Flyer zu verwechseln. Es ist eher eine Art „Fact Sheet", werbende Aussagen dürfen nicht hinein. Ferner werden eine Fülle weiterer Informationen bestimmt, die neben den bereits jetzt von der Verkaufsprospektverordnung geforderten Angaben vom Vermittler oder Anlage-berater dem Kunden zur Verfügung zu stellen sind. Gerade das knappe Informationsblatt und die weiteren, den Anlegern zur Verfügung zu stellenden Informationen werden dazu führen, dass Vertriebe ohne Hilfe der Initiatoren Geschlossene Fonds nicht gesetzeskonform werden vertreiben können. Denn in der Regel sind es nur die Initiatoren, die über die geforderten Informationen verfügen und die beurteilen können, welche Informationen wesentlich sind. Ob-wohl die Initiatoren also aus der Regulierung ausgenommen sind, werden am Ende doch eine Vielzahl der für den Vertrieb formulierten Pflichten von ihnen zu erfüllen sein.

Für die Initiatoren wesentlich ist die geplante Aufhebung der kurzen Verjährungsfrist von Prospekthaftungsansprüchen. Solche Ansprüche sollen demnächst in drei Jahren (statt wie bisher in einem Jahr) ab Kenntnis des Anlegers, spätestens jedoch in 10 Jahren (bisher drei Jahre) verjähren. Der Prospekt soll künftig von der BaFin nicht nur auf Vollständigkeit, sondern auch auf „Kohärenz" - wie bei Wertpapieren - geprüft werden. Darunter ist eine stärker inhaltliche Prüfung der Vermögensanlage zu verstehen.

Im Ergebnis wird sich der Entwurf insbesondere bei den freien Vertrieben auswirken, die laut VGF 2009 etwa 42% der Anteile an Geschlossenen Fonds platziert haben. Ihnen wird es schwerfallen, die Anforderungen der geplanten Regulierung zu erfüllen.

Was ist von der geplanten Regulierung zu halten ?

So einfach der gesetzgeberische Kniff ist, Anteile an Geschlossenen Fonds kurzer Hand zu Finanzinstrumenten zu erklären, so schwierig ist es, die rechtlichen Konsequenzen eines solchen Vorgehens im Detail abzuschätzen. Es werden sich in der Folge viele Zweifelsfragen stellen, die zur Verunsicherung der Branche führen könnten. Beispielhaft sei nur die Frage genannt, ob die Insiderregeln des WpHG jetzt auch für an Zweitmärkten gehandelte Geschlossene Fonds gelten und wer die Insiderregeln zu erfüllen hat. Durch die Regulierung wird es voraussichtlich zu einer Reduzierung der Zahl der freien Vertriebe kommen, was wiederum negativen Einfluss auf die Platzierungszahlen der Initiatoren haben dürfte. In der Summe weist die Art und Weise der Einführung neuer Regeln Ähnlichkeiten zum Verfahren beim Anlegerschutzverbesserungsgesetz im Jahre 2005 auf. Nach wie vor hat der Gesetzgeber zu wenig Detailkenntnis der Branche und behandelt die Geschlossenen Fonds ähnlich wie Wertpapiere. Dies wird der Branche und den Anlegern nicht gerecht. Der VGF hat den Gesetzentwurf kenntnisreich kommentiert. Es wäre wünschenswert, wenn sich der Gesetzgeber mit der Branche im Detail beschäftigen und ein eigenes Gesetz entwerfen würde, das die Besonderheiten der Geschlossenen Fonds berücksichtigt, statt durch einen gesetzgeberischen Kniff die Regelungen für Wertpapiere pauschal den Geschlossenen Fonds überzustülpen.

Was ist jetzt zu tun?

Initiatoren sollten bei der Konzeption von Fonds die Kosten der in der einen oder anderen Form kommenden Regulierung berücksichtigen und mögliche Nebenwirkungen einer zukünftigen Regulierung auch prospektieren. Ferner erscheint es notwendig zu prüfen, ob der konkrete Initiator durch die derzeitigen Geschäftsfelder und die Konzeption seiner Fonds nicht doch von der geplanten Regulierung direkt erfasst wird. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf ein Engagement im Vertrieb und im Zweitmarkt. Vertriebe tun gut daran, sich mit den Regelungen aus dem KWG und WpHG vertraut zu machen und über mögliche Alternativen – wie etwa ein Haftungsdach - nachzudenken.

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