Aktueller Stand
Bereits im August 2023 hat die Bundesregierung ihr Eckpunktepapier für das Vierte Bürokratieentlastunggesetz (BEG IV) vorgelegt. Mit dem Gesetz soll Bürokratieaufwand abgebaut und die Digitalisierung gefördert werden. Die wirtschaftliche Gesamtentlastung soll nach Hochrechnungen rund 682 Millionen Euro betragen. Nach langem Ringen im Gesetzgebungsverfahren hat die Bundesregierung nun am 19. Juni 2024 eine vom Bundesminister der Justiz vorgelegte Formulierungshilfe zur Ergänzung des Regierungsentwurfs des BEG IV (BT-Drucks. 20/11306) beschlossen. Es ist davon auszugehen, dass der Bundestag die Fassung des Gesetzes ohne wesentliche Änderung in absehbarer Zeit beschließen wird.
Das Gesetz sieht bürokratische Entlastungen in verschiedenen Bereichen vor (siehe das Legal Update zu den geplanten Änderung im Mietrecht). Ein Schwerpunkt sind gerade auch Änderungen im arbeitsrechtlichen Kontext.
Nachweispflicht
Das Nachweisgesetz (NachwG) verpflichtet den Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern Informationen zu zentralen Vertragsbedingungen (Arbeitszeit, Gehalt, anwendbare Tarifverträge etc.) in Schriftform - sei es im Arbeitsvertrag oder in eine Art „Beipackzettel zum Arbeitsvertrag“ – zu geben. Die Erbringung des Nachweises in elektronischer Form wurde zuletzt noch ausdrücklich ausgeschlossen (§ 2 Abs. 1 S. 3 NachwG).
Hier steuert der Gesetzgeber nun erfreulicherweise endlich nach. Der Nachweis über wesentliche Vertragsbedingungen soll zukünftig auch in Textform erfolgen können, wenn das den Arbeitnehmern zu übermittelnde Dokument für den Arbeitnehmer zugänglich ist, gespeichert und ausgedruckt werden kann und der Arbeitgeber den Arbeitnehmer mit der Übermittlung auffordert, einen Empfangsnachweis zu erteilen. Aber Achtung: Arbeitnehmer können auch weiterhin die Nachweiserteilung in Schriftform verlangen. Zudem sind die in § 2a SchwarzArbG genannten Branchen (z.B. Baugewerbe, Gaststättengewerbe, Spedition) von den Erleichterungen ausgenommen.
Befristungs- möglichkeit
Für eine wirksame Befristung von Arbeitsverhältnissen bedarf es auch zukünftig einer Befristungsabrede in Schriftform (§ 14 Abs. 4 TzBfG). Nach aktueller Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 25.10.2017 – 7 AZR 632/15) gilt dies auch für den praxisrelevanten Fall der „reinen Altersbefristung“ bei Erreichen der (Regel-)Altersgrenze für den Renteneintritt. Hier sieht das BEG IV nun eine Änderung im Sozialgesetzbuch IV vor, wonach die Textform für wirksame „Altersbefristungen“ genügen soll. Durch diese für die Praxis begrüßenswerte Ausgestaltung wird es möglich sein, Arbeitsverträge zukünftig in Textform abzuschließen, solange Sie neben der Altersbefristung keine anderweitigen Befristungsabreden oder (nachvertragliche) Wettbewerbsverbote enthalten sollen.
Arbeitnehmer- überlassung
Auch die zum Zwecke der Arbeitnehmerüberlassung notwendigen Überlassungsverträge zwischen Verleiher und Entleiher sollen künftig ebenfalls in Textform, beispielsweise per E-Mail, abgeschlossen werden können. Bislang bedurfte es der Schriftform oder der elektronischen Form, also einer qualifizierten elektronischen Signatur (§ 12 Abs. 1 S. 1 AÜG).
Arbeitszeugnisse
Der Arbeitgeber soll zudem Arbeitszeugnisse auch in elektronischer Form (mit qualifizierten elektronischen Signatur - § 126a BGB) erteilen können, sofern die Arbeitnehmer einwilligen. Dies war bislang nicht möglich (§ 630 S. 3 BGB).
Eltern(teil)zeit
Deutliche Erleichterungen sieht das BEG IV für die Antragsverfahren von Elternzeit oder Elternteilzeit vor. Arbeitnehmer können den Anspruch auf Elternzeit (§ 16 Abs. 1 S. 1 BEEG) und Elternteilzeit (§ 15 Abs. 7 BEEG) gegenüber dem Arbeitgeber künftig in Textform geltend machen. Arbeitgeber können die Verringerung der Arbeitszeit während der Elternzeit oder die Verteilung künftig auch mit Begründung in Textform ablehnen (§ 15 Absatz 7 S. 4 BEEG).
Jugendarbeitsschutz
Im Bereich des Jugendarbeitsschutzes müssen Arbeitgeber, die regelmäßig mindestens einen Jugendlichen beschäftigen, bisher das JArbSchG, die Anschrift der zuständigen Aufsichtsbehörde im Betrieb (§ 47 JArbSchG), Arbeitszeiten und Pausen (§ 48 JArbSchG) sowie Informationen über Ausnahmebewilligungen der Aufsichtsbehörde (§ 54 Abs. 3 JArbSchG) im Betrieb auslegen. Diese Pflichten sollen künftig im Zuge der Digitalisierung durch Veröffentlichung im Intranet erfüllt werden können, sofern die Arbeitnehmer stets ungehinderten Zugang zu den Informationen haben.
Arbeitszeit
Auch die im Arbeitszeitgesetz (ArbZG) vorgesehen Aushangpflichten können zukünftig digital (insb. durch Einstellung ins Intranet) erfüllt werden. Nach § 16 ArbZG mussten bisher ein Abdruck des ArbZG, etwaige Rechtsverordnungen und die für den Betrieb geltenden Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen im Betrieb ausgelegt werden.
Ausblick
Das BEG IV wird bürokratische Hürden im Arbeitsrechtskontext abbauen. Dies ist begrüßenswert und mit Blick auf die internationale Praxis dringend angezeigt. Eine zeitnahe Verabschiedung des Gesetzes ist gleichermaßen wünschenswert, wie es weitere Bürokratieabbaumaßnahmen zugunsten der Arbeitsvertragsparteien wären.