Aktuelle Änderungen im Umwandlungsrecht

17.10.2011

[] Am 15. Juli 2011 trat das Dritte Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes vom 11. Juli 2011 in Kraft (BGBl I, 2011, 1338 ff.). Es dient der Umsetzung einer EU-Richtlinie von 2009 (RL 2009/109/EG), die Neuregelungen für die Verschmelzung und Spaltung von Unternehmen unter Beteiligung von Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und Gesellschaften mit beschränkter Haftung erfasst. Das deutsche Änderungsgesetz schafft im Wesentlichen formelle Erleichterungen bei der Umwandlung von Unternehmen. Aus Sicht der Beratungspraxis sind vor allem nachfolgende Änderungen von besonderer Bedeutung.

1. Wegfall von Berichts- und Beschlusspflichten

Das Änderungsgesetz schafft insbesondere Erleichterungen im Bereich der Berichts- und Beschlusspflichten bei der Verschmelzung und Spaltung von Gesellschaften. Entsprechend den europarechtlichen Vorgaben hat bei Aktiengesellschaften die Unterrichtung über die Veränderungen der Vermögensverhältnisse der Gesellschaft, die seit dem Abschluss des Verschmelzungsvertrages eingetreten sind, in der Hauptversammlung zu erfolgen, vgl. § 64 Abs. 1 UmwG. Dies gilt nach der Verweisung in § 125 Satz 1 UmwG ebenso für Spaltungen. Der Bericht über die Vermögensveränderungen ist nicht erforderlich, wenn alle Anteilsinhaber aller beteiligten Rechtsträger auf seine Erstattung verzichten oder sich alle Anteile des übertragenden Rechtsträgers in der Hand des übernehmenden Rechtsträgers befinden, vgl. § 64 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 8 Abs. 3 UmwG.

Auch das Erfordernis eines Verschmelzungsbeschlusses des Anteilsinhabers entfällt, wenn das gesamte Stamm- oder Grundkapital einer übertragenden Kapitalgesellschaft in der Hand einer übernehmenden Aktiengesellschaft ist, vgl. § 62 Abs. 4 Satz 1 UmwG. In dieser Konstellation ist auch ein Verschmelzungsbericht entbehrlich. Nach bisherigem Recht stellte sich insbesondere der Verschmelzungsbericht des Alleingesellschafters oftmals als reine Förmlichkeit dar. Der Ablauf wird damit erheblich vereinfacht

2. Elektronische Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten

Eine Erleichterung erfolgte ebenso im Hinblick auf mögliche Informations- und Kommunikationsformen. Mit dem Änderungsgesetz ergänzt der deutsche Gesetzgeber die schon mit dem Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) (BGBl I, 2009, 2479. eingeführte Möglichkeit bestimmte Unterlagen über das Internet abrufen zu können. Bei einer Konzernverschmelzung können Unterlagen mit Einwilligung des Aktionärs künftig auch in elektronischer Form eines druckfähigen Dateiformats als Anhang einer E-Mail versandt werden, vgl. § 62 Abs. 3 Satz 7, § 63 Abs. 3 Satz 2 UmwG. Dies gilt über den Verweis in § 125 Satz 1 UmwG auch bei der Spaltung unter Beteiligung von Aktiengesellschaften. Letztlich wird auch eine weitere Erleichterung bei der Unterrichtung der Aktionäre geschaffen, indem § 230 Abs. 2 Satz 3 UmwG nunmehr vorsieht, dass auch der Umwandlungsbericht dem Aktionär und dem von der Geschäftsführung ausgeschlossenen persönlich haftenden Gesellschafter mit Einwilligung auf dem Wege elektronischer Kommunikation übermittelt werden kann. Diese Änderungen ermöglichen sowohl eine vereinfachte Vorbereitung der Hauptverhandlung durch Beschleunigung der Kommunikationsprozesse als auch die Vermeidung damit einhergehender Kosten.

3. Einlagenprüfung durch Verschmelzungsprüfer möglich

Einsparungen sind künftig auch im Bereich der Einlagenprüfung möglich. Die Verschmelzung kann mit einer Kapitalerhöhung gemäß § 69 UmwG verbunden sein. Besondere Risiken bestehen bei einer Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen. Nunmehr kann der Verschmelzungsprüfer auch zum Prüfer hinsichtlich der Sacheinlage bestellt werden, wenn die Gründung der Aktiengesellschaft oder die Kapitalerhöhung im Zusammenhang mit der Verschmelzung oder Spaltung stehen, vgl. § 69 Abs. 1 Satz 4 und § 75 Abs. 1 Satz 2 UmwG. Diese Neuregelung ermöglicht eine erhebliche Kostenreduzierung und Effizienzsteigerung.

4. Vereinfachung sonstiger Formvorschriften

Eine weitere Maßnahmen zur Vereinfachung der Vorbereitung der Hauptversammlung enthält der neue § 63 Abs. 2 UmwG, der künftig die Notwendigkeit der Aufstellung einer Zwischenbilanz entfallen lässt, wenn die Gesellschaft einen Halbjahresfinanzbericht gem. § 37 w des Wertpapierhandelsgesetzes veröffentlicht hat. Der Halbjahresfinanzbericht tritt zum Zwecke der Vorbereitung der Hauptverhandlung an die Stelle der Zwischenbilanz. Hierdurch können ebenso Kosten gespart werden.

Im Zuge der Änderungen des Umwandlungsgesetzes wurde auch die infolge des neuen § 40 GmbHG überflüssig gewordene Formvorschrift des § 52 Abs. 2 UmwG gestrichen. Bei einer Verschmelzung obliegt die Aktualisierung der Gesellschafterliste somit dem Notar und begründet keine zusätzliche Pflicht des Geschäftsführers.

5. Verschmelzungsrechtlicher Sqeeze-out

Eine wesentliche Änderung erfolgte im Hinblick auf den sog. Squeeze-out bei Konzernverschmelzungen. Dieser bezeichnet die für Mehrheitsaktionäre bestehende Möglichkeit, Minderheitsaktionäre mittels einer Barabfindung aus der Gesellschaft auszuschließen. Dies ist in Deutschland grundsätzlich ab einer Mehrheitsbeteiligung von 95 Prozent möglich, vgl. § 327 a AktG. Nach § 62 Abs. 5 UmwG können Minderheitenaktionäre nunmehr bereits bei einer Verschmelzung der 90-prozentigen Tochter auf die Muttergesellschaft ausgeschlossen werden, wenn der Squeeze-out in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit der Verschmelzung erfolgt. Von einer grundsätzlichen Abstufung der notwendigen Beteiligungsquote auf 90 Prozent wurde jedoch abgesehen. Der Verschmelzungsvertrag oder sein Entwurf müssen gemäß § 62 Abs. 5 Satz 5 UmwG einen Hinweis über den beabsichtigten Ausschluss enthalten und neben den in § 327 a Abs. 1 Satz 1 AktG genannten Unterlagen zur Hauptversammlung ausgelegt werden. Der Squeeze-out-Beschluss muss innerhalb von drei Monaten nach Abschluss des Verschmelzungsvertrags gefasst werden.

Eine Möglichkeit für das Registergericht zu überprüfen, ob die dem Squeeze-out-Beschluss nachfolgende Verschmelzung tatsächlich zur Eintragung kommt gibt es jedoch nicht. Fälle in denen ein Verschmelzungsvertrag nur zum Schein geschlossen wird, um einen Squeeze-out bereits bei einer Beteiligungsquote der Muttergesellschaft von 90 Prozent zu erreichen, können mithin nicht erfasst werden. § 62 Abs. 7 UmwG sieht daher eine registerrechtliche Lösung vor, um Missbrauch zu vermeiden: Der Übertragungsbeschluss muss mit einem Vermerk eingetragen werden, wonach der Ausschluss der Minderheitsaktionäre erst mit der Eintragung der Verschmelzung im Register des Sitzes der übernehmenden Aktiengesellschaft erfolgt. Mit der Eintragung wird die Verschmelzung wirksam und alle Aktien der Minderheitsaktionäre gehen auf die übernehmende Aktiengesellschaft über. Die Eintragung des Squeeze-out hat somit bis zur letzten erforderlichen Eintragung nur eine Warnfunktion und eröffnet noch nicht den Anwendungsbereich von Vorschriften, die bei Vorliegen einer 100-prozentigen Beteiligung bestimmte Erleichterungen vorsehen (so beispielsweise § 5 Abs. 2, § 8 Abs. 3, § 9 Abs. 2, § 122 c Abs. 3, § 122 g Abs. 2 UmwG).

Soweit der Ausschluss der Minderheitsaktionäre nach den besonderen Voraussetzungen des § 62 Abs. 5 UmwG beschlossen und der Beschluss mit einem entsprechenden Hinweisvermerk eingetragen wurde, entfällt auch das Erfordernis eines Zustimmungsbeschlusses der Tochtergesellschaft zu der erfolgten Verschmelzung, vgl. § 62 Abs. 4 Satz 3 UmwG.

Fazit

Der bisher mit Konzernverschmelzungen und -spaltungen verbundene Verwaltungsaufwand wurde häufig als umständlich und aufwendig empfunden. Die durch Entwicklungen des europäischen Rechts veranlassten Neuerungen des Umwandlungsgesetzes eröffnen interessante Gestaltungsmöglichkeiten für betroffene Unternehmen. Mit dem Änderungsgesetz ist der deutsche Gesetzgeber kurz nach Ablauf der Umsetzungsfrist zum 30. Juni 2011 dem Ziel der Änderungsrichtlinie gerecht geworden, die Verwaltungslasten der in der Europäischen Union ansässigen Unternehmen zu reduzieren. Unternehmen werden von einigen bürokratischen Hürden befreit, wodurch sich der Aufwand und die Kosten einer Umwandlung in bestimmten Fällen verringern. Zugleich bleiben die Informationsinteressen der von einer Umwandlung betroffenen Parteien geschützt.

LITERATURHINWEISE:
Neye/Kraft, „Neuigkeiten beim Umwandlungsrecht", in: Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht 18/20011, Satz 681 ff.
Ausmann, „Der verschmelzungsrechtliche Squeeze-out nach dem 3. UmwÄndG 2011", in: Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht 18/20011, Satz 684 ff.
Schmittmann, „Drittes Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes", in: Wirtschafts- und Steuerrecht, Ausgabe 005/2011.

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