Das bereits im Jahr 2017 in Kraft getretene „Gesetz zur Förderung von Mieterstrom und zur Änderung weiterer Vorschriften des Erneuerbare-Energien-Gesetzes“ hat bislang kaum Wirkung entfaltet. Der gemäß § 23b Abs. 3 EEG 2017 mögliche jährliche Zubau von 500 MW installierter Leistung ist stark hinter den Erwartungen zurückgeblieben. In der Praxis werden nicht zuletzt steuerliche Hemmnisse im Gewerbe- und Körperschaftsteuerrecht als Begründung für den unzureichenden Ausbau benannt.
Der Bundesrat hat nun am 28. Juni 2019 das „Gesetz zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus“ beschlossen. Im Zuge der dort vorgesehenen Neuregelungen werden steuerliche Änderungen vorgenommen, die u.a. die Erzeugung und Lieferung von Mieterstrom betreffen.
Einführung
Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 10 KStG sind Wohnungsgenossenschaften und -vereine von der Körperschaftsteuer befreit, soweit sie Einnahmen aus der Überlassung eigener Wohnungen an Genossen oder Mitglieder erzielen. Einnahmen aus sonstigen Tätigkeiten unterliegen der Steuerpflicht. Die Steuerbefreiung ist ausgeschlossen und entfällt insgesamt, wenn die Einnahmen aus sonstigen Tätigkeiten 10% der gesamten Einnahmen übersteigen. Zu diesen sonstigen nicht durch § 5 Abs. 1 Nr. 10 KStG begünstigten Tätigkeiten gehört auch der Betrieb von Stromerzeugungsanlagen und der Stromverkauf. Durch die Erzeugung und Lieferung von Strom an Mieter besteht mithin grundsätzlich die Gefahr, dass die Einkünfte aus dem Vertrieb von Mieterstrom einen Anteil von mehr als 10% der Gesamteinnahmen der Genossenschaft erreichen und somit zum Verlust ihrer Körperschaftsteuerbefreiung führen. Gleiches gilt gemäß § 3 Nr. 15 GewStG auch für die Gewerbesteuer.
Darüber hinaus kann sich das Risiko des Verlusts der erweiterten Kürzungsmöglichkeit gemäß § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG für Vermieter, insbesondere Wohnungsbauunternehmen, als Hemmnis erweisen. Um die dortige steuerliche Privilegierung zu erhalten, darf die Tätigkeit des Unternehmens „ausschließlich“ auf der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes oder eigenen Kapitalvermögens, der Betreuung von Wohnungsbauten oder der Errichtung und Veräußerung von Ein- und Zweifamilienhäusern oder Eigentumswohnungen beruhen. Jede andere gewerbliche Tätigkeit (wie bspw. die Erzeugung und Lieferung von elektrischem Strom an Mieter i.S.v. § 21 Abs. 3 EEG 2017) lässt die Berechtigung zur Inanspruchnahme der Gewerbesteuerkürzung mit der Folge entfallen, dass die Vermietungstätigkeit in vollem Umfang gewerbesteuerpflichtig wird (sog. Gewerbesteuerinfizierung).
Die Erzeugung und Lieferung von Strom an Mieter ist damit nur für solche Wohnungsbauunternehmen interessant, die bereits aus anderen Gründen nicht durch die Gewerbesteuerkürzung begünstigt werden.
Dies führt in der Praxis häufig dazu, dass nur wenige Unternehmen Mieterstrommodelle realisieren. Die Belastung mit der vollen Körperschaft- bzw. Gewerbesteuer steht regelmäßig in keinem Verhältnis zu den voraussichtlichen Erträgen aus der Belieferung der Mieter mit Mieterstrom.
Gesetzeshistorie
Bereits im ursprünglichen Referentenentwurf des BMWi betreffend das Gesetz zur Förderung von Mieterstrom aus März 2017 waren daher entsprechende Anpassungen im Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuerrecht vorgesehen. So war in dem Entwurf u.a. eine Erhöhung der in § 5 Abs. 1 Nr. 10 S. 2 KStG geregelten 10%-Grenze auf 20% ausschließlich für den Fall der Lieferung von Mieterstrom vorgesehen. Dies sollte den Wohnungsgenossenschaften und -vereinen wirtschaftlich sinnvolle Angebote von Mieterstrom ermöglichen. Die Regelung entsprach der auch für das Gewerbesteuergesetz bei der Vorschrift zur erweiterten gewerbesteuerlichen Kürzung vorgesehenen Änderung, bei der im Rahmen des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG das Merkmal der „Ausschließlichkeit“ abgeändert werden sollte, um dem Gesetzesziel der Förderung von Mieterstrom nicht entgegenzulaufen. Die Lieferung von Mieterstrom sollte daher unschädlich für die Inanspruchnahme der erweiterten gewerbesteuerlichen Kürzung sein, wenn nicht mehr als 20% der gesamten Einnahmen des Vermieters aus der Lieferung von Mieterstrom resultieren. Damit wäre auch die Beibehaltung der Systematik des Gewerbesteuergesetzes im Zusammenhang mit den Regelungen des § 5 Abs. 1 Nr. 10 KStG und des § 3 Nr. 15 GewStG gewährleistet gewesen.
Im Rahmen der Ressortabstimmung entfielen diese steuerlichen Anpassungen dann jedoch, so dass sie sich bereits nicht mehr im damaligen Gesetzentwurf der Bundesregierung wiederfanden und daher 2017 nicht ins Gesetz aufgenommen wurden.
Änderung des Körperschaftsteuergesetzes
Nunmehr hat der Bundesrat mit Beschluss vom 28. Juni 2019 (BR-Drs. 303/19) einem Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Änderung der körperschaftsteuerlichen Regelung (BT-Drs. 19/4949; 19/6140) zugestimmt.
In dem neuen erstmals für den Veranlagungszeitraum 2019 anzuwendenden § 5 Abs. 1 Nr. 10 S. 3 KStG 2019 ist geregelt, dass Wohnungsgenossenschaften und -vereine nunmehr 20% statt bislang 10% ihrer Gesamteinnahmen durch gewerbliche Nebentätigkeiten erzielen dürfen, ohne den Verlust der Befreiung von der Körperschaftsteuer befürchten zu müssen. Dies gilt allerdings nur dann, wenn die Einnahmen aus der Stromlieferung aus Mieterstromanlagen im Sinne des § 21 Abs. 3 EEG stammen und die grundsätzlich maßgebliche 10%-Grenze nur durch diese Einnahmen überschritten wird.
Zu den begünstigten Stromlieferungen aus Mieterstromanlagen gehören dabei auch Einnahmen aus Mieterstromlieferung in Zeiten, in denen kein Strom aus der Mieterstromanlage geliefert werden kann (vgl. § 42a Abs. 2 S. 6 EnWG) sowie Einnahmen aus der Einspeisung des nicht an die Mieter abgegebenen Überschussstroms aus diesen Anlagen (§ 5 Abs. 1 Nr. 10 S. 4 KStG). Dies alles gilt über § 3 Nr. 15 GewStG auch für die Gewerbesteuer. Damit soll der Zubau von Photovoltaik-Mieterstrommodellen weiter privilegiert und vorangetrieben werden. Klarstellend sei angemerkt, dass sich an der Steuerpflicht der Einnahmen aus der vorstehend beschriebenen Mieterstromlieferung durch die Neuregelung nichts ändert.
Auf die folgerichtige Anpassung der Regelung zur gewerbesteuerlichen Kürzung wurde bislang verzichtet.
Ausblick
Durch die beschlossene Änderung des Körperschaftsteuergesetzes dürften die bestehenden steuerrechtlichen Hemmnisse des angestrebten Ausbaus von Mieterstrommodellen zumindest für Wohnungsgenossenschaften und -vereine reduziert werden; für sonstige Vermieter, insbesondere Wohnungsbauunternehmen, bestehen sie jedoch unverändert fort.
Das BWMi plant bis Ende September einen Evaluierungsbericht des Gesetzes zur Förderung von Mieterstrom vorzulegen. Auf dieser Grundlage sollen dann im Herbst 2019 Änderungen der in der Branche als zu restriktiv empfundenen gesetzlichen Rahmenbedingungen erarbeitet werden. Es bleibt abzuwarten, ob dann auch eine – konsequente und im Sinne des Gesetzesziels wünschenswerte – Anpassung der Regelung zur erweiterten gewerbesteuerlichen Kürzung erfolgt, um die Attraktivität von Mieterstrommodellen weiter zu steigern und damit auch bei Wohnungsbauunternehmen den Anreiz und die Bereitschaft zu deren Etablierung zu erhöhen.