Anwendbarkeit des Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB)

19.11.2014

[Berlin, ] Das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB), welches der Umsetzung der europäischen AIFM-Richtlinie dient, ist am 22. Juli 2013 in Kraft getreten. Hierdurch wird nunmehr sehr weitreichend jede Art von Fonds einer Regulierung unterworfen. Nach § 20 Abs. 1 KAGB bedarf der Geschäftsbetrieb einer sog. Kapitalverwaltungsgesellschaft der schriftlichen Erlaubnis der BaFin, in einigen Fällen auch nur der Registrierung (vgl. § 44 Abs. 1 Nr. 1 KAGB). Kapitalverwaltungsgesellschaften sind dabei gem. § 17 Abs. 1 Satz 1 KAGB Unternehmen mit satzungsmäßigem Sitz und Hauptverwaltung im Inland, deren Geschäftsbetrieb darauf gerichtet ist, sog. Investmentvermögen zu verwalten.

Investmentvermögen

Maßgeblich für die Anwendbarkeit des KAGB ist also, ob der zu verwaltende Fonds als sog. „Investmentvermögen“ zu qualifizieren ist. § 1 Abs. 1 des KAGB definiert dabei als Investmentvermögen jeden Organismus für gemeinsame Anlagen, der von einer Anzahl von Anlegern Kapital einsammelt, um es gemäß einer festgelegten Anlagestrategie zum Nutzen dieser Anleger zu investieren und der kein operativ tätiges Unternehmen außerhalb des Finanzsektors ist.

Mit Datum vom 14. Juni 2013 (zuletzt geändert am geändert am 27. August 2014) hat die BaFin ein Auslegungsschreiben zum Anwendungsbereich des KAGB und zum Begriff des "Investmentvermögens" veröffentlicht (Geschäftszeichen Q 31-Wp 2137-2013/0006).

Das umfangreiche Auslegungsschreiben der BaFin belegt die Vielzahl der offenen Fragen im Hinblick auf die Auslegung des Begriffes „Investmentvermögen“. Dies zeigt, wie schwierig im Einzelfall die Frage zu beurteilen sein kann, ob und inwieweit das KAGB anwendbar ist.  Zur Veranschaulichung seien zwei in der Praxis häufig relevante Auslegungsfragen beispielhaft hervorgehoben.

Einsammlung von Kapital

Als ein Tatbestandsmerkmal setzt § 1 Abs. 1 Satz 1 KAGB voraus, dass der Organismus für gemeinsame Anlagen „von einer Anzahl von Anlegern Kapital ein-sammelt“. Unter Bezugnahme auf den Final Report der ESMA (die im Jahre 2011 neu gegründete Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde) liegt nach Ansicht der BaFin eine Einsammlung von Kapital vor, wenn ein Organismus oder eine Person oder Unternehmen für Rechnung dieses Organismus direkte oder indirekte Schritte unternimmt, um gewerblich bei einem oder mehreren Anlegern Kapital zu beschaffen, um es gemäß einer festgelegten Anlagestrategie anzulegen.

Dabei stellt sich insbesondere bei einem überschaubaren Kreis von Anlegern, die sich unabhängig von einem typischen Finanzvertrieb für gemeinsame Investitionen zusammengetan haben, die Frage, ob und wann dies als (gewerbsmäßige) Einsammlung von Kapital gewertet werden kann. Nach bestimmten, engen Voraussetzungen kann zumindest nach Ansicht der BaFin bei sog. „Investmentclubs“ das Tatbestandsmerkmal „Einsammlung von Kapital“ fehlen. Als Investmentclubs warden dabei Vereinigungen von natürlichen Personen bezeichnet, die sich für die gemeinsame Anlage ihres privaten Vermögens in Wertpapieren oder anderen Finanzinstrumenten zusammengefunden haben. Unter der Voraussetzung, dass kein einziges Mitglied gewerbsmäßig angeworben worden ist, und der Club auch weiterhin davon absieht, an den Markt heranzutreten, um weitere Mitglieder gewerbsmäßig anzuwerben, soll das Tatbestandsmerkmal „Einsammeln von Kapital“ nach Auffassung der BaFin nicht erfüllt sein.

Eine solche enge Auslegung des Begriffs „Einsammlung von Kapital“ wird jedoch mit guten Gründen kritisiert und argumentiert, dass es sich im Gesetz um eine abstrakte Beschreibung handelt. Daher wird zur Recht die Ansicht vertreten, dass es sich sowohl im Final Report der ESMA, als auch im BaFin-Rundschreiben um sog. Regelbeispiele handelt, d.h. um nicht abschließende Beispielsfälle, in denen das Einsammeln von Kapital verneint werden kann. Ferner wird der Versuch unternommen den Begriff der Kapitaleinsammlung danach zu differenzieren, ob die Gruppe der Investoren bereits vor dem Investment gefestigt war, oder lediglich eine Teilmenge einer größeren Gruppierung schließlich investiert.

Ob eine gewerbsmäßige Einsammlung von Kapital vorliegt, wird man nur im Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände beurteilen können. Vor dem Hintergrund, dass der Geschäftsbetrieb einer Kapitalverwaltungsgesellschaft ohne erforderliche Erlaubnis bzw. Registrierung strafbewehrt ist (§ 339 KAGB), sollte bis zu einer endgültigen gerichtlichen Klärung nur bei einem klaren Sachverhalt und Vorliegen einer entsprechenden Ausnahme nach Auffassung der BaFin von einer Erlaubnis- bzw. Registrierung abgesehen werden. Ferner besteht bei verbleibender Rechtsunsicherheit auch die Möglichkeit, bei der BaFin das Vorhaben konkret zu beschreiben und prüfen zu lassen, ob eine Erlaubnis- bzw. Registrierungspflicht vorliegt.

Kein operativ tätiges Unternehmen außerhalb des Finanzsektors

Ferner scheidet gem. § 1 Abs. 1 KAGB ein Investmentvermögen bei einem „operativ tätigen Unternehmen außerhalb des Finanzsektors“ aus.

Für den oftmals betroffenen Immobilienbereich hat die BaFin in ihrem Auslegungsschreiben klargestellt, dass der Betrieb einer Immobilie (z.B. eines Hotels oder einer Pflegeeinrichtung), die Projektentwicklung bezüglich einer Immobilie (d.h. Konzeption, Ankauf, Entwicklung der Immobilie und anschließender Verkauf der selbst entwickelten Immobilie) sowie das „facility management“ eine operative Tätigkeit sei. Dagegen sollen der schlichte Erwerb, die Vermietung, die Verpachtung, die Verwaltung sowie der Verkauf von Immobilien keine operativen Tätigkeiten darstellen. Für den Schifffahrtsbereich ist die BaFin der Ansicht, dass der Charterer, der für die Auslastung des Schiffes verantwortlich ist, und der Vertragsreeder operativ tätig seien. Dies gelte auch für einen Vercharterer im Rahmen des sog. „Time-Charter“. Als Begründung wird angeführt, dass bei einem Time-Charter-Vertrag die technisch-nautische Betriebsführung beim Vercharterer liege und dieser daher als operativ tätig anzusehen sei.

Ausblick

Da das KAGB erst seit Mitte 2013 in Kraft ist, konnte sich bisher noch keine klare Verwaltungspraxis der BaFin herausbilden, unter welchen Voraussetzungen ein Investmentvermögen im Sinne des KAGB vorliegt. Auch stehen noch einschlägige Gerichtsentscheidungen zu den einzelnen Auslegungsfragen im Hinblick auf die Anwendbarkeit des KAGB aus. Vor diesem Hintergrund sollte stets im Einzelfall geprüft werden, ob und inwieweit das KAGB anwendbar ist. Sollten Rechtsunsicherheiten bestehen bleiben, kann sich eine Einschätzung der BaFin unter Mitteilung des konkreten Vorhabens anbieten.

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