Hintergrund
Bewertungsportale liegen im Trend. Es gibt kaum eine Urlaubsbuchung oder einen Restaurantbesuch, wo nicht vorher reflexartig die einschlägigen Portale durchforstet werden. Dieser Trend erreicht auch Dienstleister und andere Berufsgruppen. Negative Bewertungen haben in allen Bereichen durchschlagende Wirkung für den Bewerteten, weshalb diese – auch gerichtlich – versuchen, Löschungen und Untersagungen gegenüber den Portalbetreibern durchzusetzen.
Die Entscheidung
Der Kläger ist Arzt. Die Beklagte ist die Inhaberin des Portals www.jameda.de. Auf dem Online-Portal können verschiedene Daten zu Ärzten abgerufen werden, u.a. Name, Fachrichtung, Anschrift, Kontaktdaten und Sprechzeiten. Darüber hinaus können Bewertungen abgegeben und durch Portalnutzer abgerufen werden. Bewertungen können ohne Klarname online gestellt werden; die Beklagte nimmt bei Registrierung lediglich eine Verifikation der E-Mail-Adresse vor. Der Kläger nahm die Portalbetreiberin auf Unterlassung in Anspruch, nachdem diese sich weigerte, die ihn betreffenden Daten und Bewertungen auf Ihrer Internetseite nicht weiter zu veröffentlichen und sein Profil komplett und endgültig zu entfernen.
Der Bundesgerichtshof entschied, dass dem Kläger weder ein Anspruch auf Löschung noch auf Unterlassung der Veröffentlichung der Daten zusteht.
Nach Ansicht des Gerichts ist die Beklagte nach § 29 Abs. 1 BDSG zur Erhebung, Speicherung und Nutzung sowie nach § 29 Abs. 2 BDSG zur Übermittlung der Daten an die Portalnutzer berechtigt. Der BGH stellt im Rahmen der datenschutzrechtlich erforderlichen Abwägung fest, dass das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung die Kommunikationsfreiheit der Beklagten nicht überwiegt. Das Interesse der Öffentlichkeit an Informationen über ärztliche Dienstleistungen sei insoweit höher zu gewichten; der Kläger sei schließlich auch „nur“ in seiner Sozialsphäre betroffen, da die Daten seine berufliche Tätigkeit betreffen.
An diesem Ergebnis ändere auch nichts, dass die Bewertungen auf dem Portal Patienten beeinflussen oder abschrecken können. Ein Anspruch des Klägers in Missbrauchsfällen, also im Fall unwahrer Tatsachenbehauptungen sowie beleidigender oder sonst unzulässiger Bewertungen, bleibt allerdings hiervon unberührt.
Bewertung und Ausblick
Die Position von Online- Portalen bzw. deren Betreibern wurde mit der Entscheidung deutlich gestärkt. Die Entscheidung bestätigt auch die Zulässigkeit der Registrierung ohne Klarname, sondern lediglich mit einer (verifizierten) E-Mail-Adresse, die gewährleisten soll, dass etwaige Rückfragen gestellt werden können.
Ärzte können sich demgegenüber aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht gegen die Aufnahme ihrer Daten und Bewertungen in einem Online-Portal wehren, soweit nicht ein Missbrauchsfall vorliegt. Deshalb sollten sie Äußerungen und Bewertungen in Internetportalen regelmäßig kontrollieren und Löschung unwahrer Tatsachenbehauptungen sowie beleidigender oder sonst unzulässiger Bewertungen verlangen. Auch wenn der BGH in der Abwägung der widerstreitenden Interessen maßgeblich auf das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit zur Gesundheitsbranche abgestellt hat, ist davon auszugehen, dass die Rechtsprechung auf andere Berufsgruppen übertragbar ist.