In Europa größtenteils erlaubte und gängige Praxis; in Deutschland verboten: Wenn es um die Anreicherung von Lebensmitteln mit Vitaminen und Mineralstoffen geht, treffen deutsche Lebensmittelunternehmer bisher auf eine höchst unbefriedigende Situation.
Nach den Regelungen der europäischen Anreicherungsverordnung (Verordnung (EG) Nr. 1925/2006) ist die Anreicherung von Lebensmitteln mit im Anhang 1 aufgelisteten Vitaminen und Mineralstoffen seit Inkrafttreten der Verordnung im Jahr 2017 grundsätzlich erlaubt. Die Mitgliedstaaten haben es allerdings in den letzten 15 Jahren nicht geschafft, die nach der Verordnung vorgesehenen Höchstmengen für die Anreicherung verbindlich festzulegen. So lange das nicht erfolgt, können die Mitgliedsstaaten weiterhin ihre - recht unterschiedlich ausfallenden - Regelungen anwenden.
Die deutsche Übergangsregelung sieht vor, dass der Zusatz von Mineralstoffen, Spurenelementen und den Vitaminen A und D grundsätzlich verboten bleibt, bis es entweder EU-weite oder nationale Vorgaben für den Zusatz von Vitaminen und Mineralstoffen – wie eben die geforderten Höchstmengen – gibt. Bis dahin soll nur die Möglichkeit bestehen, beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit eine Ausnahmegenehmigung nach § 68 LFGB oder eine Allgemeinverfügung nach § 54 LFGB zu beantragen.
Auf EU-Ebene könnte bald eine Lösung absehbar sein: Bei der Europäischen Kommission und auch bei der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde gibt es schon seit Längerem Arbeitsgruppen, die sich mit der Erarbeitung der erforderlichen Höchstmengen beschäftigen. Die Initiative "Lebensmittelsicherheit – Vitamine und Mineralstoffe, die Lebensmitteln zugesetzt werden (Mindest- und Höchstgehalte)" plant angabegemäß eine gesetzliche Regelung ab dem Jahr 2024. Ein entsprechender Entwurf ist dabei für das zweite Quartal 2023 vorgesehen.
In Deutschland ist eine Festsetzung von Höchstmengen für Vitamine und Mineralstoffe durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft bisher nicht in Sicht. Es existieren nur (unverbindliche) Empfehlungen des Bundesinstituts für Risikoforschung. Die letzte Aktualisierung erfolgte im März 2021.
Es sprechen aber gute Argumente für die Annahme, dass das oben aufgezeigte deutsche Pauschalverbot (mit Erlaubnisvorbehalt) so nicht mit dem Unionsrecht vereinbar ist. Dementsprechend bieten viele Hersteller ihre angereicherten Produkte ohne Ausnahmegenehmigung oder Allgemeinverfügung an. In den letzten Jahren wurde das unserer Erfahrung nach in der Praxis von den zuständigen Ordnungsbehörden der Bundesländer auch überwiegend toleriert. Seit einiger Zeit stellen wir jedoch fest, dass es vermehrt zu Beanstandungen bei der Anreicherung mit Vitamin D kommt.
Sollten Sie Beratungsbedarf zum Vertrieb von Produkten mit zugesetzten Vitaminen und/oder Mineralstoffen oder auch Fragen in Bezug auf die Beantragung einer Ausnahmegenehmigung nach § 68 LFGB haben, zögern Sie nicht, uns anzusprechen.