Entwarnung zu „Soll-Angaben“ bei der Massenentlassungsanzeige

Köln, 20.05.2022

EntlassungMit Urteil vom 19. Mai 2022 hat das Bundesarbeitsgericht die Wirksamkeitsvoraussetzungen für eine Massenentlassungsanzeige gemäß § 17 KSchG leicht entschärft (vgl. Bundesarbeitsgericht Pressemittteilung vom 19.5.2022 - Massenentlassungsanzeige - Fehlen der sog. Soll-Angaben).

Entlässt ein Arbeitgeber

  • in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer,
  • in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10 % der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer,
  • in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 30 Arbeitnehmer

innerhalb von 30 Kalendertagen, ist er gemäß § 17 KSchG verpflichtet, vor Ausspruch der Kündigungen die Entlassungen bei der zuständigen Agentur für Arbeit anzuzeigen. Unterlässt der Arbeitgeber eine ordnungsgemäße Massenentlassungsanzeige, hat dies die Unwirksamkeit der Kündigungen zur Folge. 

Gemäß § 17 Abs. 3 S. 4 KSchG muss die Anzeige Angaben über den Namen des Arbeitgebers, den Sitz und die Art des Betriebes enthalten, ferner die Gründe für die geplanten Entlassungen, die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden und der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen sowie die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer enthalten. Gemäß § 17 Abs. 3 S. 5 KSchG sollen in der Anzeige ferner Angaben über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer zur Unterstützung der Arbeitsvermittlung durch die Agentur für Arbeit gemacht werden. 

Entgegen dem Gesetzeswortlaut des § 17 Abs. 3 S. 5 KSchG, aus dem sich eindeutig ergibt, dass es sich bei den dort genannten Angaben lediglich um sogenannte „Soll-Angaben“ handelt, entschied letztes Jahr das Hessische Landesarbeitsgericht, dass diese Angaben zwingend Gegenstand der Massenentlassungsanzeige sein müssten, da es sich um zweckdienliche Angaben im Sinne der Europäischen Massenentlassungs-Richtlinie (MERL) handele (vgl. LAG Hessen 25. Juni 2021 – 14 Sa 1225/20). Dies ergebe die richtlinienkonforme Auslegung der Vorschrift. Art. 3 Abs. 1 UAbs. 3 MERL verlange die Mitteilung aller zweckdienlichen Angaben. Dabei unterscheide die Massenentlassungs-Richtlinie nicht zwischen solchen Angaben, die auf jeden Fall erfolgen müssen und solchen, die zwar zweckdienlich, aber gleichwohl verzichtbar sind.

Dieser Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts hat das Bundesarbeitsgericht nun eine klare Absage erteilt und Arbeitgebern so ein Stück weit Rechtsicherheit bei der Stellung von Massenentlassungsanzeigen verschafft. Laut Bundesarbeitsgericht ziehe die Unterlassung von „Soll-Angaben“ nicht die Unwirksamkeit der Massenentlassungsanzeige und damit der Kündigungen nach sich, da der Gesetzgeber in § 17 KSchG bewusst zwischen „Muss - und Soll-Angaben“ differenziere. Zudem sei eine richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Rechts nicht geboten, da durch die Rechtsprechung des Europäische Gerichtshof bereits geklärt sei, dass sich aus der Massenentlassungs-Richtlinie keine Verpflichtung ergebe, die „Soll-Angaben“ gemäß § 17 Abs. 3 S. 5 KSchG in die Massenentlassungsanzeige einzubeziehen.

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