[Köln, ] Seit dem 01. Juni 2016 ist das neue Verwertungsgesellschaftengesetz (VGG) in Kraft. Es löst das alte Urheberrechtswahrnehmungsgesetz (WahrnG) ab.
Die Tätigkeit der Verwertungsgesellschaften soll transparenter und der rechtliche Rahmen an das Europäische Recht angepasst werden (das Gesetz dient der Umsetzung der Richtlinie 2014/26/EU). Zudem soll die kollektive Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten durch die Verwertungsgesellschaften im Hinblick auf den digitalen Wandel zukunftsfähig gemacht werden.
Reform der Verwertungsgesellschaften
Mitwirkung der Mitglieder
Die Verwertungsgesellschaften (z.B. GEMA, GVL oder VG Wort) müssen zukünftig, unabhängig von ihrer Rechtsform, ihre Mitglieder (d.h. Rechtsinhaber) an den Entscheidungen der Verwertungsgesellschaft mitwirken lassen. Dieses Mitwirkungsrecht wird von den Mitgliedern im Rahmen der Mitgliederhauptversammlung wahrgenommen.
Die Mitgliederhauptversammlung
Die Mitgliederhauptversammlung beschließt u.a. über die Satzung, die Tarife, den Verteilungsplan für die Einnahmen, die Wahrnehmungsbedingungen, die allgemeine Anlagepolitik in Bezug auf die Einnahmen aus den Rechten, etc. (vgl. § 17 VGG). Darüber hinaus beschließt sie über die Ernennung und Entlassung der Geschäftsführung und der Mitglieder des Aufsichtsrates (vgl. § 18 VGG).
In der Mitgliederversammlung müssen die verschiedenen Mitgliederkategorien, wie z.B. die Urheber von Musikwerken, Tonträgerhersteller oder ausübende Künstler, fair und ausgewogen vertreten sein. Laut Gesetzesbegründung soll gleichwohl berücksichtigt werden, dass Rechtsinhaber, die nur gelegentlich oder in einem geringeren Umfang Urheberrechte geltend machen können, diejenigen Rechtsinhaber, die mit ihren Rechten das wirtschaftliche Fundament der Verwertungsgesellschaft bilden, nicht im Rahmen einer Sperrminorität blockieren können.
Die genaue Ausgestaltung dieser Mitwirkungsrechte der Mitglieder müssen die Verwertungsgesellschaften in ihren Satzungen festlegen.
Doppelter Kontrahierungszwang bleibt
Das VGG behält langjährig bewährte Regelungen des Urheberrechtswahrnehmungsgesetzes bei. So bleibt der doppelte Kontrahierungszwang für die Verwertungsgesellschaften bestehen. Die Verwertungsgesellschaft ist weiterhin verpflichtet, auf Verlangen des Rechtsinhabers Rechte seiner Wahl an urheberrechtlich geschützten Werken wahrzunehmen (sog. Wahrnehmungszwang, § 9 VGG).
Zudem muss die Verwertungsgesellschaft jedermann auf dessen Verlangen zu angemessenen Bedingungen Nutzungsrechte an den von ihr wahrgenommenen Rechten einräumen (sog. Abschlusszwang, § 34 VGG).
Änderung bei Online-Musikrechten
Neu eingeführt werden besondere Regelungen für die gebietsübergreifende Vergabe von Online-Rechten an Musikwerken durch Verwertungsgesellschaften (§§ 59 ff. VGG). Diese Regelungen finden Anwendung, wenn die Vergabe das Gebiet von mehr als einem EU-Mitgliedsstaat bzw. EWR-Staat umfasst. Die europäischen Verwertungsgesellschaften können sich nunmehr gegenseitig zur Wahrnehmung von Rechten bei der gebietsübergreifenden Vergabe von Online-Musikrechten beauftragen. Darüber hinaus soll aber auch der Wettbewerb zwischen den Verwertungsgesellschaften gefördert werden.
Tarife für Geräte und Speichermedien
Mit dem neuen Gesetz soll das Verfahren zur Aufstellung und Durchsetzung der Tarife für die Privatkopievergütung schneller und effizienter gestaltet werden.
Die Verwertungsgesellschaften können direkt Tarife über die Vergütung für Geräte und Speichermedien aufstellen (§ 39 VGG). Die bisher bestehende Pflicht der Verwertungsgesellschaft, vor der Tarifaufstellung mit den Verbänden der betroffenen Hersteller Verhandlungen über den Abschluss eines Gesamtvertrages zu führen (wie noch im alten § 13a WahrnG), entfällt.