Energieeffizienzgesetz (EnEfG) in Kraft: Meilenstein oder Wachstumskiller?

Berlin, 21.11.2023

Das Gesetz zur Steigerung der Energieeffizienz in Deutschland, kurz Energieeffizienzgesetz (EnEfG), ist am 18. November 2023 in Kraft getreten. Damit hat der Bundestag – nun im zweiten Anlauf – Vorgaben zum Energiesparen beschlossen. Ursprünglich war die Abstimmung bereits für den 7. Juli 2023 vorgesehen. Allerdings war damals zur Abstimmung nicht die Mindestanzahl an 369 Abgeordneten im Bundestagsplenum anwesend.

Das Gesetz setzt absolute Primär- und Endenergieeinsparziele um und schafft für öffentliche Stellen und Unternehmen konkrete Vorgaben durch die verpflichtende Einrichtung von Energie- oder Umweltmanagementsystemen, einzuhaltende Umsetzungspläne oder Einzelmaßnahmen.
Fest steht, dass für eine erfolgreiche Energiewen-de neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien, die Senkung des Gesamtenergieverbrauchs ein wichtiger Baustein ist. Der Schlüssel hierfür heißt Energieeffizienz und ist – nun im EnEfG legal definiert – als das Verhältnis des Ertrags an Leistung, Dienstleistungen, Waren oder Energie zum Energieeinsatz zu verstehen. Es geht um die Ausschöpfung des gesamten Potentials durch beispielsweise intelligente Systeme oder angepasstes Verbraucherverhalten. Eine Begrenzung des individuellen Verbrauchs von Unternehmen oder privaten Haushalten erfolgt hingegen nicht.

Europarechtlicher Aufhänger

Mit dem EnEfG wird die Neufassung der europäischen Energieeffizienz-Richtlinie umgesetzt. Hintergrund ist das Ziel, bis 2050 eine klimaneutrale Europäische Union zu schaffen. Dies soll durch den „europäischen Grünen Deal“ und das „Fit-for-55-Paket“ erreicht werden. Ein Teil davon ist die Neufassung der bisherigen Energieeffizienz-Richtlinie (2012/27/EU). Seit dem 10. Oktober 2023 ist die Energieeffizienz-Richtlinie in ihrer Neufassung als Richtlinie 2023/1791/EU in Kraft. Danach hat jeder Mitgliedstaat einen nationalen Energieeffizienzbeitrag auf der Grundlage des Endenergieverbrauchs festzulegen, um das verbindliche Ziel der Union – Verringerung des Energieverbrauchs im Jahr 2030 von mindestens 11,7 % gegenüber des EU-Referenzszenarios 2020 – zu erreichen.

Parallelregelung: EDL-G

Als Vorgänger-Regelung zum neuen EnEfG gilt das Gesetz über Energiedienstleistungen und andere Energieeffizienzmaßnahmen (EDL-G), das schon die alte Energieeffizienz-Richtlinie 2012/27/EU in Deutschland umsetzte. Hiernach sind bereits heute alle Unternehmen, die keine KMUs sind, verpflichtet, mindestens alle vier Jah-re ein DIN-genormtes Energieaudit zu erstellen. KMU können es ihnen auf freiwilliger Basis gleichtun. Das EDL-G bleibt – vorerst – in Kraft.

Wesentlicher Inhalt des EnEfG

Sämtliche, durch das EnEfG festgelegte Energiesparverpflichtungen dienen dazu, den Endenergieverbrauch (bis 2030 um 26,5 % und bis 2045 sogar um 45 %) und den Primärenergieverbrauch (bis 2030 um 39,3 %) in Bund und in den Ländern zu senken, vgl. § 4 EnEfG.
Gängige Messgröße ist nach dem EnEfG die Endenergie, worunter derjenige Teil der eingesetzten Primärenergie verstanden wird, der den Verbrauchern nach Abzug von Energiewandlungs- und Übertragungsverlusten zur Verfügung steht (vgl. § 3 Nr. 8 EnEfG). Umgebungswärme oder -kälte sowie Solarthermie gehören nicht zur Endenergie. Unter Primärenergie fällt die Energie, die mit den ursprünglich vorkommenden Energieformen oder Energiequellen zur Verfügung steht (vgl. § 3 Nr. 23 EnEfG). 

Zur Zielerreichung der Energieeinsparung ist der öffentlichen Hand eine Vorreiterrolle zugedacht. Aber auch Unternehmen und Betreibern von Rechenzentren schreibt das EnEfG verpflichtende Energieeinsparmaßnahmen und Energieeffizienzanforderungen zu. Schließlich enthält das Gesetz Vorgaben zur Vermeidung von Abwärme. Die Vorgaben sind regelmäßig bußgeldbewährt.

Einsparverpflicht­ungen öffentlicher Stellen

Die Vorreiterrolle der öffentlichen Hand im Bereich Energieeffizienz ergibt sich als rechtliche Verpflichtung insbesondere aus der Energieeffizienz-Richtlinie.  

Öffentlichen Stellen, soweit sie einen jährlichen Gesamtendenergieverbrauch von mind. 1 Gigawattstunde (GWh) vorweisen können, sind nach dem EnEfG verpflichtet, ihren Endenergieverbrauch um 2 % jedes Jahr bis 2045 zu mindern (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1). Überschusseinsparungen können dabei für die fünf Folgejahre angerechnet werden. 

Falls die 2 %-Verpflichtung nicht ausreichen sollte, um die europarechtliche Zielvorgabe zu erreichen, kann die Bundesregierung per Rechtsverordnung schärfere Einsparverpflichtungen vorschreiben.
Das Gesetz definiert als öffentliche Stelle „Behörden, Organe der Rechtspflege und andere öffentlich-rechtlich organisierte Einrichtungen, Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts des Bundes oder der Länder sowie deren Vereinigungen“ (vgl. § 3 Nr. 22 Satz 1 EnEfG). Im Gesetzgebungsverfahren ist zuletzt die Definition der öffentlichen Stelle ergänzt worden. Unter öffentliche Stellen fallen nun auch „juristische Personen des öffentlichen oder privaten Rechts, die mehrheitlich durch institutionelle Zuwendungen des Bundes und/oder der Länder finanziert werden.“ Ausgenommen sind hingegen natürliche und juristische Personen, Gesellschaften und andere Personenvereinigungen des privaten Rechts mit kommerziellem oder gewerblichem Charakter sowie Kommunen. Letzteres hat verfassungsrechtliche Gründe, bedeutet aber nicht, dass die Länder den Energieverbrauch von kommunalen öffentlichen Stellen bei ihrem eigenen außer Acht lassen dürfen.

Bei einem höheren Gesamtendenergieverbrauch kommen auf öffentliche Stellen zusätzliche Pflichten zu: Bei einem Durchschnittsjahresverbrauch von mind. 3 GWh ist die Einführung eines Energie- oder Umweltmanagementsystems bis zum 30. Juni 2026 verpflichtend. Liegt der Gesamtendenergieverbrauch zwischen 1 und 3 GWh, ist ein vereinfachtes Energiemanagementsystem ausreichend. 

Ausgenommen von den Verpflichtungen für öffentliche Stellen sind öffentliche Wohnungsunternehmen und unter bestimmten Voraussetzungen Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen.

Einrichtung von Energie- und Umweltmanagement­systemen

Was ein (vereinfachtes) Energie- oder Umweltmanagementsystem sein soll, definiert das EnEfG, vergleichbar zum EDL-G (vgl. § 3 Nrn. 16, 29, 30): Für ein Energiemanagementsystem müssen die Anforderungen der DIN EN ISO 50001, Ausgabe Dezember 2018, eingehalten werden. Davon abzugrenzen ist ein vereinfachtes Energiemanagementsystem, das Level 2 der ISO 50005, Ausgabe September 2021, entsprechen muss. Für die Ausgestaltung von Umweltmanagementsysteme wird auf die Definition nach Verordnung (EU) Nr. 1221/2009 verwiesen. 

Die Einrichtung von Energie- und Umweltmanagementsystemen kann vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) in Form von Stichprobenkontrollen überprüft werden. Es kann zudem die Vorlage von Nachweisen verlangen.

Maßnahmen für Unternehmen

Wenn mit Inkrafttreten des EnEfG feststeht, dass ein Unternehmen innerhalb der letzten drei Kalenderjahre einen durchschnittlichen Gesamtendenergieverbrauch von mehr als 7,5 GWh vorzuweisen hat, muss es bis zum 18. Juli 2025 ein Energie- oder Umweltmanagementsystem eingerichtet haben (§ 8 Abs. 2 Satz 1 EnEfG).

Unternehmen, die erst nach Inkrafttreten des EnEfG und zu einem späteren Zeitpunkt innerhalb von drei Kalenderjahren den Gesamtendenergie-verbrauch von mehr als 7,5 GWh pro Jahr erreichen, müssten jeweils 20 Monate später ein Energie- oder Umweltmanagementsystem eingerichtet haben (§ 8 Abs. 2 Satz 2 EnEfG). Für beide Varianten gilt: Unternehmen sind bis zum Nachweis der Einrichtung eines Energie- oder Umweltmanagementsystems von der Durchführung von Energieaudits nach EDL-G befreit. 

Als Teil des Energie- und Umweltmanagementsystems haben Unternehmen insbesondere technisch realisierbare Endenergieeinsparmaßnahmen, Maßnahmen zur Abwärmerückgewinnung und -nutzung sowie detaillierte Wirtschaftlichkeitsbewertungen aller identifizierten Maßnahmen vorzuweisen (vgl. § 8 Abs. 3)

Unternehmen mit einem durchschnittlichen Endenergieverbrauch von mindestens 2,5 GWh innerhalb der drei letzten Jahre haben zusätzlich durchführbare Umsetzungspläne für alle als wirtschaftlich identifizierte Endenergiesparmaßnahmen zu veröffentlichen, § 9 EnEfG. Dieser Plan ist binnen drei Jahren vorzulegen und vor Veröffentlichung von Zertifizieren, Umweltgutachtern oder Energieauditoren zu bestätigen.

Klimaneutrale Rechenzentren 

Erstmals nimmt das Gesetz die Betreiber von Rechenzentren in die Pflicht: Das EnEfG gibt einzuhaltende Werte zur Energieverbrauchseffektivität sowie zum erneuerbare-Energien-Anteil im Stromverbrauch vor, verpflichtet zur Einrichtung von Energie- und Umweltmanagementsystemen und legt Offenlegungs- und Informationspflichten gegenüber dem Bund auf (§§ 11-13 EnEfG). 
Die Einrichtung eines Umwelt- oder Energiemanagementsystems hat bis zum 1. Juli 2025 zu erfolgen. Ferner muss ab 2027 der Stromverbrauch für alle Rechenzentren zu 100 % aus erneuerbaren Energien gedeckt werden. Mit dem EnEfG wird ein Energieeffizienzregister für Rechenzentren errichtet, das mit den Informationen gespeist werden soll, die die Betreiber dem Bund übermitteln – beginnend ab dem 15. Mai 2024.

Abwärme

Das EnEfG schafft für Unternehmen und Betreiber von Rechenzentren – soweit sie im Jahr mehr als 2,5 GWh Endenergie verbrauchen – neue Vorgaben zur Vermeidung bzw. Reduzierung von Abwärme (§ 16). Adressaten der Regelung haben die anfallende Abwärme durch Maßnahmen der Technik zur Energieeinsparung durch Abwärmenutzung wiederzuverwenden. Den Stand der Technik bestimmen die sog. BVT-Schlussfolgerungen gemäß der Industrieemissionsrichtlinie der EU in Bezug auf Abwärme. 

Darüber hinaus sind die gleichen Unternehmen den Betreibern von Wärmenetzen und Fernwärmeversorgungsunternehmen auf Anfrage sowie der Bundesstelle für Energieeffizienz (BfEE) – ohne Anfrage – bis zum 1. Januar 2024 und danach bis zum 31. März eines jeden Jahres über wärmerelevante Daten zur Auskunft verpflichtet. Die BfEE erstellt mit den Informationen eine öffentlich einsehbare Abwärmeplattform. Am 20. November 2023 hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz angekündigt, die (erstmalige) Frist zur Übermittlung von Informationen zum 1. Januar 2024 für sechs Monate auszusetzen. 

Fazit

Mit dem EnEfG werden Unternehmen zweifelsfrei zusätzliche Belastungen auferlegt, die es alle in den kommenden Jahren vorzubereiten und umzusetzen gilt. Erfüllt man die gesetzlichen Vorgaben nicht, drohen empfindliche Bußgelder. 

Auch wenn der Gesetzgeber Unternehmen und Rechenzentren keine individuellen Begrenzungen des Verbrauchs vorgibt, sehen sich die Adressaten der Neuregelungen spürbaren Folgen ausgesetzt. Viele betroffene Unternehmen kämpfen schon jetzt mit hohen Energiekosten und bürokratischen Hürden. Die umzusetzenden Maßnahmen unter dem EnEfG erfordern einen hohen Umsetzungsaufwand und bewegen die Unternehmen faktisch zur Selbstverpflichtung.

Rechnerisch können sich die Investitionen allerdings langfristig lohnen angesichts der weiterhin steigenden Energiepreise; man nenne hier nur den Anstieg der CO2-Steuer. Jetzt in Energieeffizienz zu investieren ist also in jedem Fall ein guter Rat. Ob er nun vom Gesetzgeber kommt oder von der Energieberatung. In jedem Fall schafft das EnEfG verlässliche Ziele und konkrete Maßnahmen. Die praktische Umsetzung in den Unternehmen wird zeigen, ob ein Beitrag zur Klimaneutralität tatsächlich geleistet werden kann. 
 

Weiterer Autor: Nicolai Albrecht

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