Inflationsausgleichsprämie: Überblick und FAQ

Köln, 21.12.2022

Newsletter Arbeitsrecht Q4Angesichts der sich zum anstehenden Jahreswechsel vielfach deutlich erhöhenden Energiekosten bleibt das Thema Inflationsausgleichsprämie hochaktuell. In Unternehmen gibt es weiterhin erhebliche Unsicherheit darüber, welche Gestaltungsmöglichkeiten und -spielräume bestehen, sofern sie Beschäftigte in Form der Gewährung einer Inflationsausgleichsprämie finanziell entlasten möchten.

Im nachstehenden Beitrag möchten wir Ihnen einen kurzen Überblick geben und die wichtigsten, in der Praxis bestehenden Fragen thematisieren.

Überblick

Die Inflationsausgleichsprämie ist ein Instrument, das die steuer- und sozialversicherungsfreie Gewährung einer Leistung bis zu einem Betrag von EUR 3.000,- ermöglicht. Die steuer- und sozialversicherungsrechtliche Privilegierung knüpft nach § 3 Nr. 11c des Einkommenssteuergesetzes (EStG) daran an, dass die Leistung

  • im Zeitraum zwischen dem 26. Oktober 2022 und dem 31. Dezember 2024,
  • zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn und
  • zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise gewährt wird.

Die Leistung kann dabei sowohl als Sachbezug wie auch – praktisch deutlich häufiger – in Form eines finanziellen Zuschusses erfolgen. Des Weiteren kann der Arbeitgeber grundsätzlich frei darüber entscheiden, ob er die Prämie als Einmalbetrag oder in mehreren Teilbeträgen auszahlen möchte.

FAQ

1. Haben Beschäftigte einen gesetzlichen Anspruch auf die Inflationsausgleichsprämie?

Nein. Die gesetzliche Regelung sieht lediglich die Möglichkeit vor, dass Arbeitgeber ihren Beschäftigten eine steuer- und sozialversicherungsfreie Leistung gewähren. Arbeitgeber können also in aller Regel frei über das „Ob“ der Gewährung entscheiden. Das beinhaltet auch die freie Entscheidung darüber, ob der mögliche Maximalbetrag von EUR 3.000,- vollständig oder lediglich teilweise ausgeschöpft werden soll. Es ist demnach zulässig, dass sich Arbeitgeber dazu entscheiden, ihren Beschäftigten jetzt eine Prämie in Höhe von EUR 1.500,- und zu einem späteren Zeitpunkt (vor dem 31. Dezember 2024) weitere EUR 1.500,- zu gewähren.

Ausnahme: Ansprüche der Beschäftigten können sich gegebenenfalls aus tarifvertraglichen Bestimmungen ergeben (so etwa in der Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg). Außerdem ist darauf zu achten, dass den Beschäftigten keine Ansprüche auf Grundlage der konkreten Leistungsgewährung erwachsen (dazu sogleich näher).

2. Auf welcher Rechtsgrundlage kann die Prämie gewährt werden?

Sofern keine tarifvertraglichen Bestimmungen einschlägig sind, empfiehlt es sich gleichwohl, eine explizite Rechtsgrundlage für die Gewährung einer Inflationsausgleichsprämie zu schaffen. Entscheidend ist, dass Arbeitgeber den Zweck der Leistungsgewährung – konkret: die Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise – zum Ausdruck bringen. Dies kann auch mit einem entsprechenden Hinweis auf dem Überweisungsträger oder in der entsprechenden Gehaltsabrechnung erfolgen.

Angesichts des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bezüglich der näheren Ausgestaltung der Prämienzahlung empfiehlt es sich, eine betriebliche Rechtsgrundlage zu schaffen. Möglich ist dabei sowohl der Abschluss einer Betriebsvereinbarung als auch die Leistungsgewährung auf Grundlage einer Regelungsabrede. Da die Inflationsausgleichsprämie typischerweise auf Konzern- oder Unternehmensebene zu gewähren sein wird, ist darauf zu achten, das zuständige Gremium (Konzern-, Gesamt- oder lokaler Betriebsrat) zu involvieren.

Scheidet eine betriebsverfassungsrechtliche Grundlage aus, kann es sich anbieten, eine individualvertragliche Regelung zu treffen. Das gilt insbesondere für den Fall, dass die Inflationsausgleichsprämie nicht als Einmalzahlung, sondern in mehreren Teilbeträgen über einen längeren Zeitraum gewährt werden soll. In jedem Fall sollten Arbeitgeber nachweislich klarstellen, dass die Prämiengewährung unter dem Vorbehalt der Freiwilligkeit erfolgt. Ob es darüber hinaus möglich ist, das Bestehen eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses zu einem konkreten Stichtag (sog. Stichtagsklausel) zu verlangen oder für bestimmte Fälle Rückzahlungsmechanismen zu vereinbaren, ist im Einzelfall zu beurteilen.

3. Können andere Leistungen auf eine etwaig gewährte Inflationsausgleichsprämie angerechnet werden?

Grundsätzlich ist dies nicht möglich, da die Inflationsausgleichsprämie „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ zu gewähren ist. Denkbar ist lediglich eine Anrechnung auf ausschließlich freiwillig gewährte Sonderzahlungen. Ob den Beschäftigte hinsichtlich arbeitgeberseitig freiwillig gewährter Leistungen – etwa eines „freiwillig gewährten“ Weihnachtsgeldes – aber tatsächlich kein Rechtsanspruch zusteht, kann von zahlreichen Faktoren abhängen und daher schwierig zu beurteilen sein. Soll die Inflationsausgleichsprämie demnach als Ersatz oder unter teilweiser Anrechnung auf andere Sonderzahlungen gewährt werden, besteht das Risiko, dass Beschäftigte eine entsprechende Nachgewährung geltend machen können. Insoweit bedarf es einer sorgfältigen Prüfung, ob die potenziell zu ersetzende Sonderzahlung tatsächlich rein freiwilliger Natur ist. 

4. Kann die Inflationsausgleichsprämie frei verteilt werden?

Arbeitgeber haben bei der näheren Festlegung der Verteilungs- und Auszahlungsmodalitäten – vorbehaltlich der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats – einen großen Gestaltungsspielraum. Grenzen ergeben sich aber aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Für den Fall, dass ein Arbeitgeber die Inflationsausgleichsprämie nicht gleichförmig auf sämtliche Beschäftigten verteilen möchte, ist zu prüfen, ob es für etwaige Differenzierungen ein sachliches Unterscheidungskriterium gibt.

Vor diesem Hintergrund ist es vertretbar, die Höhe der gewährten Inflationsausgleichsprämie nach der Höhe des regelmäßigen Arbeitsentgeltes zu bemessen, da Beschäftigte mit einem geringeren Einkommen anerkanntermaßen stärker von der Inflation betroffen sind und daher in höherem Maße bedacht werden dürfen. Ebenfalls zulässig und empfehlenswert ist es, Teilzeitbeschäftigten die Prämie anteilig entsprechend ihrer individuellen Arbeitszeit zu gewähren. Dagegen wäre es risikobehaftet, bestimmte Beschäftigtengruppen vollständig von der Prämiengewährung auszunehmen, sofern diesen nicht bereits eine (alternative) dem Ausgleich höherer Verbraucherpreise dienende Kompensation zuteilgeworden ist. Insoweit spricht viel dafür, dass es möglich ist, ausschließlich den sog. „AT-Beschäftigten“ eine Inflationsausgleichsprämie zu gewähren, falls die Tarifbeschäftigten bereits eine tarifliche Leistung zur Abmilderung der Inflationsfolgen erhalten haben. Schließlich wird es unter Berücksichtigung des Zwecks der Inflationsausgleichsprämie in aller Regel unzulässig sein, eine die Prämie in Ansehung von Leistungsgesichtspunkten zu verteilen.

Fazit

Arbeitgeber sind nicht verpflichtet, ihren Beschäftigten eine Inflationsausgleichsprämie zu gewähren. Sofern Unternehmen – trotz der aktuellen Widrigkeiten – finanzielle Spielräume haben, stellt die Prämie ein Instrument ein, um die Beschäftigten spürbar und effizient finanziell zu entlasten. Unter Wahrung etwaig bestehender Mitbestimmungsrechte und zwingender rechtlicher Vorgaben sollten Arbeitgeber dabei sorgfältig prüfen, welche Gestaltung sinnvoll sein kann und wie sie die bestehenden Regelungsmöglichkeiten bestmöglich nutzen können.

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