I. Rezeptabrechner insolvent
Nachdem der Abrechnungsdienstleister AvP Deutschland GmbH in finanzielle Schieflage geraten ist, musste am 15. September ein von der BaFin gestellter Sonderbeauftragter Insolvenz am AG Düsseldorf beantragen.
Die AvP Deutschland GmbH wickelte hauptsächlich Transaktionen zwischen Apotheken und Krankenkassen ab. Mit einem jährlichen Auftragsvolumen von sieben Milliarden Euro und rund 3.500 Kunden ist sie einer der größten Abrechnungsdienstleister im deutschen Gesundheitswesen. Viele Apotheker und andere betroffene Leistungserbringer des Gesundheitswesens sind dringend auf Zahlungen aus den Abrechnungen gegenüber den Krankenkassen angewiesen, um ihrerseits Verbindlichkeiten nachzukommen. Liquiditätsprobleme scheinen für betroffene Kunden unvermeidbar.
II. Unklare Rechtslage
Viele der betroffenen Apotheker fragen sich nun, ob noch nicht ausgekehrte Zahlungen Teil der Insolvenzmasse der AvP sind. Vor diesem Hintergrund ist bemerkenswert, dass AvP nicht nur wie ein reines Rechenzentrum Verordnungen digitalisiert und Forderungen im fremden Namen für die Kunden geltend gemacht hat. Teilweise sahen die Abrechnungsverträge mit den Apothekern vielmehr eine weitreichende Abtretung von Forderungen vor, die die Leistungserbringer aus der Rezeptabrechnung gegen die gesetzliche Krankenversicherung haben. Dies entspricht der gängigen Praxis, dass Abrechnungsdienstleister nicht nur eine reine Rechnungslegung anbieten, sondern Forderungen im Rahmen eines sogenannten Factorings ankaufen, um schnellere Auszahlungen für die Leistungserbringer zu ermöglichen.
Diese Praxis könnte mit der eigentlich im fünften Sozialgesetzbuch vorgesehenen Rolle der Rechenzentren im Konflikt stehen. Apotheker können zwar nach dem Wortlaut des § 300 Abs. 2 SGB V zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus der elektronischen Rezeptabrechnung nach § 300 Abs. 1 SGB V Rechenzentren in Anspruch nehmen. Die Rechenzentren dürfen die ihnen hierzu übermittelten Daten aber nach § 300 Abs. 2 S. 2 SGB V nur für im Sozialgesetzbuch bestimmte Zwecke und nur in einer auf diese Zwecke ausgerichteten Weise verarbeiten, soweit sie dazu von einer berechtigten Stelle beauftragt worden sind.
Eine Vorfinanzierung von Rechnungen durch das Rechenzentrum ist im fünften Sozialgesetzbuch nicht ausdrücklich vorgesehen. Vielmehr könnte in der Gesetzesregelung eine Auftragsdatenverarbeitung veranlagt sein, wonach das Rechenzentrum Sozialdaten nur für den Leistungserbringer verarbeiten darf. Eine Verarbeitung von Abrechnungsdaten zur Einziehung von Forderungen gegen die gesetzliche Krankenversicherung im eigenen Namen wäre in diesem Fall für das Rechenzentrum eventuell rechtlich unzulässig. Auch die rechtliche Wirksamkeit von einer Forderungsabtretung zu diesen Zwecken wäre damit fragwürdig.
III. Fazit
Die zwischen AvP und den betroffenen Leistungserbringern geschlossenen Verträge müssen im Einzelfall überprüft werden. Insbesondere weit gefasste Abtretungen von Forderungen gegen die gesetzlichen Krankenversicherungen könnten sich als rechtlich unwirksam erweisen. Gerade im Hinblick auf das kommende E-Rezept bleibt abzuwarten, wie sich das Forderungsmanagement der Apotheken und der anderen Leistungserbringer im Gesundheitswesen in Zukunft entwickeln wird.
Gerne beraten wir Sie zu allen Fragen rund um die Rezeptabrechnung im Gesundheitswesen.