Privilegierung von Solarparks an Autobahnen und Schienenwegen – ein Überblick über den neuen § 35 Abs. 1 Nr. 8 lit. b) BauGB

Köln, 24.01.2023

Am 11. Januar 2023 ist das Gesetz zur sofortigen Verbesserung der Rahmenbedingungen für die erneuerbaren Energien im Städtebaurecht in Kraft getreten (BGBl 2023 I Nr. 6). Erst durch Beschlussempfehlung des zuständigen Bundestagsausschusses wurde eine Ergänzung des § 35 Abs. 1 BauGB in das Gesetz aufgenommen (vgl. BT-Drs. 20/4704). Diese sieht eine Aufnahme solcher Solarparks in die Liste der privilegierten Vorhaben des § 35 Abs. 1 BauGB vor, die sich auf einer Fläche längs von Autobahnen oder zweigleisigen Schienenwegen des übergeordneten Netzes nach § 2b AEG und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 m befinden.

Diese Neuregelung stellt eine partielle Abkehr von dem bisherigen langatmigen Bebauungsplanaufstellungsverfahren dar und hat das Potential, die öffentlich-rechtliche Baureifmachung von Solarparks erheblich zu beschleunigen.

Verfahrensbeschleunigung bis zur Genehmigungserteilung

Bisher war für die öffentlich-rechtliche Realisierung aller Solarparks im Außenbereich die Aufstellung eines Bebauungsplans erforderlich. Diese Aufstellung dauerte aufgrund der notwendigen Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung mitunter sehr lange. Zudem musste auf die politischen Mehrheitsverhältnisse im jeweiligen Gemeinderat Rücksicht genommen werden. Rechtlicher Hintergrund für das Erfordernis eines Bebauungsplans war, dass sich die Zulässigkeit von Solarparks im Außenbereich ohne Bebauungsplan bisher nur nach § 35 Abs. 2 BauGB richtete. Dies führte im Ergebnis oftmals dazu, dass Solarparks ohne Aufstellung eines Bebauungsplans im Außenbereich unzulässig waren.

Nunmehr hat der Gesetzgeber zumindest Solarparks längs von Autobahnen und Schienenwegen als privilegierte Vorhaben in § 35 Abs. 1 BauGB aufgenommen. Damit sind Solarparks an diesen Standorten grundsätzlich bauplanungsrechtlich zulässig, wenn keine öffentlichen Belange entgegenstehen (hierzu unten).

Dies führt dazu, dass im Regelfall kein Bebauungsplan mehr zur Herbeiführung der Genehmigungsfähigkeit dieser Solarparks erforderlich ist. Nun können grundsätzlich unmittelbar Baugenehmigungen beantragt werden. Dadurch entfällt ein wesentlicher Zeit- und Kostenfaktor bis zur Erreichung der öffentlich-rechtlichen Zulässigkeit des Solarparks. Je nach Einzelfall ist es nun möglich und aus Zeit- und Kostengründen ggf. empfehlenswert, ein bereits eingeleitetes Bebauungsplanverfahren für Solarparks längs von Autobahnen und Schienenwegen einzustellen und direkt einen Bauantrag einzureichen. Zudem ist die Realisierung eines Solarparks längs von Autobahnen und Schienen nicht mehr von der Zustimmung des Gemeinderates abhängig; die Projektträger haben nunmehr bei Vorliegen aller Voraussetzungen einen Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung.

Mögliche entgegenstehende Belange

Allerdings führt die Privilegierung von Solarparks nicht zwangsläufig zu einer Genehmigungsfähigkeit. Vielmehr müssen weitere öffentliche Belange im jeweiligen Einzelfall berücksichtigt werden und können der Zulässigkeit des Solarparks im Einzelfall entgegenstehen.

So dürften die Gebiete längs der Autobahnen und Schienenwege in bestehenden Flächennutzungsplänen (FNP) der Gemeinden regelmäßig als landwirtschaftliche Flächen ausgewiesen werden. Darstellungen in FNP können nach der Rechtsprechung aber nur dann privilegierten Vorhaben entgegengehalten werden, wenn diese Darstellungen qualifizierte Standortzuweisungen treffen. Dies ist bei landwirtschaftlichen Flächen in aller Regel nicht der Fall, weshalb Darstellungen in FNP den Solarparks an Autobahnen und bestimmten Schienen nicht entgegengehalten werden können.

Daneben dürfen nach § 9 FStrG Hochbauten – zu denen die Solarparks zählen – innerhalb einer Anbauverbotszone von 40 m längs von Autobahnen nicht errichtet werden. Damit verringert sich im Grundsatz die privilegierte Fläche längs von Autobahnen von 200 m auf 160 m, wobei ggf. eine Ausnahme von diesem Verbot erteilt werden kann. Für Anlagen in einer Entfernung bis zu 100 m Entfernung von der Autobahn ist die Zustimmung des Fernstraßen-Bundesamtes einzuholen.

Daneben ist Natur- und Artenschutzrecht weiterhin einzuhalten. Da es sich bei großflächigen Solarparks zudem ggf. um raumbedeutsame Vorhaben handelt, ist daneben zu ermitteln, ob die Solarparks Zielen der Raumordnung widersprechen.

Aufgrund solcher Belange können gute Gründe dafürsprechen, zur Erhöhung der Rechtssicherheit nach wie vor ein Bebauungsplanverfahren durchzuführen. Deshalb ist vor Einreichung des Bauantrags und Aufgabe des Bebauungsplanverfahrens eine Abstimmung mit der Bauaufsichtsbehörde zu empfehlen.

Fazit

Durch die Aufnahme von Solarparks in einer Entfernung von 200 m längs von Autobahnen und bestimmten Schienenwegen hat der Gesetzgeber eine neue Möglichkeit zur Beschleunigung der öffentlich-rechtlichen Baureifmachung eingeführt. Das zeitaufwendige Bebauungsplanaufstellungsverfahren ist nun für diese Flächen im Regelfall nicht mehr erforderlich. Je nach Einzelfall können bereits laufende Aufstellungsverfahren eingestellt und direkt Baugenehmigungsanträge eingereicht werden.

Allerdings sollte diese Entscheidung nicht vorschnell getroffen werden und bedarf einer Einschätzung des jeweiligen Einzelfalls, da möglicherweise andere Belange wie das Raumordnungsrecht der Errichtung des Solarparks entgegenstehen können.

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