Aufklärungspflicht des Grundstücksverkäufers gilt auch für Details - (zu BGH, Urt. v. 23.9.2022 – V ZR 133/21)

Köln, 24.02.2023

Entgegen der Volksweisheit muss der Ehrliche nicht immer der Dumme sein. Gerade im rechtlichen Kontext dürfte dies weit überwiegend nicht zutreffen. So hat der Bundesgerichtshof jüngst noch einmal die Anforderungen an die Aufklärungspflichten eines Grundstücksverkäufers geschärft: Demnach muss der Verkäufer den Käufer ggf. auch dann noch einmal aktiv auf (negative) Details hinweisen, wenn dem Käufer die Informationen an sich bereits zur Verfügung stehen.

Aufklärungspflicht auch hinsichtlich Details der vorliegenden Informationen

Sekundäre Darlegungslast des Verkäufers

Im hier besprochenen Fall hatte der Verkäufer den Käufern einen Auszug aus einem umfangreichen Bebauungsplan aushändigen lassen. Die Käufer wiederum bestätigten im beurkundeten Kaufvertrag, dass ihnen der gültige Bebauungsplan hinreichend bekannt sei. Hierauf stützte der Verkäufer seine Rechtsverteidigung gegen den später von den Käufern erhobenen Arglistvorwurf. Zu Unrecht, wie der Bundesgerichtshof in seiner hier besprochenen Entscheidung befand.

Der Bundesgerichtshof gesteht den Käufern insoweit eine Beweiserleichterung im Rahmen der sogenannten sekundären Beweislast zu: Kann die Käuferseite darlegen und beweisen, dass es keine Aufklärung über einen aufklärungspflichtigen Mangel gab, kann der Verkäufer dem Arglistvorwurf nicht allein dadurch entgehen, dass er von einer sonstigen Kenntnisnahme der Käuferseite ausgegangen ist. Es sei vielmehr Sache des Verkäufers, diejenigen Umstände in räumlicher, zeitlicher und inhaltlicher Weise zu konkretisieren, aufgrund derer er davon ausgegangen sein will, der Käufer habe positive Kenntnis von dem Mangel gehabt.

Eine allgemein gehaltene Bestätigung des Käufers ist nicht ausreichend

Selbst wenn der Käufer – wie im hier entschiedenen Fall – ausdrücklich bestätigt, eine bestimmte Dokumentation zu kennen, ist das nach dem Dafürhalten des Bundesgerichtshofs noch kein Ruhekissen für den Verkäufer. Denn nach den Umständen des Einzelfalls könne man nicht in jedem Fall unterstellen, dass der Käufer alle ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Kenntnisnahme auch ausnutze. Als Verkäufer könne man z.B. nicht annehmen, dass die Käufer eines Einfamilienhauses ohne gesonderte Veranlassung einen sechzig Seiten starken Bebauungsplan auf Mängelhinweise durcharbeiteten.

Bewertung und Fazit

Auch wenn der konkrete Rechtsstreit durch den Bundesgerichtshof nicht entschieden, sondern der Fall zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückverweisen wurde, sind die rechtlichen Hinweise des Bundesgerichtshofs durchaus ernst zu nehmen. Vielfach unterstellen Verkäufer – meist schlicht unbewusst – eine zu weitreichende Kenntnis des Käufers bzw. überspannen im eigenen Interesse die spiegelbildliche Verpflichtung des Käufers, sich selbst Kenntnis von bestimmten Umständen zu verschaffen.

Zur Vermeidung von unschönen und finanziell aufwendigen Streitigkeiten sollte das Fazit daher sein, dem Käufer zunächst eine möglichst erschöpfende Informations- bzw. Dokumentationslage zu schaffen und ihn dann noch einmal gezielt und ggf. redundant auf aufklärungsbedürftige Umstände hinzuweisen. Das mag einem Verkäufer aus verschiedenen Gründe widerstreben, ist aber nach der Rechtsprechung mehr als angezeigt.

Das konkrete Beispiel zeigt zudem, dass selbst die üblichen Käuferbestätigungen in Kaufverträgen, dass man sich alles angeschaut, alle nötigen Informationen bekommen und alle Fragen gestellt habe usw., manchmal eben noch nicht reichen. Der Teufel steckt hingegen bekanntlich im Detail, weswegen auch die Formulierung von Kaufverträgen und der dortigen Haftungs- und Kenntnisklauseln keineswegs triviale Fingerübungen mittels „copy&paste“ sind.

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