Störung, Verzögerung oder Wartung der Netzanbindung von Windenergieanlagen auf See
Die Betreiber von Übertragungsnetzen („ÜNB“), in deren Regelzone die Netzanbindung von Windenergieanlagen auf See („OWEA“) erfolgen soll, sind gemäß § 17d Abs. 1 Satz 1 EnWG gesetzlich verpflichtet, die Offshore-Anbindungsleitungen entsprechend den Vorgaben des Offshore-Netzentwicklungsplans und ab dem 01.01.2019 entsprechend den Vorgaben des Netzentwicklungsplans und des Flächenentwicklungsplans gemäß § 5 des Windenergie-auf-See-Gesetzes zu errichten und zu betreiben.
Entschädigungshöhe gemäß § 17e EnWG n.F.
Im Fall der Störung, Verzögerung oder Wartung einer Offshore-Netzanbindung steht dem betroffenen Betreiber des Offshore-Windparks („OWP“) eine Entschädigung nach § 17e EnWG gegen den ÜNB zu. Nach der seit dem 01.01.2017 geltenden neuen Fassung („n.F.") des § 17e Abs. 1 Satz 1 EnWG beträgt die Entschädigung 90% des nach § 19 EEG im Fall der Direktvermarktung bestehenden Zahlungsanspruchs abzüglich 0,4 ct/kWh.
Entschädigungshöhe gemäß § 17e EnWG a.F.
Bis einschließlich zum 31.12.2016 verwies die vorherige Fassung des § 17e Abs. 1 Satz 1 EnWG in Bezug auf die Höhe der Entschädigung auf 90% der nach § 19 EEG 2014 i.V.m. § 50 EEG 2014 im Fall der Einspeisung erfolgenden Vergütung („a.F.“) Die Spezialvorschrift des § 50 EEG 2014 konkretisierte den allgemeinen Förderanspruch nach § 19 Abs. 1 EEG 2014 für die Windenergie auf See. In der vom 01.08.2014 bis zum 31.12.2016 geltenden Regelung des § 50 Abs. 1 EEG 2014 war ein Grundwert für die Förderung der Windenergie auf See von 3,9 ct/kWh vorgesehen. Abweichend hierzu enthielt § 50 Abs. 2 Satz 1 EEG 2014 eine erhöhte Anfangsvergütung mit einem anzulegenden Wert von 15,40 ct/kWh. Die Förderdauer betrug mindestens zwölf Jahre ab dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme. Darüber hinaus ermöglichte § 50 Abs. 3 Satz 1 EEG 2014 für OWEA, die vor dem 01.01.2020 in Betrieb genommen werden, die Inanspruchnahme des optionalen Stauchungsmodells. In diesem Fall betrug der anzulegende Wert in den ersten acht Jahren ab der Inbetriebnahme der OWEA 19,4 ct/kWh. Gleichzeitig verringerte sich die Dauer der Anfangsvergütung von zwölf auf acht Jahre. In der Praxis haben sich daher auch nahezu alle OWP-Betreiber für die Inanspruchnahme des Stauchungsmodells entschieden.
Entscheidung des OLG Nürnberg v. 21.09.2020
Das OLG Nürnberg hat mit Beschluss vom 21.09.2020 (3 U 1099/20) entschieden, dass § 17e Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 EnWG in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung („a.F.“) dahingehend auszulegen ist, dass dem Betreiber einer OWEA, der den Strom im Marktprämienmodell vermarktet, ein Entschädigungsanspruch wegen der verspäteten Netzanbindung i.H.v. 19,4 ct/kWh zusteht. Für OWEA, die eine unbedingte Netzanbindungszusage nach § 118 Abs. 12 EnWG oder eine Kapazitätszuweisung nach § 17d Abs. 3 Satz 1 EnWG in der am 31.12.2016 geltenden Fassung erhalten haben, sind gemäß § 118 Abs. 21 EnWG die §§ 17d und § 17e in der am 31.12.2016 geltenden Fassung anzuwenden.
Fazit
Der BGH hat die Nichtzulassungsbeschwerde des ÜNB mit Beschluss vom 22.02.2022 zurückgewiesen (EnZR 71/20). Damit ist für die OWP-Betreiber der gemäß § 118 Abs. 21 EnWG betroffenen Bestandsanlagen rechtskräftig entschieden, dass die gesetzliche Entschädigung nach § 17e EnWG 19,4 ct/kWh beträgt. OWP-Betreiber von Bestandsanlagen sollten überprüfen lassen, ob weitergehende Entschädigungsansprüche gemäß § 17e EnWG wegen gestörter, verzögerter oder gewarteter Netzanbindung bestehen.