Ab dem 1. Januar 2024 gilt das neue Personengesellschaftsrecht, welches der Gesetzgeber durch das sog. MoPeG geschaffen hat. Das Recht der GbR, der OHG und der KG wird fast vollständig neu kodifiziert und inhaltlich diversen Änderungen unterworfen. Das neue Recht gilt im Grundsatz auch für alle bestehenden Gesellschaften, die somit ab dem 1. Januar 2024 ohne Weiteres dem neuen Recht unterworfen sind. Welcher Handlungsbedarf aus dem Inkrafttreten des neuen Rechts folgt, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung des bestehenden Gesellschaftsvertrags und der konkreten Interessenlage zu ermitteln. Vielfach sind vor allem die folgenden Gesichtspunkte von Bedeutung. Deren Lösung benötigt in der Regel zeitlichen Vorlauf. Hierfür steht die Zeit bis zum Ende des Jahres zur Verfügung.
1. Ende des Privaten für viele GbRs
Der häufigste Grund für die Wahl der GbR als Gesellschaftsform liegt in der Wahrung des Privaten. Dies werden viele GbRs ab dem 1. Januar 2024 nicht aufrechterhalten können. Das neue Recht schafft ein Gesellschaftsregister für GbRs (u. a. § 707 BGB n. F.). Die Eintragung ist zwar im Grundsatz freiwillig. In vielen Fällen besteht aber ein faktischer Eintragungszwang:
Dies gilt zunächst für die Immobilien-GbR, also etwa für die Familien-GbRs mit Immobilienvermögen und Fonds-GbRs. Für eine GbR wird ein Recht in das Grundbuch nur noch eingetragen, wenn die GbR im Gesellschaftsregister eingetragen ist (§ 47 Abs. 2 GBO n. F.).
Ein solcher faktischere Eintragungszwang trifft ferner GbRs, die andere Rechte halten, die register- oder listenpflichtig sind. Dies betrifft vor allem GmbH-Geschäftsanteile oder Namensaktien an einer AG, KGaA oder SE. Hieran wird deutlich, dass ab 1. Januar 2024 ein großer Teil der bestehenden GbRs dem faktischen Zwang zur Eintragung in das neue Gesellschaftsregister unterliegt.
Ist die GbR einmal in das Gesellschaftsregister eingetragen, unterfällt sie als eingetragene Personengesellschaft gleichzeitig den geldwäscherechtlichen Transparenzpflichten, die bußgeldbewehrt sind (§ 20 Abs. 1 Satz 1 GwG). Insbesondere sind somit wirtschaftlich Berechtigte der GbR zum Transparenzregister zu melden. Spätestens hieran wird deutlich, dass die Publizitätspflichten nach neuem Recht wesentlich über die Angaben zu der GbR hinausgehen, die sich bereits jetzt aus der „Public Domain“ ergeben (etwa Namen der Gesellschafter im nur beschränkt einsehbaren Grundbuch).
Soll eine Publizität in diesem Umfang vermieden werden, ist über eine Umstrukturierung nachzudenken (z. B. ausländische Gesellschaftsformen, „inhaberlose“ Strukturen, Aufspaltung des Vermögens in einen öffentlichen und einen privaten Teil). Anderenfalls sind die Eintragungen rechtzeitig vorzubereiten, um Verzögerungen im Transaktionsfall oder Rechtsnachteile zu vermeiden. Eine Überlastung des Gesellschaftsregisters Anfang 2024 und technische Probleme werden befürchtet.
2. Regelungen zur Erbfolge/Unternehmensnachfolge
Auch im Bereich der Erb- bzw. Unternehmensnachfolge bringt das neue Recht wichtige Änderungen für alle Personengesellschaften mit sich, ohne dass der Gesetzgeber die Unklarheiten, die sich in diesem Bereich teils seit Jahrzehnten stellen, in Gänze beseitigt hätte.
Anders als bislang führt künftig der Tod des Gesellschafters einer GbR bzw. eines persönlich haftenden Gesellschafters einer OHG oder KG nicht mehr zur Auflösung der Gesellschaft samt gemeinschaftlicher Verwertung ihres Vermögens, sondern zum Ausscheiden des verstorbenen Gesellschafters. Hiervon abweichende gesellschaftsvertragliche Regelungen bleiben in gewissem Umfang möglich.
Enthält der Gesellschaftsvertrag keine sachgerechten Regelungen, kann die Aus-scheidensfolge ungewollte Effekte haben: Zum einen wird die Gesellschaft grundsätzlich mit einer sofort fälligen Abfindungslast zugunsten der Erben belastet (vgl. unten 3.). Noch schwerwiegender ist die Folge im Falle einer Gesellschaft, die nur zwei Gesellschafter hat: Hier führt der Wegfall des „vorletzten“ Gesellschafters durch Tod grundsätzlich zur liquidationslosen Vollbeendigung der Gesellschaft und dem Übergang all ihrer Aktiva und insbesondere Passiva auf den verbleibenden, letzten Gesellschafter. Diese sog. gesellschaftsrechtliche Anwachsung ist nunmehr in Teilen kodifiziert (§ 712a BGB n. F.).
Enthält der Gesellschaftsvertrag eine sog. Nachfolgeklausel oder wird diese rechtzeitig vor einem Todesfall in der Zeit ab dem 1. Januar 2024 in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen, geht der Gesellschaftsanteil des verstorbenen Gesellschafters auf den Erben über. In diesem Fall entsteht weder eine Abfindungsverpflichtung noch kommt es zum Wegfall des Gesellschafters im Sinne der gesellschaftsrechtlichen Anwachsung.
Besonderheiten gelten, wenn mehr als eine Person Erbe ist: Für diesen Fall der Miterben bestimmt das neue Recht in Übereinstimmung mit der bereits jetzt h. M., dass der Anteil aufgrund einer sog. Sondererbfolge außerhalb von § 1922 BGB unmittelbar auf die einzelnen Erben gemäß ihrer Erbquote übergeht, der Anteil also nicht in die Erbengemeinschaft fällt (§ 711 Abs. 2 BGB n. F.). Dies ist bei der testamentarischen Gestaltung zu berücksichtigen. Dasselbe gilt hinsichtlich der Fragen einer Testamentsvollstreckung, die sich auf einen Anteil an einer Personengesellschaft beziehen oder erstrecken soll. Leider sah sich der Gesetzgeber nicht in der Lage, diese Fragen im neuen Personengesellschaftsrecht zu regeln.
Das neue Recht trifft auch Regelungen zur Frage der persönlichen Haftung der in die Gesellschaft eintretenden Erben. Es stellt klar, dass die Erben grundsätzlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften, auch für solche, die im Zeitpunkt des Todes bereits begründet waren (sog. Alt-Verbindlichkeiten), und zwar jeweils grundsätzlich sowohl mit dem Nachlass als auch mit ihrem gesamten Privatvermögen. Sie können aber verlangen, dass ihnen die Stellung eines Kommanditisten eingeräumt wird. Geschieht dies nicht, sind die Erben berechtigt, zu kündigen und eine angemessene Abfindung zu verlangen. Dieses, von § 139 HGB bereits bekannte Modell gilt nun auch für die GbR. Daneben bestehen die erbrechtlichen Möglichkeiten, das vorhandene Vermögen des Erben vor dem Nachlass zu schützen, nämlich das Recht zur Ausschlagung der Erbschaft und die Instrumente zur Beschränkung der Haftung des Erben auf den Nachlass.
Beim Kommanditanteil bleibt es dabei, dass dieser im Falle des Todes des Kommanditisten grundsätzlich auf den Erben bzw. die Erben übergeht. Die Haftungsgefahr ist beim Kommanditanteil wesentlich geringer.
3. Abmilderung von Abfindungsansprüchen
Nach neuem GbR-Recht führen die meisten Ereignisse, die gesetzlich bislang zur Auflösung der Gesellschaft geführt haben, nunmehr gesetzlich dazu, dass der Gesellschafter ausscheidet (§ 723 Abs. 1 BGB n. F.). Dies gilt insbesondere bei Tod (vgl. oben), Kündigung oder Insolvenz eines Gesellschafters. Für den Verlust seines Anteils steht dem ausgeschiedenem Gesellschafter (bzw. dessen Erben) ein Abfindungsanspruch gegen die Gesellschaft auf der Grundlage des vollen Verkehrswerts des Anteils zu.
Dass an die Stelle der Auflösung das Ausscheiden tritt, ist häufig sachgerecht. Die Abfindungsverpflichtung kann für die fortbestehende Gesellschaft aber eine große, Solvenz gefährdende Belastung sein. Dem lässt sich durch gesellschaftsvertragliche Gestaltung in gewissem Umfang begegnen, insb. durch gestaffelte Fälligkeiten (Ratenzahlung), Einschränkung der Höhe des Anspruchs und die Schaffung einer Möglichkeit der verbleibenden Gesellschafter, den Abfindungsanspruch durch Anschlusskündigung abzuwenden.