Nachdem der Bundesrat im Februar dieses Jahres die Zustimmung zum Gesetzesentwurf zum Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) zur Umsetzung der europäischen Hinweisgeberschutzrichtlinie (2019/1937) versagt hat (Zusammenfassung der Sitzung des Bundesrates vom 10. Februar 2023) und betreffend den daraufhin lediglich geringfügig angepassten Gesetzesentwurf verfassungsrechtliche Bedenken geäußert wurden, hat sich die Bundesregierung Anfang April dazu entschlossen, den Vermittlungsausschuss anzurufen.
Inhalt des Hinweisgeberschutzgesetzes
Das Hinweisgeberschutzgesetz soll Hinweisgeber besser schützen, sie insbesondere vor drohenden Benachteiligungen wie Diskriminierungen oder arbeitsrechtlichen Konsequenzen bewahren. Rechtsverstöße in Unternehmen und Behörden werden durch Beschäftigte meist als erstes wahrgenommen, so dass diese wesentlich zur Aufklärung und Vermeidung künftiger Verstöße beitragen. Bislang ist ihr Schutz mangels eines einheitlichen Systems jedoch unzureichend. Das Hinweisgeberschutzgesetz sieht daher vor, dass alle Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten und – unabhängig von der Beschäftigtenzahl – sämtliche Unternehmen der Finanz- und Versicherungsbranche sowie öffentliche Dienststellen interne Meldesysteme einrichten, Hinweisen nachgehen, über den Prozess informieren und diesen dokumentieren müssen.
Kritik des Bundesrates
Der Bundesrat kritisiert, dass der Schutz des Hinweisgeberschutzgesetzes zu weitreichend sei, da er den Anwendungsbereich der Richtlinie stark erweitere und damit zu einer Überregulierung führen könne. Kleine und mittlere Unternehmen, die bereits mehr als 50 Angestellte haben, würden durch die mit dem internen Meldesystem einhergehenden Kosten und den bürokratischen Aufwand erheblich belastet. Zudem eröffne die Option einer anonymisierten Meldung einfache Missbrauchsmöglichkeiten und könne zu Verletzungen von Persönlichkeitsrechten führen. Außerdem gebe es Bedenken, dass Mitarbeiter falsche Behauptungen aufstellen könnten, um Kündigungsschutz nach dem neuen Gesetz zu erlangen.
Anrufung des Vermittlungsausschusses
Die Bundesregierung und der Bundestag haben nun die Möglichkeit, im Vermittlungsausschuss mit den Ländern über einen Kompromiss zu beraten. Unterbreitet der Vermittlungsausschuss einen Änderungsvorschlag, so muss dieser Vorschlag zunächst im Bundestag angenommen werden. Der geänderte Gesetzesbeschluss wird sodann dem Bundesrat zur Abstimmung zugeleitet. Sollte der Vermittlungsausschuss hingegen empfehlen, das Gesetz zu bestätigen, müsste sich der Bundesrat erneut mit dem ursprünglichen Gesetzesbeschluss befassen. Auch wenn das Gesetzgebungsverfahren nun in eine neue Runde geht, ist sein Scheitern – nicht zuletzt auf Grund der europarechtlichen Verpflichtung zur Umsetzung der Hinweisgeberschutzrichtlinie – nicht zu erwarten.
Praxishinweise
Daher sollten sich Unternehmen und Behörden trotz der Verzögerung der Verabschiedung des Hinweisgeberschutzgesetzes und derzeit noch bestehender Unsicherheit betreffend seine finale Fassung bereits jetzt mit der Einrichtung interner Meldestellen bzw. der ordnungsgemäßen Ausgestaltung bereits vorhandener interner Meldestellen befassen und sich dabei an den Vorgaben des bisherigen Gesetzentwurfs orientieren. Einzelheiten hierzu können Sie unserem Beitrag „Abstimmung durch Bundestag: Das Hinweisgeberschutzgesetz kommt.“ entnehmen.