Arbeitsrechtliche Auswirkungen der „Wachstumsinitiative“ der Bundesregierung

Hamburg, 24.07.2024

Am 17. Juli 2024 hat die Bundesregierung – neben dem Bundeshaushalt für das Jahr 2025 – die sog. „Wachstumsinitiative – neue wirtschaftliche Dynamik für Deutschland“ beschlossen. Ziel dieser Wachstumsinitiative ist die Dynamisierung und Förderung der deutschen Wirtschaft, die Stärkung des Wirtschaftsstandortes und dessen Wettbewerbsfähigkeit. Hierfür hat die Bundesregierung eine Vielzahl von Maßnahmen beschlossen, die bei entsprechender gesetzgeberischer Umsetzung auch im Arbeitsrecht zu weitgehenden Änderungen führen.

Geplante Änderungen des Arbeitsrechts

Die Wachstumsinitiative der Bundesregierung beinhaltet verschiedene Maßnahmen, die der drohenden weiteren Verstärkung des Fachkräftemangels in Deutschland entgegenwirken sollen. Dabei sollen zum einen Maßnahmen ergriffen werden, die Mehrarbeit von bereits bzw. noch auf dem Arbeitsmarkt aktiver Arbeitnehmer fördern sollen. Zum anderen sollen Maßnahmen ergriffen werden, um Personen die dem Arbeitsmarkt noch nicht oder nicht mehr zur Verfügung stehen, (wieder) in eine Erwerbstätigkeit zu führen. 

Förderung von Mehrarbeit

Die Bundesregierung plant zunächst Gesetzesänderungen zu schaffen, durch die Mehrarbeitszuschläge steuer- und beitragsfrei gestellt werden. Dafür soll bei Arbeitsverhältnissen, die der Geltung eines Tarifvertrages unterliegen eine Vollzeitarbeit von 34 Stunden pro Woche gelten, bei Arbeitsverhältnissen, die keine tariflichen Arbeitszeiten haben, eine Vollzeitarbeit von 40 Stunden pro Woche. Arbeitet ein Arbeitnehmer dann mehr als die jeweilige Vollzeitarbeitszeit pro Woche, sollen etwaige Zuschläge, die neben dem regulären Stundenlohn für diese Mehrarbeit gezahlt werden, steuer- und beitragsfrei gestellt werden. Die Mehrarbeitszuschläge werden mithin ohne Abzüge an die Arbeitnehmer ausgezahlt. 

Damit einher geht die geplante Änderung des Arbeitszeitgesetzes, die es den Tarifvertrags- oder Betriebsparteien ermöglichen sollen, zeitlich beschränkt zum Teil von den derzeitigen Regelungen des ArbZG abzuweichen. 

Darüber hinaus plant die Bundesregierung einen steuerlichen Anreiz zur Erhöhung der Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten. Arbeitgebern soll zukünftig die Möglichkeit gegeben werden, steuerlich begünstigte Prämien zur Erhöhung der Arbeitszeit auszuloben. 

Weiterbeschäftigung nach Erreichen der Regelaltersgrenze

Um den Auswirkungen des demografischen Wandels in Deutschland entgegenzuwirken, plant die Bundesregierung weiter, Anreize und Möglichkeiten zu schaffen, um Personen, die die Regelaltersgrenze bereits erreicht haben, in die Erwerbstätigkeit zurück zu führen. 

So soll für Arbeitnehmer, die die Regelaltersgrenze bereits erreicht haben, unter bestimmten Voraussetzungen das Vorbeschäftigungsverbot des § 14 Abs. 2 TzBfG entfallen. Die befristete Beschäftigung von Arbeitnehmern im Rentenalter wird so deutlich erleichtert. Die Wirksamkeit der Befristung setzt für diesen Personenkreis keinen Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG mehr voraus, solange der Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine Altersrente hat und die sachgrundlose Befristung eine Gesamtdauer von acht Jahren bzw. insgesamt zwölf Vertragsbefristungen nicht überschreitet. Das „Zurückholen“ bereits ausgeschiedener Arbeitnehmer auf den Arbeitsmarkt wird so deutlich erleichtert.

Zugleich plant die Bundesregierung für die betroffenen Arbeitnehmer sozialversicherungsrechtliche Anreize zu schaffen, indem sie die Möglichkeit schafft, die – auch für Arbeitnehmer im Rentenalter grds. noch zu leistenden – Sozialversicherungsbeiträge an die Sozialversicherungsträger zu „streichen“ und diese Beiträge stattdessen an den Arbeitnehmer auszuzahlen. Ebenso soll Arbeitnehmern, die nach Erreichen der Regelaltersgrenze weiterarbeiten, die Möglichkeit gegeben werden, bei einer verzögerten Inanspruchnahme der gesetzlichen Rente eine abgabenfreie Rentenaufschubprämie in Höhe der bis dato entgangenen Rentenzahlung zu erhalten. 

Förderung von Weiterbildungen und der Arbeitsmarktdrehscheiben

Die Bundesregierung plant weiter, Weiterbildungsmöglichkeiten für Arbeitnehmer auszuweiten und die Arbeitsmarktdrehscheiben für Transformationsprozesse zu stärken. So sollen Arbeitnehmer noch vor einem etwaigen Arbeitsplatzverlust leichter in eine passende Anschlussbeschäftigung geführt werden. 

Sozialversicherungsrechtliche und sonstige Änderungen

Daneben plant die Bundesregierung eine Vielzahl von weiteren Änderungen, um mehr Personen in eine Erwerbstätigkeit zu bringen und Hürden zum Arbeitsmarkt abzubauen: 

  • Durch den Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen soll jungen Eltern eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglicht werden. 
  • Durch Änderungen des Bürgergeldbezugs sollen größere Anreize zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit geschaffen werden. 
  • Durch eine Erhöhung der anrechnungsfreien Beträge der Hinzuverdienstgrenzen für die gesetzliche Hinterbliebenenrente soll für Bezieher einer solchen Hinterbliebenenrente die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit vorteilhafter werden. 
  • Um Hürden für die Arbeitsaufnahme Geflüchteter abzubauen, soll eine Genehmigungsfiktion eingeführt werden, nach der die Beschäftigungserlaubnis der Ausländerbehörde als erteilt gilt, wenn die Ausländerbehörde dem Antragsteller (nach Beteiligung der Bundesagentur für Arbeit) innerhalb von zwei Wochen nichts Abweichendes mitteilt. 
  • Schließlich soll die Einwanderung von Fach- und Arbeitskräften aus dem Ausland erleichtert werden. So soll insbesondere die Einwanderung in die Zeitarbeit ermöglicht und Bürokratiehürden abgebaut werden. Die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in Deutschland soll für ausländische Fachkräfte steuerlich begünstigt werden. 

Der demografische Wandel des Arbeitsmarktes und der damit verbundene Mangel an Arbeitskräften stellt Arbeitgeber bereits jetzt vor erhebliche Herausforderungen. Ob die nun geplanten Maßnahmen der Bundesregierung dem effektiv etwas werden entgegensetzen können hängt maßgeblich von der konkreten Ausgestaltung der geplanten Gesetzesvorhaben hat. Insbesondere die geplanten Begünstigungen von Mehrarbeit oder die Erleichterungen bei der Beschäftigung von Arbeitnehmern im Rentenalter können hierbei Arbeitgebern perspektivisch Möglichkeiten bieten, auf bereits ausgebildetes und eingearbeitetes Personal zurückzugreifen, um Personalmangel zu verhindern oder zu reduzieren.

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