Bei der Geltendmachung ihrer Provisionsforderung sehen Makler sich regelmäßig dem kundenseits erhobenen Einwand der Vorkenntnis ausgesetzt. Die Praxis zeigt, dass die diesen Einwand erhebenden Kunden häufig dem Irrglauben unterliegen, der Einwand der Vorkenntnis greife bereits dann, wenn sie das Objekt oder den Verkäufer bereits zuvor kannten. Dies ist jedoch falsch. Vorkenntnis im Sinne der ständigen Rechtsprechung liegt nur dann vor, wenn der Kunde bereits vor dem Nachweis der Vertragsgelegenheit durch den Makler Kenntnis von der konkreten Vertragsgelegenheit hatte. Insoweit ist es also gerade nicht ausreichend, wenn dem Kunden das Objekt und/oder der Eigentümer bereits bekannt waren; vielmehr muss ihm auch bekannt sein, dass der Eigentümer das betreffende Objekt zu genau diesem Zeitpunkt zu veräußern bzw. zu vermieten beabsichtigt.
Der Einwand der Vorkenntnis ist nach der ständigen Rechtsprechung kausalitätsschädlich. Das heißt, dieser Einwand steht der Vermutung entgegen, dass die Tätigkeit des Maklers für den letztendlichen Erfolg, also den Abschluss des Kauf- bzw. Mietvertrags, ursächlich war. Liegt also tatsächlich ein Fall der Vorkenntnis vor, obliegt es dem Makler, für die Durchsetzung seines Provisionsanspruchs zu beweisen, dass seine Tätigkeit gleichwohl jedenfalls mitursächlich für den anschließenden Abschluss des Kauf- oder Mietvertrags war.
Schließlich ist für die Zulässigkeit des Einwands der Vorkenntnis in der Regel auch relevant, ob der Kunde diese bereits offengelegt hat. Mit dieser Frage hat sich kürzlich das Oberlandesgericht Frankfurt am Main beschäftigt.
Sachverhalt
Die Klägerin, ein Maklerhaus, war von den jeweiligen Eigentümern zweier Immobilien im Wege eines Alleinauftrags mit der Vermittlung des Verkaufs der streitgegenständlichen Grundstücke beauftragt worden. Die Klägerin schaltete hierzu u.a. Annoncen im Internet, in denen auch bereits auf die Provisionspflicht für den Käufer hingewiesen wurde. Die Beklagte und spätere Käuferin wandte sich aufgrund einer solchen Annonce Anfang Dezember 2018 an die Klägerin und bat um Übersendung des Exposés und der Objektdaten.
Die Beklagte erhielt sodann entsprechend ihrer Anfrage von der Klägerin das erbetene Exposé nebst weiterer erforderlicher Objektdaten, insbesondere auch den Namen und die Anschrift des von den Verkäufern Bevollmächtigten. Des Weiteren nutzte die Beklagte auch den von der Klägerin zur Verfügung gestellten „360°-Rundgang“ über das Internet.
Mitte Dezember 2018 bzw. Anfang Juni 2019 erwarb die Beklagte sodann die beiden streitgegenständlichen Grundstücke von den jeweiligen Eigentümern. Auf die Rechnung der Klägerin über ihren Maklerlohn zahlte die Beklagte jedoch nicht. Vielmehr wandte die Beklagte ein, sie hätte bereits seit November 2018, also vor Kontaktaufnahme mit der Klägerin und Inanspruchnahme der weiteren Maklerleistungen, Kenntnis von der Erwerbsmöglichkeit hinsichtlich einer Immobilie gehabt.
Die Entscheidung
Im Ergebnis sprach das Oberlandesgericht Frankfurt am Main der Klägerin den von ihr geltend gemachten Provisionsanspruch zu. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main erbrachte die Klägerin diverse für den Kaufvertragsabschluss mitursächliche Maklerleistungen, indem sie das Exposé übersandte, die Objektdaten und die maßgebliche Ansprechperson bekanntgab und den 360°-Rundgang zur Verfügung stellte. Des Weiteren kam es auf die beklagtenseits angeführte Vorkenntnis der Beklagten bereits deshalb nicht an, weil es gemäß der obergerichtlichen Rechtsprechung „einem Interessenten, der in Kenntnis des Provisionsverlangens und unter Inanspruchnahme von Maklerleistungen einen Maklervertrag abgeschlossen hat, verwehrt ist, sich später auf seine Vorkenntnis zu berufen, wenn er – wie vorliegend – Maklerleistungen entgegennimmt, ohne hierbei auf seine bereits bestehende Vorkenntnis hinzuweisen.“
Auswirkungen für die Praxis
Die Entscheidung bestätigt nochmals den bisherigen Meinungsstand in der obergerichtlichen Rechtsprechung: Einem Kunden ist es verwehrt, sich unter dem Vorwand der Vorkenntnis seiner Provisionspflicht zu entziehen, wenn er in Kenntnis der Provisionspflicht Maklerleistungen entgegennimmt, ohne bereits auf seine bestehende Vorkenntnis hinzuweisen.
Diese Rechtsprechung ist aus Maklersicht zu begrüßen. Denn andernfalls wäre es für Interessenten ein Leichtes, zunächst die durchaus nützlichen Informationen und weiteren Leistungen der Makler in Anspruch zu nehmen, ohne bereits zuvor ihre Vorkenntnis offenzulegen, und diese dann erst später nach Abschluss des Kauf- bzw. Mietvertrags anzuführen. Dann ist es für den Makler aber bereits zu spät – das Objekt könnte nicht mehr vermarktet werden, die Leistungen wären aber erbracht, ohne dass dies vergütet würde.
Für Kunden/Immobilieninteressenten gilt insoweit: Sofern eine Vorkenntnis besteht, sollte diese unverzüglich – und zwar im Idealfall belegbar – gegenüber dem Maklerhaus offengelegt werden. Andernfalls ist diese Möglichkeit später abgeschnitten und die Provision in der Regel geschuldet.