Urheberrecht: BGH lehnt urheberrechtlichen Schutz von bestimmten Birkenstock-Sandalen ab

Köln, 25.02.2025

Am 20. Februar 2025 hat der Bundesgerichtshof sein Urteil in Sachen Birkenstock verkündet. Der BGH entschied im Zuge von drei Revisionen zu Berufungsurteilen des OLG Köln, dass den bekannten Birkenstock Modellen „Arizona“, „Madrid“, „Boston“ und „Gizeh“ jeweils kein urheberrechtlicher Schutz zukommt. Diese Modelle stellen keine Werke der angewandten Kunst im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG dar, da von Birkenstock nicht dargelegt werden konnte, dass ein bestehender gestalterischer Spielraum in künstlerischer Art und Weise ausgenutzt wurde. Der BGH festigt hiermit seine bisherige Rechtsprechung, nach welcher Gebrauchsgegenstände auch bei einer geringen Gestaltungshöhe urheberrechtlichen Schutz genießen können, aber dennoch eine individuelle geistige Schöpfung nachgewiesen werden muss.

Hintergrund der Entscheidung

Die klagende Birkenstock Gruppe vertreibt die weltweit bekannten Birkenstocksandalen.

2023 reichte Birkenstock gegen drei Unternehmen Klage vor dem Landgericht Köln ein. Die beklagten Unternehmen verkauften ebenfalls Schuhmodelle, welche denen der Klägerin sehr ähnlich waren. Das Landgericht Köln gab diesen Klagen statt und entschied, dass den streitgegenständlichen Sandalenmodellen der Klägerin urheberrechtlicher Schutz zukomme, in welchen durch die Nachahmungen der Beklagten eingegriffen worden sei.

Gegen diese Urteile reichten die Beklagten Berufung beim OLG Köln ein. Auf diese Berufungen hin wies das OLG Köln die Klagen von Birkenstock mit der Begründung ab, dass den Sandalen von Birkenstock kein urheberrechtlicher Schutz zukomme. So sei von der Klägerin nicht nachgewiesen worden, dass ein bestehender gestalterischer Freiraum in künstlerischer Art und Weise ausgenutzt worden sei. Bei Gebrauchsgegenständen sei insbesondere zwischen dem urheberrechtlichen und dem designrechtlichen Schutz zu unterscheiden. Der Zweck des designrechtlichen Schutzes bestimmt sich danach, dass eine bestimmte Form einer Funktion folgen soll. Beim urheberrechtlichen Schutz hingegen handelt es sich um eine persönlich individuelle Gestaltung, die keinen Funktionshindernissen folgen muss und zweckfrei für sich selbst steht. Zwar ist vom BGH und EuGH anerkannt, dass es durchaus auch Überschneidungen dieser beiden Schutzrechte geben kann, diese sollen nach dem OLG Köln aber nur in Ausnahmefällen vorliegen. Bei der Bestimmung eines urheberrechtlichen Schutzes ist relevant, ob der Gebrauchsgegenstand das Ergebnis einer freien künstlerischen Betätigung ist und sich diese Freiheit auch im Gegenstand wiedererkennen lässt. Bloße Ästhetik allein sei kein Kriterium für die Annahme eines Urheberrechts, da Kunst für sich genommen nicht schön sein muss, um Erfolg zu haben. Diesen Anforderungen an den urheberrechtlichen Schutz genügten die Sandalen vom Birkenstock nach Ansicht des OLG Köln nicht. Die Form der Sandalen ist größtenteils durch ihre Funktion vorgegeben. Zudem heben sie sich nicht ausreichend genug vom bisher bekannten Formenschatz an Gestaltungen ab. Die Sandalen blieben daher nach Ansicht des Gerichts im Bereich des handwerklichen Könnens und erreichten nicht den Bereich der Kunst.

Die Entscheidung des BGH

Der BGH hat diese Sichtweise des OLG Köln nunmehr bestätigt.

So hat der BGH zunächst festgestellt, dass das OLG Köln zu Recht davon ausgegangen ist, das urheberrechtlicher Schutz voraussetzt, dass (1) ein gestalterischer Freiraum besteht und (2) dieser Freiraum auch in künstlerischer Weise ausgenutzt worden ist. Ein freies und kreatives Schaffen ist dann ausgeschlossen, soweit technische Erfordernisse, Regeln oder sonstige Zwänge die Gestaltung bestimmen.

Zudem führte der BGH aus, dass das OLG Köln sich mit sämtlichen relevanten Gestaltungsmerkmalen der Sandalen auseinandergesetzt hat und sodann rechtsfehlerfrei angenommen hat, dass nicht festgestellt werden kann, dass bei den Sandalenmodellen von Birkenstock ein bestehender Gestaltungsspielraum künstlerisch ausgeschöpft wurde.

Folgen für die Praxis

Das Urheberrecht ist aufgrund seiner langen Schutzdauer (70 Jahre nach dem Tod des Urhebers) ein weitreichendes Schutzrecht, welches Nachahmungen lange ausschließt. Da ein Urheberrecht (in Deutschland) nicht in einem Register eingetragen werden kann, besteht allerdings eine gewisse Unsicherheit über den Bestand dieses Rechts. Dies gilt sowohl für den Inhaber als auch für einen etwaigen Mitbewerber.

Mit dem Urteil konkretisiert nun der BGH seine bisherige Rechtsprechung und unterstreicht, dass es bei der gerichtlichen Durchsetzung des urheberrechtlichen Schutzes von Gebrauchsgegenständen darauf ankommt, detailliert dazulegen, ob bei der Gestaltung des Gebrauchsgegenstandes ein gestalterischer Freiraum bestand und dass dieser in künstlerischer (und nicht bloß ästhetischer) Weise ausgenutzt wurde. Die Darlegungslast trifft hierbei denjenigen, der sich auf das Urheberrecht beruft.

Werkschaffenden ist es daher anzuraten, im besten Fall schon während des Schaffensprozesses die jeweiligen Intentionen und Gedanken zu der Gestaltung des Werks festzuhalten. Aufgrund des langen urheberrechtlichen Schutzes kann ansonsten das Risiko bestehen, dass die etwaige Intention des Urhebers zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr nachgewiesen werden kann.

Zusätzlich kann bei Gebrauchsgegenständen auf die übrigen gewerblichen Schutzrechte (Design- und Markenrecht) zurückgegriffen werden, um einen flankierenden Schutz dieser Produkte zu gewährleisten.


 

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