In Deutschland sind etwa – wenn man die individuellen Emissionen einbezieht – 40 Prozent der Treibhausgasemissionen sowie etwa 35 Prozent des Endenergieverbrauchs auf den Gebäudesektor zurückzuführen. Wenig überraschend wird hier daher ein enormes Einsparpotenzial gesehen. Das Klimaschutzgesetz sieht aus diesem Grund eine Senkung der Treibhausgasemissionen im Gebäudesektor von im Jahr 2022 zulässigen 108 Mio. Tonnen auf 67 Mio. Tonnen im Jahr 2030 vor.
Um diese ambitionierten Vorgaben einzuhalten, hat sich auf politischer Ebene die Erkenntnis durchgesetzt, dass es erforderlich ist, möglichst alle vorhandenen Anreizpotenziale auszuschöpfen. Zu diesem Zweck hat die Bundesregierung am 27. Mai 2022 den Entwurf eines Gesetzes zur Aufteilung der Kohlendioxidkosten vorgelegt, welches am 1. Januar 2023 in Kraft treten soll.
Hintergrund Brennstoffemissionshandelsgesetz
Nationales Emissionshandelssystem zur Bepreisung von Kohlendioxid
Der Plan, ein nationales Emissionshandelssystem einzuführen, wurde mit Inkrafttreten des Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG) als Teil des Klimapakets im
Januar 2021 umgesetzt. Das Inverkehrbringen von fossilen Brennstoffen in den Sektoren „Wärme“ und „Verkehr“ wird seitdem mit einem Kohlendioxidpreis belegt. Ziel ist es, finanzielle Anreize für die Reduzierung von Treibhausgasemissionen zu setzen.
Während der Einführungsphase des BEHG, welche bis Ende des Jahres 2025 andauert, sind sukzessive steigende Festpreise für die Emission einer Tonne CO2 vorgesehen. Der derzeit bestehende Festpreis von EUR 30,00 steigt so bis zum Jahr 2025 auf EUR 55,00 an. Im Anschluss an die Einführungsphase, das heißt ab dem Jahr 2026, ist die Preisbildung durch den Markt über Versteigerung der entsprechenden Emissionszertifikate vorgesehen.
Problemstellung
Nach aktueller Rechtslage können Vermieter die im Mietverhältnis anfallenden Heizkosten bzw. Kosten der Warmwasserversorgung – einschließlich der darin enthaltenen Kohlendioxidkosten – durch eine entsprechende vertragliche Vereinbarung vollständig auf Mieter umlegen. Das durch das BEHG geschaffene Anreizsystem zur Senkung des Verbrauchs fossiler Brennstoffe sowie zum Umstieg auf klimaschonendere, nachhaltigere Alternativen wirkt folglich nicht auf Vermieter.
Lösungsansatz und Zweck des CO2KostAufG
Erklärtes Ziel des Kohlendioxidkostenaufteilungsgesetzes ist es daher, diese Situation anzupassen, um so diejenigen Anreizpotenziale, die nach derzeitiger Rechtslage nicht genutzt werden, vollständig auszuschöpfen. Indem die anfallenden Kohlendioxidkosten zwischen Mieter und Vermieter aufgeteilt und Vermieter nunmehr an diesen beteiligt werden, soll vermieterseits der Anreiz geschaffen werden, die anfallenden Kohlendioxidkosten durch entsprechende energetische Sanierungen des Gebäudes zu senken.
Kostenaufteilung bei Wohngebäuden
Stufenmodell entsprechend dem Kohlendioxidausstoß des Gebäudes pro Quadratmeter Wohnfläche
Das CO2KostAufG sieht für Wohngebäude in § 5 eine Aufteilung des Kohlendioxidpreises anhand eines Stufenmodells auf Grundlage des jährlichen Kohlendioxidausstoßes des vermieteten Gebäudes pro Quadratmeter Wohnfläche vor. Je nach Kohlendioxidausstoß pro Quadratmeter Wohnfläche und Jahr variiert der vom Mieter zu tragende Kostenanteil entsprechend einer dem Gesetzentwurf beigefügten Anlage dabei zwischen zehn Prozent und 100 Prozent – derjenige des Vermieters spiegelbildlich zwischen null Prozent und 90 Prozent. Je niedriger der Ausstoß ist, das heißt, je besser also der energetische Zustand des Gebäudes ist, desto höher ist der Anteil des Mieters an den Kohlendioxidkosten.
Übergangsphase für Nichtwohngebäude
Mieterseitige Kostentragung in Bezug auf Kohlendioxidkosten zu höchstens 50 Prozent
Für Nichtwohngebäude sieht das CO2KostAufG zunächst keine derart differenzierte Regelung vor. § 8 des Gesetzentwurfs normiert lediglich, dass eine Regelung, nach der der Mieter mehr als 50 Prozent der Kohlendioxidkosten zu tragen hat, unwirksam ist. Versorgt sich der Mieter selbst mit Wärme oder Warmwasser, so hat der Vermieter dem Mieter 50 Prozent der Kohlendioxidkosten zu erstatten. Mithilfe von bis Ende 2024 zu erhebender Daten über
Bestand, Heizstruktur und Energieverbrauch von Nichtwohngebäuden soll die Kostenaufteilung spätestens ab 2026 (nach dem Ende der Festpreisphase des BEHG) ebenfalls anhand eines Stufenmodells erfolgen.
Auswirkungen auf die gewerbliche Mietpraxis und mietvertragliche Gestaltungsmöglichkeiten
Informationspflichten für Vermieter und Brennstofflieferanten
Das CO2KostAufG sieht in § 8 Abs. 3 i. V. m. § 7 Abs. 3 die Verpflichtung des Vermieters vor, den auf den Mieter entfallenden Kohlendioxidkostenanteil sowie die Berechnungsgrundlage auszuweisen. Erfolgt dies nicht, so ist der Mieter berechtigt, den gemäß der Heizkostenabrechnung auf ihn entfallenden Anteil an den Heizkosten um drei Prozent zu kürzen.
Damit der Vermieter diesen ihm erwachsenden Pflichten nachkommen kann, werden Brennstofflieferanten durch § 3 des CO2KostAufG verpflichtet, auf Rechnungen
bestimmte, für die Berechnung relevante Informationen auszuweisen. Hierzu zählt vor allem der Preisbestandteil der Kohlendioxidkosten, welcher sich durch Multiplikation der ebenfalls auszuweisenden Brennstoffemissionen in Kilogramm Kohlendioxid mit dem zum Zeitpunkt der Lieferung maßgeblichen Preis der Emissionszertifikate nach dem BEHG ergibt.
Auswirkungen auf Bestandsmietverträge
Um die intendierte Anreizwirkung auch bei Bestandsmietverträgen zu erreichen, gilt die vorgesehene Aufteilung der Kohlendioxidkosten nach der Übergangsregelung des § 12 Abs. 1 des CO2KostAufG auch für solche Mietverträge, die vor dem 1. Januar 2023 geschlossen wurden. Das CO2KostAufG ist in Bezug auf Vertragsbestimmungen, welche die Umlage sämtlicher Betriebskosten auf Mieter erlauben, dabei mit der Maßgabe anzuwenden, dass diese nicht den Anteil an den Kohlendioxidkosten umfassen; hierdurch soll die Unwirksamkeit derartiger Vertragsbestimmungen verhindert werden. Wegen dieses auch in § 2 Abs. 4 angeordneten Vorrangs der Bestimmungen des CO2KostAufG vor rechtsgeschäftlichen Vereinbarungen ist eine Vertragsanpassung an sich nicht zwingend erforderlich, jedoch in Form eines entsprechenden Nachtrags zu dem jeweiligen Mietvertrag aus Gründen der Klarstellung und Rechtssicherheit zu empfehlen.
Mietvertragliche Gestaltungsmöglichkeiten
Zweifelsohne sind die durch das CO2KostAufG beabsichtigten Nachhaltigkeitsbestrebungen wünschenswert und notwendig. Aus Vermietersicht sind damit jedoch zusätzliche Kosten verbunden, welche im Rahmen der vergangenen Mietpreisgestaltung möglicherweise noch keine Berücksichtigung finden konnten. Es stellt sich daher zunächst die Frage, ob und wie durch eine Kostenbeteiligung des Mieters an anderer Stelle im Mietvertrag ein angemessener Ausgleich hierfür geschaffen werden kann.
Die dafür erforderliche Anpassung des laufenden Bestandsmietvertrags bedürfte allerdings der Zustimmung des Mieters. Dieser wird eine wirtschaftliche Schlechterstellung aber in den seltensten Fällen akzeptieren. Im Übrigen sollte das Risiko einer wegen Umgehung der gesetzlich vorgesehenen Aufteilung der Kohlendioxidkosten möglicherweise unwirksamen Vereinbarung bedacht werden. Sofern hingegen der Neuabschluss eines Mietvertrags im Raum steht, erübrigt sich die Frage. Denn dann besteht ohnehin die Möglichkeit, die zwingende Aufteilung der Kohlendioxidkosten im Rahmen der Mietpreisgestaltung zu berücksichtigen.
Ausblick
Der Bundestag hat das Gesetz noch nicht verabschiedet. Der Bundesrat hat am 8. Juli 2022 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf Stellung zu nehmen, und mehrere Änderungen angeregt.