Internationales und nationales Steuerrecht

26.10.2011

[] Am 19. September 2011 unterzeichneten Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble und Finanzminister Mehmet Şimşek das neue Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Deutschland und der Türkei. Die Neuregelung tritt nach dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft und ist rückwirkend zum 1. Januar 2011 anzuwenden.

Ein modernes DBA

Deutschland hat mit der Türkei eine moderne Fassung des DBA beschlossen, welche sich am OECD-Musterabkommen ausrichtet. Es ersetzt das veraltete DBA von 1985, welches die Bundesregierung am 21. Juli 2009 gekündigt hat. Das DBA von 1985 galt bis zum 31. Dezember 2010.

Die wichtigsten Anpassungen

Senkung der Quellensteuersätze bei Dividenden und Zinsen

Ausländische Zins- und Dividendeneinkünfte sind grundsätzlich im Wohnsitzstaat, bspw. Deutschland, zu versteuern. Oftmals unterliegen diese Kapitalerträge auch im ausländischen Staat (sog. Quellenstaat) der Steuer. Hierbei kann es zu einer Doppelbesteuerung kommen, da stets jeweils die Bruttoerträge steuerpflichtig sind. Durch das DBA wird jedoch der Quellensteuerabzug im Ausland begrenzt. Das deutsch-türkische DBA von 1985 begrenzte die ausländischen Quellensteuersätze auf 15 % bzw. 20 % für (Streubesitz-) Dividenden sowie bei Zinsen auf 15 %.

Diese Grenzwerte sinken rückwirkend zum 1. Januar 2011 auf 5 % bzw. 15 % für (Streubesitz-) Dividenden. Zinsen sind mit einem höchstzulässigen ausländischen Quellensteuersatz von 10 % zu versteuern.

Einführung eines begrenztes Besteuerungsrechts von Renten im Quellenstaat

Neu ist der durch Art. 18 Abs. 2 DBA eingeführte Steuerfreibetrag i.H.v. 10.000 Euro (incl. Rentenfreibetrag). Übersteigende Beträge unterliegen dagegen der Steuerpflicht.

Wegfall der Anrechenbarkeit fiktiver, nicht gezahlter türkischer Steuern

Das DBA kann vorsehen, dass im Quellenstaat eine Steuer von bspw. 10 % einbehalten wird. Nach alter – bis zum 31. Dezember 2010 geltender – Rechtslage konnten aber auch türkische Steuern angerechnet werden, die rein tatsächlich nicht einbehalten wurden, aber als gezahlt galten, sog. fiktive Steuern. Diese Anrechnungsmöglichkeit verfolgte das Ziel, Investitions- und Förderungsanreize für den jeweils ausländischen Staat zu setzen. Mit Wirkung zum 1. Januar 2011 ist diese Möglichkeit durch das neu geschlossene DBA weggefallen.

Einführung einer sog. Umschwenkklausel von der Freistellungs- zur Anrechnungs­methode zugunsten Deutschlands

Kommt es zu einer Doppelbesteuerung, sind grundsätzlich zwei Lösungsansätze denkbar: Die Freistellungsmethode und die Anrechnungsmethode. Überwiegend sehen die von Deutschland geschlossenen DBA die Freistellungsmethode vor. Hierbei stellt Deutschland – zugunsten des jeweils anderen Staates – die in Deutschland erzielten Einkünfte von der deutschen Besteuerung frei. Danach werden die Einkünfte nur einmal, nämlich von Seiten des anderen Staates versteuert.

Nunmehr hat Deutschland sich in Art. 22 Abs. 2 lit. d) des deutsch-türkischen DBA das Recht vorbehalten, zur Anrechnungsmethode „umzuschwenken". Dies würde bedeuten, dass die Türkei – zugunsten von Deutschland – die in Deutschland gezahlten Steuern auf die türkische Steuerschuld anrechnen muss. Die sog. Umschwenkklausel gewährt dabei Deutschland voraussetzungslos das Recht, zur Anrechnungsmethode zu wechseln.

Anpassung des steuerlichen Informations­austausches an den geltenden OECD-Standard

Die Möglichkeiten der deutschen und türkischen Finanzbehörden zum steuerlichen Informationsaustausch werden durch Art. 25 DBA deutlich ausgeweitet. Die jeweiligen Steuerbehörden erhalten einen umfassenden Auskunftsanspruch über Steuerdaten und Informationen betreffend Steuern „jeder Art und Bezeichnung".

Hierzu kann die jeweils ausländische Behörde auch Maßnahmen gegen den Steuerpflichtigen ergreifen, um relevante Steuerinformationen zu beschaffen.

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