Neustart der Digitalisierung der Energiewende

Berlin, 27.02.2023

Das Bundeskabinett hat am 11. Januar 2023 den Gesetzentwurf zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende beschlossen. Die Verabschiedung des Gesetzes ist für Frühjahr 2023 geplant. Wesentliches Ziel des Neustartes ist, den Smart-Meter-Rollout quantitativ und qualitativ weiter voranzutreiben. Dafür sollen nun insbesondere ein gesetzlicher Fahrplan sowie eine interessengerechte Kostenverteilung des Messstellenbetriebs unter Novellierung des Messstellenbetriebsgesetzes (MsbG) festgesetzt werden. Flankierend erfahren das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), das Erneuerbare-Energien-Gesetz 2023 (EEG 2023) sowie die Ladesäulenverordnung (LSV) kleinere Anpassungen.

Der Beitrag gibt einen Überblick über die zentralen Punkte der geplanten gesetzlichen Änderungen.

Beschleunigter Smart-Meter-Rollout

Beim Smart-Meter-Rollout gehört Deutschland zu den Schlusslichtern Europas. Dies liegt an einer Reihe von Herausforderungen, die nicht nur technischer, sondern auch bürokratischer Natur sind.

Um den Anforderungen eines weitgehend klimaneutralen Energiesystems gerecht zu werden, schärft der Gesetzgeber die Rahmenbedingungen nach.

Der flächendeckende Einbau von Smart-Metern ist zentraler Baustein eines intelligenten, datengetriebenen Energienetzes. Vor diesem Hintergrund ist im geplanten Gesetz der beschleunigte Rollout als Kernpunkt verankert. Ein überarbeiteter gesetzlicher Fahrplan, der agile Rollout sowie das 1:n-Metering sollen neu dazu beitragen, die Fristen einzuhalten.

Gesetzlicher Fahrplan

Die Rollout-Beschleunigung soll durch einen gesetzlich verankerten Fahrplan mit verbindlichen Fristen eingehalten werden (§§ 29-31, 45 Abs. 1 MsbG n.F.). Die Einbau-Quoten und zugehörigen Fristen orientieren sich vorrangig am Zieljahr 2030.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat auf seiner Homepage einen Überblick über den Rolloutfahrplan veröffentlicht.

Der grundzuständige Messstellenbetreiber wird verpflichtet, spätestens am 1. Januar 2025 mit dem Einbau von Smart-Metern an Messstellen mit einem Jahresverbrauch geringer als 100.000 kW/h bzw. installierte Leistung geringer als 100 kW (Kleinanlagenbetreiber) zu beginnen. Davon abgesehen kann für diese Messstellen der Rollout bereits sofort starten. Für Messstellen, die über diesen Werten liegen und damit zum Großanlagensegment gehören, ist der Rollout ab dem Jahr 2028 verpflichtend.

Auch die Etappenziele werden erweitert und straffer: So sind in Pflichteinbaufällen die meisten Messstellen mit einem Jahresverbrauch geringer als 100.000 kW/h bzw. installierte Leistung geringer als 100 kW jeweils am Jahresende zu mindestens 20 % für 2025, 50 % für 2028 sowie 95 % für 2030 mit Smart-Metern auszustatten. Für Großverbraucher und besonders leistungsstarke Erzeugungsanlagen sind diese Etappen entsprechend später einzuhalten, an den Jahresenden 2028, 2030 und 2032. Werden diese Etappenziele nicht erreicht, kann die Bundesnetzagentur Aufsichtsmaßnahmen ergreifen.

Die Beschleunigung des Rollouts soll ebenso durch Vereinfachungen von Transport, Lagerung und Installation – ohne Absenkung des Sicherheitsniveaus – der Smart-Meter-Gateways erfolgen.  

Agiler Rollout

Ein weiterer Baustein der beschleunigten Markteinführung ist der sog. agile Rollout: Messstellenbetreiber dürfen auch Smart-Meter installieren, die zum Zeitpunkt des Einbaus noch nicht über alle gesetzlich vorgeschriebenen Anwendungen verfügen (§ 31 MsbG n.F.). Voraussetzung für den agilen Rollout ist, dass die anfangs entbehrlichen Anwendungen spätestens bis 2025 durch Updates nachgereicht werden. Diese agile Markteinführung ist auf Messstellen mit einem Stromverbrauch bis 100.000 kW/h pro Jahr und einer installierten Leistung von maximal 25 kW beschränkt. Für das Großanlagensegment ist der agile Rollout damit nicht eröffnet.

1:n-Metering

Eine weitere Maßnahme zur Effizienzsteigerung des Rollouts ist die Stärkung des sogenannten 1:n-Metering (§ 21 Abs. 3 MsbG n.F.). Diese Option erlaubt es mehrere Verbraucher oder Ladeeinrichtungen über ein Smart-Meter-Gateway an einem Netzanschlusspunkt zu bündeln. Dabei wird das Smart-Meter-Gateway am Netzschlusspunkt bzw. Netzknotenpunkt installiert. Über geeignete Schnittstellen können mehrere Verbraucher bzw. Ladeeinrichtungen gebündelt werden und selbstständig am Markt agieren. Mit dieser Option geht als Beitrag zur Nachhaltigkeit die Einsparung von Hardware einher.

Kostenverteilung

Die Kostenverteilung zwischen Verbrauchern bzw. Kleinanlagenbetreibern und Netzbetreibern wird für die direkten Kosten (Messentgelte) zugunsten der Haushaltsverbraucher und Kleinanlagenbetreiber geändert. Die stärkere Kostenbeteiligung des Netzbetreibers wird begründet mit seinem Profit aus dem Rollout, wie der erweiterten Datenkommunikation im Zuge der viertelstundenscharfen Bilanzierung von angebundenen Erzeugungsanlagen und Verbrauchern.

Die vorgeschriebenen Maximalkosten für verpflichtend einzubauende Smart-Meter sind nun nicht mehr allein vom Anschlussnutzer zu tragen, sondern zu einem erheblichen Teil vom Netzbetreiber. Dies gilt auch für den agilen Rollout.

Die Kostenquote ist wie folgt abgestuft: Je niedriger der Jahresstromverbrauch bzw. die installierte Leistung der Anlage, desto geringer der vom Nutzer zu zahlende Anteil. Für einen durchschnittlichen Haushalt (Verbrauch bis 6.000 kW/h pro Jahr) ergibt sich ein zu entrichtender Anteil von maximal 20 €. Der Anteil des Netzbetreibers ist hingegen für die meisten Verbrauchs- und Leistungsstufen auf 80 € festgesetzt. Für bereits vor dem Inkrafttreten dieser Novelle entstandene Messentgelte gelten die vorherigen Preisobergrenzen weiter (§ 7 Abs. 1 Satz 2 MsbG).

Die Preisobergrenzen für intelligente Messsysteme und moderne Messeinrichtungen gelten solange, bis das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz sie abweichend festsetzt. Dies ist nun alle vier Jahre möglich.

Dynamische Stromtarife

Mit dem Einbau der intelligenten Messsysteme sollen nach dem geplanten Gesetz auch dynamische Stromtarife vermehrt angeboten werden.

Denn Rollout und dynamische Tarife können sich gegenseitig beschleunigen: Da mit den Smart-Metern und der Viertelstundenbilanzierung die technische Basis geschaffen wird, sollen Letztverbraucher gleichzeitig ihren Strombezug in kostengünstigeren Zeiten mit hoher Erzeugung erneuerbare Energien verlangen können dürfen.

Damit sind entsprechend des beschleunigten Rollout-Beginns spätestens zum 1. Januar 2025 ebenso ab diesem Zeitpunkt alle Stromlieferanten verpflichtet, dynamische Stromtarife anzubieten (§ 41a Abs. 2 Satz 3 EnWG n.F.).

Ferner werden mit dem agilen sofortigen Rollout-Beginn sowie Abschaffung der De-Minimis-Schwelle weitere Weichen für die beschleunigte Einführung der dynamischen Stromtarife gestellt. Aktuell müssen lediglich Lieferanten, die mehr als 100 000 Letztverbraucher beliefern, ihren Kunden mit intelligentem Messsystem einen dynamischen Stromtarif anbieten.

Datenübermittlung und Datenschutz

Die Maßnahmen zur Beschleunigung des Smart-Meter-Rollouts lassen die hohen Datenschutzvorgaben nicht außer Acht.

Um die Datenschutzvorgaben einhalten zu können, soll die Datenkommunikation unter Verbesserung des Datenschutzes erweitert werden.

Was heißt das: Nach den geplanten Neuerungen im MsbG dürfen Netzzustandsdaten nun verbrauchswertunabhängig an allen Zählpunkten mit Smart-Meter erhoben werden (§ 56 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 MsbG n.F.). Daraus ergibt sich ein größerer Datensatz für die Netzbetreiber, welcher insbesondere die Daten aller Verbraucher erfasst.

Zur Gewährleistung des Datenschutzes wird die Löschungsfrist des Netzbetreibers für personenbezogene Messwerte in zeitlicher Hinsicht konkretisiert (§ 67 Abs. 3 MsbG n.F.). So gilt für Netzbelange eine Speicherungsobergrenze von einem Kalenderjahr. Anknüpfend an die zivilrechtliche Verjährungsfrist können Messwerte zu Abrechnungszwecken maximal für drei Jahre gespeichert werden.

Fazit

Die durch dieses Gesetz erfolgende Änderungen, zuvorderst der forcierte flächendeckende Einbau von Smart-Metern, könnten einen wichtigen Beitrag zur überfälligen Digitalisierung des Energiesystems in Deutschland leisten. Dieses ist seinerseits ein zentraler Baustein der Energiewende.

Insbesondere die mit der Digitalisierung einhergehende Steuerbarkeit des Stromnetzes ist am Puls der Zeit – oder besser gesagt am Puls der Dekarbonisierung – und begleitet eine ausreichende und passgenaue Berücksichtigung des Anteils Erneuerbarer Energien im Strommix.

Indessen wird die durch Ressourcenknappheiten gebeutelte Praxis zeigen, inwieweit die gesetzlich vorgeschriebenen Einbaufristen tatsächlich eingehalten werden können.

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