Aufgrund des Coronavirus werden in Deutschland erhebliche wirtschaftliche Schäden entstehen. Die Sicherstellung der Liquidität der Unternehmen ist hierbei eine wesentliche Aufgabe. Neben den Fördermöglichkeiten des Staates, über die wir bereits an anderer Stelle in den Legal Updates berichtet haben, wollen wir uns nachfolgend auf die bilanziellen und steuerlichen Aspekte konzentrieren. Die Finanzverwaltung hat sich entschlossen, die Betroffenen der Corona-Krise durch steuerliche Maßnahmen zur Vermeidung von unbilligen Härten zu unterstützen und zur Verbesserung der Liquiditätssituation der Unternehmen (dazu gehören auch Einzelunternehmer), Selbständigen und Freiberufler Erleichterungen im Rahmen der Steuerstundung, der Steuervorauszahlungen und der Steuervollstreckung beschlossen.
I. Steuerliche Maßnahmen
Fristverlängerungsanträge und Verspätungszuschläge
Die Abgabefrist für Einkommen- und Körperschaftsteuererklärungen sowie Gewerbesteuererklärungen des Veranlagungszeitraums 2018 wird auf Antrag vom 28.02.2020 auf den 31.05.2020 verlängert. Bei nachträglich gewährter Fristverlängerung nach Antragstellung wird ein ggf. bereits festgesetzter Verspätungszuschlag amtsseitig erlassen. Wenngleich grundsätzlich eine Belastung durch die aktuelle Lage gefordert wird, empfehlen wir betroffenen Steuerpflichtigen den Antrag auf Fristverlängerung unter Hinweis auf die allgemeine Situation zu stellen. Aktuell gilt es als aussichtsreich, eine Fristverlängerung zu erhalten.
Zu den Abgabefristen von Anmeldesteuern (Umsatzsteuer und Lohnsteuer) gibt es noch keine bundeseinheitliche Regelung, so dass mit den jeweiligen Finanzämtern im Einzelfall zu sprechen sein wird.
Stundung von Steuerzahlungen
Die Gewährung von Steuerstundungen wird für das Wirtschaftsjahr 2020 erleichtert. Kann der Steuerpflichtige aufgrund der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise seine Steuern, die im Jahr 2020 fällig sind (also auch für Vorjahressteuern, wie etwa 2018, die erst im Jahr 2020 zu zahlen sind), nicht leisten, sollen diese Zahlungen auf Antrag des Steuerpflichtigen befristet gestundet werden. Der Antrag kann bis zum 31.12.2020 beim zuständigen Finanzamt gestellt werden.
Für die Dauer von längstens drei Monaten kann auf einem von der Finanzverwaltung zur Verfügung gestellten Vordruck die Steuer ohne individuelle Begründung gestundet werden. Wird die Stundung für einen längeren Zeitraum benötigt, muss der Steuerpflichtige in seinem Antrag darlegen, dass er von der Krise unmittelbar betroffen ist. Für Stundungen, die bis zum 04.01.2021 erfolgen, wurde die Finanzverwaltung angewiesen, an die Bewilligung keine hohen Anforderungen zu stellen. Insbesondere müssen die Steuerpflichtigen nicht den Wert der entstandenen Schäden im Einzelnen belegen. Wenn die Stundung über den 04.01.2021 hinaus beantragt wird, sind die üblichen Nachweise zu erbringen.
Die Maßnahme betrifft die Einkommen- und Körperschaftsteuer.
Eine Stundung für Lohnsteuer kommt nicht in Betracht (§ 222 S. 3 AO). Ebenso gilt diese Möglichkeit der Stundung nicht für die zu zahlende Umsatzsteuer.
Anpassung der Vorauszahlungen
Steuerpflichtige können auf Antrag die Höhe ihrer Vorauszahlungen auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer anpassen lassen, wenn absehbar ist, dass die Einkünfte im Wirtschaftsjahr 2020 voraussichtlich geringer sein werden als vor der Corona-Pandemie erwartet. Gleiches gilt für den Messbetrag für Zwecke der Gewerbesteuer-Vorauszahlungen. Die Herabsetzung soll durch die zuständigen Finanzämter schnell und unkompliziert erfolgen.
Für das Jahr 2020 kann zudem die Umsatzsteuersondervorauszahlung auf Antrag herabgesetzt werden. Sich ergebende Guthaben werden – vorbehaltlich der Verrechnungsmöglichkeit mit fälliger Lohnsteuer – ausgezahlt.
Aussetzung der Vollstreckungsmaßnahmen
Auf Vollstreckungsmaßnahmen wegen fälliger Steuerschulden, die die Einkommen- und Körperschaftsteuer sowie die Umsatzsteuer vergangener Jahre betreffen, wird bis zum 31.12.2020 verzichtet, wenn der Steuerschuldner unmittelbar wirtschaftlich von der Corona-Pandemie betroffen ist. Säumniszuschläge werden ebenfalls erlassen.
Die Zollverwaltung (u.a. zuständig für Energie- und Luftverkehrsteuer) und das Bundeszentralamt für Steuern (u.a. zuständig für Versicherungssteuer) wurden ebenfalls angewiesen, entsprechend zu verfahren.
Weitere Maßnahmen
Darüber hinaus plant der Bund die Errichtung eines Wirtschaftsstabilisierungsfonds für die in die Krise geratenen Unternehmen. Dabei soll sichergestellt werden, dass gegebene steuerliche Begünstigungen der Unternehmen, wie das Bestehen eines Verlustvortrages, durch diese Hilfsmaßnahme nicht beeinträchtigt werden.
II. Handlungsoptionen
Was bedeuten diese Maßnahmen nun für die im Wirtschaftsleben aktiven Personen?
Gesellschafter
Gesellschafter, die ihrer Gesellschaft aufgrund der Corona-Pandemie liquide Mittel zur Verfügung stellen möchten, sollten dies vorwiegend aus ihrem Betriebsvermögen erbringen, um die Anwendung der Reglungen zur Beschränkung von Verlustnutzung bei Darlehensverlusten im Privatvermögen zu vermeiden. Entsprechendes gilt auch für die Abgabe von Bürgschaftserklärungen zugunsten von aufgenommenen Darlehen der Gesellschaft.
Geschäftsführung
Falls Unternehmen neben den steuerlichen Liquiditätshilfen auch weitere Finanzhilfen des Bundes in Anspruch nehmen möchte, sollten diese ebenfalls vorab ein Gespräch mit ihrem Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer aufnehmen. So kann für die Gewährung eines Kredites die Vorlage des (vorläufigen) Jahresabschlusses 2019 beim Kreditinstitut hilfreich sein, um die stabilen wirtschaftlichen Verhältnisse vor der Corona- Pandemie nachzuweisen. Der Jahresabschluss dient der erforderlichen positiven Fortführungsprognose des Unternehmens.
Aber auch für steuerliche Zwecke ist die Vorlage von besonderer Bedeutung. Zum einen kann durch den Jahresabschluss 2019 und die Planzahlen 2020 dargelegt werden, dass eine Herabsetzung der Vorauszahlungen für die folgenden Quartale 2020 berechtigt beantragt werden kann. Zum anderen kann bei einem erwarteten Verlust in 2020, der nach Zeitablauf zurückgetragen werden kann in das Jahr 2019 eine sogenannte fünfte Vorauszahlung für 2019 vermieden werden, auch wenn dies nur auf wenige Fälle zutreffen dürfte. In diesen schwierigen Zeiten erscheint es aber auch nicht völlig ausgeschlossen zu sein, dass man eine Art technische Stundung zugestanden bekommt, da der zu erwartende Verlust in 2020 und der Rücktrag auf 2019 bereits zum heutigen Zeitpunkt zeigt, dass ggf. in 2019 gezahlte Steuern zurückerstattet werden müssen. Diese Maßnahmen können wegen der betraglichen Beschränkung des Verlustvortrages insbesondere für mittlere Unternehmen einen Versuch der Diskussion mit der Finanzverwaltung darstellen.
Dies erscheint unseres Erachtens aber der einzige Fall zu sein, bei dem es möglich ist, eine Rückerstattung von bereits gezahlten Steuern für vorangegangene Jahre zu bekommen. Generell ist eine Rückerstattung von bereits gezahlten Steuern für das Jahr 2018 oder 2019 jedoch nicht vorgesehen.
Arbeitgeber
Bei der Lohnsteuer ist der Rechtsrahmen für die Ergreifung von Billigkeitsmaßnahmen enger (§ 222 S. 3 AO) als bei anderen Steuerarten, sodass zu erwarten ist, dass die o.a. Maßnahmen für die Lohnsteuer grundsätzlich nicht zum Tragen kommen.
Arbeitnehmer
Die Abführung der Lohnsteuer ist weiterhin durch den Arbeitgeber sichergestellt. Arbeitnehmer, die ihre Einkommensteuererklärung 2018 noch nicht beim Finanzamt eingereicht haben, können diese auf Antrag bis zum 31.05.2020 ohne Auslösung von Verspätungszuschlägen nachreichen.